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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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durch Bush Jun. von Ausländern kontaktiert: dem ehrgeizigen Reuland, der undurchsichtigen Cordula Späth, diversen Chinesen und Russen … Späth hat mich’s einsehen gelehrt. Sie wußte Bescheid. Gott strafe sie für das, was sie ist und tut, aber sie wußte Bescheid. Und sie war nicht drum verlegen, es uns zu erklären, wie jedem, der es hören wollte.«
    3  Der in Zahnweiß und Himmelblau gehaltene, an allen Türen verspiegelte und thermoscheibenisolierte Prunk des Speisezimmers hatte was Römisches, während vergleichbare Räume in Rom, dachte Andy bei sich, immer bloß was neureich Italienisches hatten. Es gab Körner brötchen, zwei Eier, vier Marmeladen, die rochen wie die Rosen draußen, etwas Speck, ein wenig Müsli, »Faserreichtum« regierte: »Ich glaube an den Heilsweg des Dr. Dean Ornish, weißt du, nenn mich ruhig eine Sektiererin.«
    Alles wurde ausschließlich von Frauen aufgetragen; Andy fragte sich, aber nicht seine Gastgeberin, ob das eine bewußte Anleihe bei Cordula Späth und ihrer Pfauentruppe war, oder eine Verlängerung des alten berüchtigten Stabs von »Hillaryland«, wie die rechte Presse den kleinen feministischen Staat in Präsident Bill Clintons Staat mit Vorliebe genannt hatte, obwohl das Wort von den Leuten um die damalige First Lady selbst geprägt worden war, nicht von feindlichen Hetzern.
    Die Mädchen – keine kam Andy älter als fünfundzwanzig vor – wirkten mitunter einen Tick zu unterwürfig, wo die um Cordula eher militant und mit geharnischtem Erwähltengestus auftraten.
    »Du willst also ganz normal weiterarbeiten? Nicht erst ein bißchen Abstand kriegen vielleicht?« fragte Andy beim Kaffee, und die Präsidentin lachte ihn unverhohlen aus: »Du sähest mich ganz gern am Rand des Rings im Moment, hm? Hast Angst, siehst die Vorzeichen? Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus und dergleichen – zwei Fliegen mit einer Klappe. Wahrscheinlich geht es dir zur Hälfte wirklich um mich, ich nehme dir ab, daß du mich magst, Andreas. Aber es wäre dir wohl auch lieb, wenn ich die Gelegenheit nicht wahrnehmen würde, deinen feuchten Traum von der unmittelbar bevorstehenden Weltrevolution zu zerstören, hm?«
    Er sah sie entgeistert an, sie sagte sachlich, nicht ohne Freundlichkeit: »Man müßte blind sein, wenn man bei den eingehenden Berichten derzeit nicht die Muster erkennen würde. Deine Freunde in aller Welt, Prashad, Eisin, Scurra, Zivilisten, Militärs, Verwaltungsleute, sie drehen den Hahn auf, so weit es geht: Streiks in der japanischen Pharmafertigung, Transportschwierigkeiten zwischen Ost- und Westeuropa, Hispano-Arbeiter in Kalifornien übernehmen eben erst von der Nationalgarde aus Zombiehand entrissene Betriebe, um sie selbst zu verwalten – Betriebe wohlgemerkt, deren Orangenproduktion drei Bundesstaaten versorgt. Das Managerwesen, weltweit ausgedünnt durch das große Zombotikersterben – Lynchaktionen, Kriegsverluste, Zom biehändel – kriegt es mit ganz neuen Betriebsratsfrechheiten zu tun, die Musik wird lauter: Avanti Popolo, du kennst die Melodie. Nicht zu reden von der Literatur, die unter den Soldaten kursiert, in der Karibik, in Südamerika, es gehört fast schon zum Marschgepäck unserer erfolgreichsten Einheiten, dieses Zeug: Flugblattversionen und Extrakte aus dem ›Informationsdienst‹, den Jenny Brunner, Mister Prashad, Major Nye, die Afrikaner um Ouldah und die Japaner von der ersten Neo- GPI -Zelle aufgebaut haben – ja, und natürlich auf Parolen runtergekochte Kurzfassungen deiner wichtigsten eigenen Ergebnisse … aus dem charmanten kleinen Büchlein … Wie fühlt sich das an, wenn man das ›Was tun?‹ des einundzwanzigsten Jahrhunderts geschrieben hat?«
    Andy war gekränkt, wollte sich’s aber nicht anmerken lassen: Seine Phantasien vom edlen Ritter, der in der Stunde ihrer größten Not der Dame seines Herzens beispringt, obwohl sie nicht nur Jahrzehnte älter ist als er, sondern auch entschiedene Feindin seiner edelsten Absichten, diese ganze hohe Meinung von sich selbst, die er auf dem Herflug genossen hatte, war so gründlich erschüttert, daß er nicht mal wußte, ob es nicht eventuell Zeit war, sich wie die Katze zu fühlen, die umlernen muß, weil sie eigentlich eine Maus ist und außerdem längst in einer Falle sitzt, von deren Existenz sie nichts geahnt hat.
    Hillary sah ganz auf der Höhe ihrer selbst aus jetzt, würdig und stark, Andy fühlte sich zu ihr hingezogen wie seit Jahren nicht, so stark wie damals in

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