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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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Knast gesessen war.
    Cayce kam wieder zur Tür rein. Sie brachte der Präsidentin ein Handy, das sich nicht zu abgeschmackt dazu war, einen Klingelton nach der Weise »Star Spangled Banner« zu dudeln.
    Hillary nahm den Apparat entgegen und schnickte ihn auf, hielt ihn ans Ohr, hörte zu und sagte mit einem für Andy ganz neuen, kühladministrativen Akzent sehr schnell ein paar pragmatische Sätze: »Uh-Huh. Right. Nobody left. You’ve searched the entire perimeter. I see. Späth’s gone, too. Right. Well, then … no … no, there’s nothing you can do. I guess there’s just nothing any of us can do now«, damit klappte sie das Ding wieder zusammen und stand auf.
    Sie sah ihn traurig an und zärtlich, dann sagte sie: »Komm jetzt, wir müssen los.«
    »Wohin denn? Was soll das noch?« motzte er kraftlos, und erhob sich trotzdem.
    »Geduld, Andreas – ich sagte doch, ich will dir was zeigen. Damit du mich besser verstehst. Daran liegt mir nämlich.«
    Er grunzte, schüttelte den Kopf, und war in Wirklichkeit maßlos erleichtert: Wenigstens tut sie so, als ob es mich immer noch gäbe.

Neunzehnte Minidisc-Aufnahme
    F: Hier spricht Radio Pinguin.
    J: War ja klar.
    F: Heute einmal eine Dichterlesung.
    J: Ausgezeichnet.
    F: Es heißt: »Mein Gedicht auf Italien.«
    J: Doll.
    F: Nun also …: »Italien, Italien / Du fremdest Land unterm Sternenmeer. / Du riechst nach Buttermilch und altem Thymiansenf. Das macht dich so / erfrischend und auch sehr interessant, mit den alten Bauwerken, aus Holz / und Spucke und Beton. Die einst der große Kaiser / Manitou / hier / machte. Mit seinen Leuten. / Im Zeitalter der Vollbeschäftigung. / Schön war’s damals. / Heute aber zieht die schwarze Wolke heran und furzt / ihre Gerüche. Na danke! Das hätt’s nicht / dringend gebraucht. Schöner wär’s schon gewesen / wenn ich nach Kanada gefahren wär’ statt / nach Italien. Also dann: Ihr lieben Menschen, / laßt es euch nicht / Moorbi.
    J: Moorbi?
    F: Moorbi! Ein lautmalerisches Wort. Es bedeutet …
    J: Ja?
    F: Ach, egal. Vielen Dank fürs Zuhören.

FÜNFUNDFÜNFZIGSTES KAPITEL
    Ob es raschelt, ob es gluckst • Mal was anderes: Reue • Nicht verrückt • Am Ziel • Wreck that once was proud
    1  Wind wehte flau, mit vielen fadendünnen Spuren fauliger Gase drin.
    Es roch nach schlecht geputztem Klo. Kalt spritzte Sprühwasser. Aber wo waren die Messer, wo waren sie hin, halfen sie nicht? Sie schwammen, eine Schule Fischlein, im Brackwasser hinter einem großen Wackeln her. Was da wackelte, als Valerie die Augen aufschlug, war alles überhaupt, mondsüchtig und dunkel, lila vergeistigt und aber schwer. Jemand hatte sie huckepack genommen, der flüsterte immer: »Scheiße, ist das hier finster. Ist das hier übel. Wie sollen wir uns hier orientieren, verdammte Hacke.« Als sie versuchte, ihre Beine zu bewegen, vielleicht um den zu treten, weil er ihr mit seinem steten Gemurmel so schrecklich lästig war, da ging das gar nicht. Die blöden Beine, waren das nicht mehr ihre?
    Sie wußte kaum mehr viel von dem Angriff aufs Haus im Moor, außer daß Cordula sie verletzt hatte – geschlagen? Nein, das waren Schüsse gewesen, einer in den Hals, den Nacken – viel Blut hatte sie nicht verloren. W sind nicht leicht zu verletzen und heilen rasch, aber das Dumme an dieser dritten Kugel war gewesen, daß sie Valeries Wirbelsäule getroffen und da Wichtiges beschädigt hatte, deshalb die Schwierigkeit, die Beine zu bewegen, deshalb die Taubheit überall unterhalb der Hüfte. Die Messer, hatte sie das geträumt oder waren die wirklich in der Nähe? Eins hatte sich wieder ins Futteral gekuschelt, an Valeries rechtem Arm, sie spürte sein Gewicht, ein anderes, ganz dünnes, fast eher eine Nadel, ein Bratenspieß wohl, steckte unter der Armbanduhr am linken Handgelenk, und vielleicht waren auch die in den Stiefeln noch da, das konnte sie nicht sehen noch auch spüren. Aber die fliegenden, die waren nirgends, das hätte sie gemerkt, in den Fingern, in den Nerven, wo sie’s immer spürte, obwohl die unscharfe Sensation, daß einige davon ihr trotzdem folgten, irgendwo nahe, aber unter Wasser, sich jetzt, bei zunehmender Wachheit, nicht mehr ganz so einfach als Halluzination oder Traumüberhang wegerklären ließ.
    Bloß, wenn sie wirklich da sind, wo da sind sie dann genau?
    Rechts ploppte, wischte und platschte was. Valerie gurgelte schwächlich, mit den Händen ins nasse Hemd des Menschen gekrallt, der sie schleppte: »Hasssn …

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