Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
Vom Netzwerk:
sagte: »Entschuldigung. Aber schau dir die Zombies da mal genau an, und dann sag zur Abwechslung ich mal dir was, was du nicht weißt.«
    Die Beine der Gruppe von Toten, die sie meinte, ragten bleich aus dem Wasser, Teile der Leiber waren von Farnen verdeckt. Der Mondschein, dunstig, eigentlich zu hell, leckte als ein Dämmerschimmer über die kaputte Haut und die aus einer Brust heraushängende hepatisierte Lunge, bei deren Anblick Philip mit Grausen an den Zustand seiner eigenen denken mußte. Hände bewegten sich jetzt, schlossen ihre Finger um nichts, wurden Krallen. Adern glitzerten, als wäre Feuer drin wie bei den armen Kranken in China, hohles Brummen, Stöhnen drang aus diesen Mündern dort, ein Chor im Totengarten: »Oooohhh … ooohhh …«
    Es klang, fand Philip, als hätten sie Stärke im Mund, wie Mehlmenschen, die nicht die Wunder der Natur rings beachteten, sondern sich auf Beute freuten, nichts wissen wollten von den Baumwürgern und Bromelien an den riesigen steingrauen Zypressen, deren Basen wie auf dem Wasser aufgesetzt aussahen, wie Zähne mit freiliegenden Wurzeln zwischen Vorhängen aus Moos.
    Die feuchten Mumien setzten sich in Bewegung, zögernd, mit fragendem Gesichtsausdruck hier, gierigem dort, als hätten sie die ganze Zeit noch überlegt, was sie eigentlich mit dem Mann und der Frau in ihrer Mitte vorhatten, und wären eben erst drauf gekommen.
    Ihr plötzliches Voranmatschen und -platschen, Weinreben um die Hälse, teilweise augäpfellose, stiere schwarze Augenhöhlen, Leinenfetzen, weite wallende Gewänder, war kaum absurder, als wenn die roten Mangroven, unter denen das Wasser blutrot schimmerte, sich ebenfalls im Kreis angeordnet und den dann um Philip und Valerie enger und enger gezogen hätten.
    Im Näherkommen enthüllten die animierten Kadaver, daß sie nicht unbewaffnet waren: Einer hielt eine Sichel in der Hand, ein andrer einen metallischen Bolzen, mehrere hatten Ketten dabei – solche fürs Fahrrad und solche, die mal Schmuck gewesen waren –, hier war ein Eispickel, dort großes Küchengerät – ein Quirl? –, und ein Fräulein im Prom-Dress aus feinstem rosa Taft hielt einen großen Revolver in beiden, unbeholfen vor die Brust genommenen Händen, als wäre es ein Rosenkranz.
    Wie Krokodile über eine Autobahn kriechen, schlossen die Verwesten langsam die Lücken zwischen den Palmen, den Magnolien, einer Eiche und mehreren verkrachten, vermutlich von Stürmen zusammengeschobenen Holzinseln direkt vor den beiden lebendigen, bedrohten Menschen.
    Etwas drehte sich, rollte vor der Frau in der Toga im Wasser, wurmfeist, gelb – war das eine Wasserschlange? Hier gab es die, wußte Philip, Mokassinschlangen zum Beispiel, deren Biß absolut tödlich war, oder solche, die würgten, und andere, lindwurmlange, die beides gleichzeitig konnten, beißen und strangulieren.
    Das »Oooohhh« der Herannahenden wandelte sich zu »uhhh«, dann »ihhh«, pitchte sich von selber hoch, mit Klirr- und Knirschfaktor, wie von fistulierenden Gespenstern dargeboten. In den ansteigenden Lärm hinein zischte Philip: »Gut, ich hab genau hingeguckt. Die werden uns jetzt also gleich … zerr… schhhch … jetzt gleich zerreißen … was also … hast du … für mich … das ich noch … nicht …«
    Er brachte den Satz nicht zu Ende, es tat zu sehr weh im Hals. Philip versuchte, wieder einen kleinen wunden Zellhaufen auszukotzen, bekam ihn aber nicht hoch, hustete, daß die Augen aus den Höhlen quollen, und hatte Mühe, Valerie nicht loszulassen. Als der Anfall vorüber war, waren die Zombies bis auf vier, fünf Meter herangeschlappt.
    Valerie sagte leise: »Erste Neuigkeit: Ich kenne mindestens zwei von denen. Anscheinend hat Cordula sie umgebracht und hier abgesetzt – die Tussi im Abendkleid ist Jeanne Alber, ehemals große Nummer bei der Kreuzerstiftung. Und der Krawattenheini mit dem Lederkoffer und der Stabtaschenlampe, der völlig verbrannt ist im Gesicht und aussieht, als ob er gleich umfällt, ist Carl von Ranke, auch ganz viel Geld wert. Der hat mich mal gebumst. War damals schon eklig, aber nicht so eklig.«
    »Herzlichen … Glückwunsch«, brachte Philip mit Mühe hervor.
    »Danke schön!« sagte Valerie laut und deutlich, dann hauchte sie Philip ins Ohr: »Die andere Neuigkeit ist viel besser: Guck mal runter, rechts und links, ins Wasser. Siehst du das, was da blitzt? Das sind meine Freunde, die Messer.«
    Danach wurde es schnell sehr naß, sehr häßlich, wild bewegt nach

Weitere Kostenlose Bücher