Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
Ingenieur und Berater bei einem Landmaschinenhandel sei. Ebenfalls nicht unerwähnt ließ er, obwohl er so tat, als wenn es ihm peinlich wäre, dass er kürzlich eine ansehnliche Erbschaft gemacht und sich einen alten Bauernhof davon angeschafft hatte, den es jetzt zu einem gemütlichen Zuhause herzurichten galt.
Er wollte sie zum einen neugierig machen, zum anderen sollte sie auch schon die Möglichkeit spüren, mit ihm gemeinsam eine Aufgabe meistern zu können. Geschickt flocht er das ein, was er wirklich wissen wollte. Sie war eine sogenannte Wolgadeutsche, erst seit kurzem in der Stadt und wollte hier in Deutschland Fuß fassen. Sie lebte allein, war kinderlos und hatte hier keine Verwandtschaft. Es existierte eine befreundete Familie in Stuttgart, mit der sie allerdings noch keinen Kontakt herstellen konnte. Er bot ihr an, ihr dabei zu helfen. Vielleicht könnte man ja gemeinsam dort hinfahren.
Er vergaß auch nicht, darauf hinzuweisen, dass er sich lange damit auseinandergesetzt hatte, ob er Kinder haben wollte. Wohlwissend, dass sie mit über vierzig wahrscheinlich keine Kinder mehr bekommen konnte, dass sie dies eventuell als hinderlich für eine neue Partnerschaft ansah, verdeutlichte er ihr seinen Entschluss, kinderlos zu bleiben und erklärte ihr, dass er sicher sei, auch nur mit einer Partnerin an seiner Seite ein glückliches Leben führen zu können.
Elena war neugierig geworden. Sie wollte nicht nur ihn sehen, sondern auch sein neues Heim, das noch nach eigenen Wünschen gestaltet werden konnte. Sie war glücklich, einen jüngeren Mann kennenlernen zu können, der nicht nur so ähnlich dachte wie sie, sondern zudem noch finanziell gut gestellt war.
Sie stand in ihrem kleinen, teilmöblierten Appartement am Rembertiring, das so wenig aussagekräftig war und noch keine persönliche Note von ihr trug. Sie schämte sich für ihr kümmerliches Dasein und entschloss sich, das Treffen an einem anderen Ort stattfinden zu lassen. Sie druckste ein wenig herum, weshalb sie nicht wollte, dass er gleich erfuhr, wo sie wohnen würde, und wünschte, sich mit ihm an einem neutralen Ort zu treffen. Schließlich sei er ja trotz allem ein Fremder für sie. Und so weiter. Sie erklärte umständlich ihre Bedenken, warum es ihr lieber war, sich in der Öffentlichkeit zu treffen.
Benjamin lächelte. Er ahnte, warum sie log, und es war ihm recht so. Jemand, der nichts vorzuweisen hatte, suchte verzweifelt nach einer Chance, seiner Situation zu entrinnen. Er würde leichtes Spiel mit ihr haben. In ihre Wohnung wollte sie ihn nicht lassen, aber hatte keine Bedenken, mit ihm auf seinen fremden Bauernhof zu fahren. Er brauchte sich keine Sorgen zu machen, die Kontrolle zu verlieren. Mit einer Verständnis heuchelnden, verbalen Geste überließ er ihr die Bestimmung des Treffpunktes. An ihrer nun folgenden Unentschlossenheit und an ihrem Zögern erkannte er, dass sie sich in der Stadt noch gar nicht auskannte.
Elena blickte unruhig aus ihrem Fenster im sechsten Stock hinaus auf die Straße. Sie entschied sich für den Parkstreifen vor einer Diskothek, der dem Hochhaus gegenüberlag. Elf Uhr. Benjamin war einverstanden. Er würde mit einem grünen VW-Transporter kommen, da er vorher noch Baumaterialien holen müsse, ließ er sie wissen. Sie würde ihn also leicht erkennen.
Dann war das Gespräch zu Ende.
Elena freute sich auf einen ereignisreichen Tag, der alles entscheiden konnte. In ihrer Phantasie entstand schon ihr neues Leben. Wenn alles gut laufen würde, hätte sie es geschafft. Deutschland war das Wunder für sie.
Hoffentlich sah er gut aus. Seine schöne Stimme hatte ihr Vertrauen eingeflößt. Ein eigenes Haus, Geld genug für die schönen Dinge des Lebens. Alle würden sie beneiden. Nervös stand sie vor ihrem kleinen Kleiderschrank. Was sollte sie morgen anziehen? Sie wollte nichts falsch machen. Alles wollte sie unbedingt richtig machen. Schon jetzt erschöpft und überfordert, ließ sie sich erst einmal auf das Bett sinken und hing weiter ihren Träumen nach. Morgen war der große Tag.
Benjamin verließ die Telephonzelle am Europahafen. Er musste sich sputen, um alles für den morgigen Sonntagsausflug vorzubereiten. Er hatte schon Übung. Sie war nicht die Erste. Hoffentlich entsprach sie seinen Vorstellungen. Und wenn nicht? Auch nicht so schlimm. Dann würde er einfach an ihr vorbeifahren, und das wäre es dann gewesen. Es musste schon genau passen.
So wie bei Mathilde. Sie war mehr als mollig gewesen.
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