Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
Grünschnabel persönlich mehr als nötig zu sprechen.
Benjamin streifte sich die Latexhandschuhe ab. Mit einem Strahlen im Gesicht betrachtete er sein Werk. Er war besser geworden. Das Braun von Elenas halblangen Haaren war einem hellen Blond gewichen. Er hatte genau den richtigen Ton erwischt. Das rote Cocktailkleid mit dem U-Ausschnitt stand ihr ausgezeichnet. Nur an den Hüften spannte es ein wenig. Ihre Beckenknochen waren breiter, als er anfangs gedacht hatte. Aber daran konnte er nichts ändern. Die spitzen Pumps in der Farbe des Kleides waren zwar eine halbe Nummer zu groß für ihre Füße, aber sie musste ja auch nicht mehr darauf laufen. Und wie schön er sie geschminkt hatte!
Er dachte abwechselnd an Berta und an seine Mutter. Ihre beiden Gesichter verschwommen vor seinem inneren Auge, und übrig blieb eine Elena, die nun beide für ihn war. Lust kam in ihm auf. „Nein, noch nicht. Noch nicht!“ sprach er leise, aber energisch, vor sich hin. „Erst wird aufgeräumt!“
Seine Erregung verebbte und wurden von klaren Gedanken seines Ordnungssinns verdrängt. Er nahm den Auffangbehälter hinter der Vakuumpumpe ab und stellte ihn beiseite. Dann löste er die blutverschmierte Kanüle von dem pistolenartigen Griff, schraubte den Verbindungsschlauch zur Pumpe ab und legte beides in ein Desinfektionsbad zu den Skalpellen. Auf der Oberfläche des Desinfektionsmittels schwammen Blut und Reste von Fettgewebe. Ordentlich und präzise positionierte er nun den Haarentfärber und die blonde Tönung neben seine Auswahl an Nagellacken auf dem metallenen Rollwagen, den er eigens hierfür angeschafft hatte und der eigentlich dafür bestimmt war, Werkzeuge in einer Werkstatt zu beherbergen.
Seine breite Palette an Make-up war schon in einer der Schubladen verstaut. Er griff sich vorsichtig den mit dem Inneren von Fettzellen und blutigen Partikeln gefüllten, zylinderförmigen Behälter und ging aus dem Schuppen. Am Ende der Wiese, kurz bevor der Wald begann, plätscherte lebenslustig ein Bächlein mit erfrischend klarem Wasser. Er bückte sich und goss den Inhalt in den Strom des Wassers. Dann spülte er ihn gewissenhaft aus.
Wieder zurück, kippte er einen großen Schuss Salzsäure aus einem Kanister in den gläsernen Zylinder, ließ die ätzende Flüssigkeit durch Schwenken des Behälters dessen Wände benetzen und spülte ihn dann erneut in einem an der Wand angehängten Becken aus Steingut unter laufendem Wasser aus. Dann verstaute er alle Utensilien in einem hölzernen Verschlag, den er in einer Ecke des Raumes gebaut hatte. Er zog den Kombi aus dünnem, schwarzen Gummi aus, der eigentlich dafür gedacht war, Motorradfahrer gegen die Widrigkeiten der Natur zu schützen. Für ihn war er eine Art Operationsanzug.
Dann schloss er die Tür des Verschlages und hängte das Vorhängeschloss aus Messing ein. Alles musste seine Ordnung haben. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Er blickte zur toten Elena. Seine Erregung kehrte zurück. Schnellen Schrittes eilte er ins Haupthaus, hastete die Treppe hinauf und öffnete einen neben dem Treppenabsatz befindlichen Kleiderschrank. Hier oben hatte er sich seine kleine Höhle geschaffen. Kinderspielzeug lag herum. Neben seinem Bett auf dem Nachttisch lag die Leuchte, die er von Berta zu seinem zwölften Geburtstag erhalten hatte. In einer Ecke war eine Carrera-Autorennbahn aufgebaut. Am Fußende seines Bettes stand ein Fernseher. Fernsehen interessierte ihn nicht besonders, aber er liebte Werbesendungen. Er zog sich aus. Mit Bedacht faltete er seine Hose zusammen und hängte sie akkurat auf einen Bügel in den Schrank. Hemd und Unterwäsche folgten. Aus dem Schrank nahm er nun ein braungemustertes Nyltesthemd und schlüpfte hinein. Den Kunststoff auf der Haut zu spüren tat ihm gut. Er fühlte sich wohl darin. Er sah an sich herunter. Eine Erektion kündigte sich an. Er musste sich beeilen. Schnell zog er über seinen erigierten Penis eine weiße Unterhose aus Baumwollfeinripp. Dann stieg er in seine kurze, schwarze Lederhose mit Hornknöpfen und zog die beiden Reißverschlüsse der Vorderklappe hoch. Er schob die breiten Hosenträger aus Hirschleder über die Schultern und besah sich im Spiegel an der Innenwand der einen Schranktür.
„Bitte tut mir nichts! Ich bin doch nur ein kleiner Junge!“ säuselte er mit ängstlich piepsender Stimme. Dann zog sich ein teuflisches, grausames Grinsen über sein Gesicht, das jetzt wie eine Maske wirkte.
Er rannte die Treppe hinunter
Weitere Kostenlose Bücher