Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
Polizeigeschichte ein.
Die Gegensprechanlage, die ihn mit seinem Vorzimmer verband, quäkte los, und Fräulein Müller kündigte Mechthild Kayser an. Er legte den schwarzen Hebel der Antwortschaltung um und rief so laut „Sie soll hereinkommen!“ in die Anlage, dass es auch ohne sie durch die geschlossene Tür zu hören war. Er hielt dieses Gerät für völlig überflüssig, aber Fräulein Müller liebte so sehr die „Ich will nicht gestört werden-Taste“, die er umlegen konnte, wenn er seine Ruhe haben wollte, dass sie vehement seine Versuche, das Ding abzuschaffen, bekämpfte. Fräulein Müller vergötterte das kleine, rote Lämpchen, das bei ihr auf dem Schreibtisch aufleuchtete, wenn er nicht gestört werden wollte, und das sie gern jedem unangemeldeten Besucher unter die Nase hielt, bevor sie ihn wieder wegschickte. Jeder Mensch schien ein bisschen Macht über andere zu benötigen, um besser zurechtzukommen. Und wer keine Macht hatte, verschaffte sie sich eben manchmal durch Vergewaltigung und Mord, dachte Logemann. Womit er beim Thema war.
Mechthild Kayser trat ein und nahm ihm gegenüber in einem bequemen, mit braunem, genoppten Leder bezogenen Sessel Platz. Nach seiner Aufforderung übergab sie ihrem PP einen eilig verfassten Kurzbericht über den Leichenfund und die bis jetzt bekannten Umstände. Mündlich gab sie ihre Überlegungen und vorläufigen Ermittlungsansätze weiter und wartete danach die Reaktion Logemanns ab. Obwohl Logemann noch vertieft in den Bericht war, wusste Mechthild, dass er ihr aufmerksam zugehört hatte. Er konnte das. Jetzt ließ sie ihm Zeit, eine Meinung zu entwickeln.
„Liebe Frau Kayser! Damit gehen wir doch nicht an die Presse, oder?“ fragte er in einer Art, die die Antwort schon beinhaltete.
„Nein, Herr Präsident. Das halte ich auch nicht für richtig“, stimmte sie ihm zu. „Was wir aber brauchen, sind Hinweise aus der Bevölkerung auf die Identität des Opfers. Und wir suchen nach Zeugen, die vielleicht irgendwo etwas bemerkt haben. Über den Rest können wir erst mal schweigen. Wir ziehen uns darauf zurück, eine unbekannte Tote gefunden zu haben. Die Todesursache ist eben noch nicht bekannt, da die pathologische Untersuchung noch nicht abgeschlossen ist. Kein Wort über einen möglichen Mord, sondern eine schlichte Beteiligung der Öffentlichkeit, um herauszufinden, wer sie ist. Das verschafft uns einen Vorsprung bis morgen oder übermorgen. Und dann wissen wir eventuell schon mehr.“
Der Polizeipräsident war erleichtert, dass Kaysers Auffassung seinen Vorstellungen entsprach. „Können wir ein brauchbares Photo veröffentlichen?“ wollte er noch wissen.
Mechthild Kayser schilderte ihm die Gründe für den verzögert eingetretenen Verwesungsprozess der Leiche und dass Kopf und Gesicht keine Verletzungen aufwiesen. Mit ein wenig Retuschierarbeit der Photospezialisten beim ED würden sie ein aussagekräftiges Bild an die Presse geben können, das niemanden auf den Gedanken bringen würde, hier läge offensichtlich ein Kapitalverbrechen vor.
„Was für Fragen können von der Presse kommen?“ hakte Logemann weiter nach. Er wollte vorbereitet sein und nicht in eine peinliche Situation hineinschliddern.
„Wenn bisher nichts durchgesickert ist, und davon gehe ich aus“, bekräftigte Mechthild Kayser ihre Antwort, „nur das Übliche. Zum Beispiel, ob Fremdverschulden vorliegt. Aber an dieser Stelle weisen wir wieder auf die noch ausstehenden Untersuchungsergebnisse hin. Mit dem Hinweis, dass wir das im Moment weder begründet einräumen noch ausschließen können. Spätestens dann weiß die Presse, dass sich der Kreis des Frage-und-Antwort-Spiels geschlossen hat und von uns nichts mehr kommt. Wir erklären natürlich noch, dass wir uns sofort an sie wenden werden, wenn sich die Gegebenheiten ändern. Aber zurzeit bräuchten wir halt ihre Hilfe zur Identifikation der Toten, da sie keine Papiere bei sich hatte und eine ihr ähnliche Person bislang nicht als vermisst gemeldet wurde. Und das war’s dann.“
Logemann war beruhigt. Die Bitte an die Presse, bei der Identifizierung einer unbekannten Toten zu helfen, war Routine. Doch ebenso hätte Kayser mit diesem Leichenfund die heftigsten Schlagzeilen provozieren können. Seit dem Verschwinden ihrer Tochter vor vier Jahren hatte sie manches Mal einen nach seinem Gusto unnötigen Übereifer an den Tag gelegt. Aber jetzt schien sie zu ihrer alten Form zurückgefunden zu haben.
„Herr
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