Fuer immer und einen Tag
das etwa drei Kilometer flussaufwärts lag und eine offene, bis zum Wasser reichende Parklandschaft war, die aber vorerst noch von der Flussbiegung verborgen wurde. Das Klatschen der Wellen gegen die Ufermauern gab dem Mersey seinen Herzschlag, und Emma passte sich Schlag für Schlag mit ihren Schritten daran an, während ihre Gedanken ebenso beständig und unaufhaltsam strömten.
Sie hatte seit Samstag nichts mehr von Alex gehört, und mit jedem vergehenden Tag lieà ihr Liebeskummer etwas nach. Das ging schneller, als sie es für möglich gehalten hätte, unter anderem weil ihr klar geworden war, dass es wenig Sinn hatte, den Verlust von etwas zu betrauern, was nie vorhanden gewesen war. Sie hatte sich einen Partner gewünscht, der an ihrer Seite ging, in guten wie in schlechten Zeiten, aber diese Person war nie Alex gewesen, nicht einmal in ihren kühnsten Träumen. Ihr Buch bezeugte das.
Die Nachricht von ihrer Trennung unterlag immer noch strengen Beschränkungen. Ben und Steven hatten Wort gehalten, und sie hatte auch Ally und Gina verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihrer Mutter nichts zu Ohren kam. Je länger sie wartete, desto schwerer würde es werden, es ihr beizubringen, doch sie brauchte einfach die Verschnaufpause.
Hoch über ihr schrien Möwen, und sie entdeckte einen Schwarm von bunten Drachen, als sie sich dem Park näherte. Ihr Schritt war inzwischen merklich langsamer geworden, und obwohl der Spaziergang sie belebt hatte, wusste sie doch, wann es genug war. Sie suchte sich ein Taxi und legte die übrige Strecke zum Travellerâs Rest in weniger als zehn Minuten zurück.
Mit einiger Erleichterung erreichte sie den Zufluchtsort, der das Lokal für sie war, doch als sie gegen die Tür drückte, musste sie feststellen, dass sie diesmal tatsächlich verschlossen war. Verwirrt spähte sie hinein, lehnte ihre Stirn gegen das kalte Glas. Sie konnte nur ein paar dunkle Umrisse erkennen, bevor das Fenster von ihrem Atem beschlug und ihr die Sicht vernebelte.
»Ich glaube, das ist vormittags nicht mehr geöffnet«, sagte plötzlich eine muntere Stimme hinter ihr. »Aber wenn Sie eine Tasse Kaffee brauchen ⦠um die Ecke gibtâs ein Café.«
Emma drehte sich um und sah sich zwei alten Frauen gegenüber, die eine sehr groà und dünn, die andere viel kleiner und runder, aber beide in knallfarbigen Steppjacken, mit handgestrickten Schals und passenden buntgemusterten Mützen. Die Gummistiefel mit Leopardenmuster, die sie ebenfalls beide trugen, waren nicht unbedingt eine naheliegende Ergänzung ihres Outfits, aber dennoch das i-Tüpfelchen.
»Das Lokal gehört meiner Schwester«, erklärte Emma.
Die kleinere Frau zuckte die Achseln. »Dann sagen Sie ihr mal, dass sie die Preise senken soll. Haben Sie gesehen, wie viel sie für eine Tasse Tee nimmt?«
»Mich wundertâs, dass es den Laden überhaupt noch gibt. Niemand, den ich kenne, geht dorthin«, fügte die Lange hinzu.
»Letzte Woche hatte es noch normal geöffnet«, murmelte Emma, mehr zu sich selbst. Sie fragte sich, ob das der Grund für die schuldbewussten Blicke von Louise und Meg war, als sie die beiden am Samstagabend überrascht hatte. Das schlechte Gewissen überkam sie, als sie an ihr Versprechen dachte, Louise wieder auf die Beine zu helfen, nachdem Joe das Weite gesucht hatte. Anfangs hatte sie sich ja auch sehr engagiert, aber dann waren die Umstände dazwischengekommen ⦠Sie hatte sich mit Alex eingelassen und war zu sehr damit beschäftigt gewesen, seine Arbeit für ihn zu erledigen, um genug Zeit für andere Dinge zu finden. Sie hatte das Wesentliche aus den Augen verloren und sich dann noch nicht einmal an die Zusagen gehalten, die sie Louise nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus gemacht hatte. Hatte zu sehr ihre eigenen Probleme im Blick gehabt, um ihrer Schwester die Unterstützung zu geben, die sie brauchte.
»Ach, hören Sie nicht auf Iris. Es läuft bestimmt ganz gut, wenn wir beide schon längst im Bett liegen. Ihre Schwester muss wissen, was sie tut. Wahrscheinlich will sie so alte Schachteln wie uns gar nicht als Gäste.«
»Sprich für dich selbst. Ich bin keine alte Schachtel, und wenn dieses Lokal richtig geführt würde, könnte es auch jetzt schon richtig brummen.«
Die beiden Frauen setzten zu einer Auseinandersetzung darüber an, ob ihre
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