Fuer immer und ledig - Roman
hineinschüttend, fröhlich lachend und schwatzend von dannen. Nur ganz kurz drehte sich der Typ noch einmal um, aber es war wegen seiner Sonnenbrille unmöglich zu sagen, ob er dabei in meine Richtung sah oder nicht.
Fünf Minuten später war ich immer noch damit beschäftigt, nicht zu hyperventilieren.
»Der hat gehört, was wir gesagt haben! Ich meine, wenn er das mit der Cola und dem Eis gehört hat, dann hat der auch das andere gehört!«, japste ich.
»Na und? Ist das schlimm?«, meinte Tiffy ruhig, während sie sich über mein Vanilleeis hermachte.
»Bestimmt ist er ein total arroganter Sack, der sich für den Tollsten hält, und deshalb hat er sich gesagt, hey, der
Kröte zeig ich’s, was redet die auch einfach hinter meinem Rücken über mich!«
»Du bist keine Kröte«, beruhigte mich Tiffy und kratzte den letzten Rest Eis aus der Pappe. »Außerdem ist er schwul.«
Ich war mir nicht sicher, ob mich das wirklich beruhigte. Irgendwie hoffte ich auf der einen Seite, dass er nicht schwul war und mich vielleicht sogar ganz interessant fand, weshalb er mir die Cola mitgebracht hatte. Andererseits war es aber auch so sicher wie die Einschaltquote von »Wetten dass …?«, dass ein so schöner Mann, schwul oder nicht, von mir in der Regel wenig bis keine Notiz nahm. Ich war vielleicht nicht das allerhässlichste Entlein, aber gemessen an so manchem Schwan - wie zum Beispiel meiner Schwester - belegte ich eher die hinteren Ränge.
»Du bist sehr niedlich mit deiner Stupsnase und den Sommersprossen, und viele hätten gerne so schöne dunkle Naturlocken wie du. Ich zum Beispiel«, seufzte Tiffy und wuschelte sich durch ihre dünnen, blonden Spaghettihaare, die sich absolut niemals verwuscheln ließen und sofort wieder brav in ihre Ausgangsposition zurückfielen. (Meine Haare waren nebenbei bemerkt der einzige Grund, warum mein Vater nicht ganz ausschließen konnte, dass ich seine Tochter war. Die hatte ich nämlich von ihm geerbt.)
»Egal«, stöhnte ich, »das war so unglaublich peinlich. Was mach ich denn, wenn ich ihn das nächste Mal sehe?«
Tiffy schnappte sich gerade meine Cola, aber ich riss sie ihr sofort wieder aus der Hand. »Na ja, frag ihn, ob du ihm’ne Cola mitbringen sollst. Und ich hol mir jetzt übrigens auch eine. Mich hat ja nicht der schönste Mann auf dem ganzen Campus zu einem Kaltgetränk eingeladen.« Sie stand auf, fluchte lautstark über die Hitze und schlich zum Gebäude.
»Ich muss mich exmatrikulieren«, murrte ich hinter ihr her.
»Vielleicht reicht eine Gesichts-OP«, rief sie zurück.
In den nächsten Tagen mied ich sowohl die Cafeteria wie auch die Rasenflächen des Campus. Ich huschte nur mit Scheuklappen in meinen Übungsraum und rannte nach ein paar Stunden wieder raus. Tiffy hatte strikte Anweisungen, die Augen nach dem Schönling offen zu halten und mir alles haarklein zu berichten, aber sie sah ihn nicht.
Eine gute Woche nach dem »Colagate«, wie ich es nannte, war ich mit Tiffy unterwegs zur Geburtstagsparty eines gemeinsamen Bekannten. Er feierte am Blankeneser Elbstrand, und es waren mindestens fünfzig Leute eingeladen. Hundert würden also kommen.
»Ich verstehe immer noch nicht, warum dir das so peinlich ist«, schimpfte Tiffy. Wir waren gerade auf dem Weg durchs Treppenviertel runter zum Strand, als ich schon wieder von dem »Colagate« anfing. Dieser Teil von Blankenese hatte seinen Namen von den unzähligen
Treppen, die durch die steile Hanglange nötig waren. Eine einzige befahrbare Straße schlängelte sich durch die Mischung aus alten Kapitänshäuschen und neuen Mehrfamilienvillen und erreichte längst nicht jedes Haus. Alle Querverbindungen und Abkürzungen waren ausschließlich über die engen, malerischen Treppchen möglich. Besonders vom Elbstrand aus wirkte das Treppenviertel verwirrend mediterran.
»Eigentlich war es doch ganz lustig!«, beharrte Tiffy.
»Das hat er doch nur gemacht, um uns zu zeigen, dass er jedes Wort gehört hat, das wir über ihn gesprochen haben. Er weiß, dass ich finde, dass er gut aussieht. Das ist sehr wohl peinlich.«
»Prinzessin, ich habe Neuigkeiten für dich: Er wusste schon vorher, dass er gut aussieht, und du wirst nicht die Erste gewesen sein, die es ausgesprochen hat.«
»Trotzdem.«
»Ein Jammer, dass du keinen Alkohol trinkst. Du könntest sonst die ganze Geschichte einfach aus deinem Gehirn spülen.«
»Ich könnte ja damit anfangen«, schlug ich vor.
»Bleib lieber bei deinem Koffein.
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