Fuer immer und ledig - Roman
»Übrigens, nur damit das klar ist, aus uns wird nichts« wollte ich mir ersparen.
Es kam ja auch nie zu mehr als einem Abschiedskuss auf die Wange, und um von meiner Seite aus jeder Peinlichkeit vorzubeugen, ließ ich mich auf Gernot ein. Marc sollte auf keinen Fall glauben, ich hätte Interesse an einer Beziehung mit ihm.
Das war der Stand in meinem Tagebuch, dem ich über zehn Monate meinen Schmerz anvertraut hatte, weil ich schnell merkte, wie überfordert Tiffy mit mir und meinem Liebeskummer war. Mein Herz brach schon in der Nacht am Blankeneser Elbstrand, und es wollte einfach nicht heilen. So elend, wie ich mich bei den Gedanken an Marc fühlte, war es immer noch nicht verheilt.
Rückblickend aber gab es viele Situationen, von denen ich mir nun wünschte, ich hätte anders, souveräner
reagiert. An seinem Geburtstag, zum Beispiel, der in die Zeit zwischen seinen Prüfungen und meinem Abschlusskonzert fiel.
Er feierte nicht mit seinen Freunden, nur ich war an diesem Abend zu ihm eingeladen. Er sprach nicht von seinen Prüfungen, nur von meinem bevorstehenden Konzert, ließ mich meine Aufregung von der Seele plappern, beruhigte mich, so gut er konnte, hielt mich zum Abschied länger fest, als es für eine freundschaftliche Umarmung üblich war.
»Du kommst doch?«, fragte ich nervös, weil mir die Umarmung entschieden zu lang dauerte und ich nicht wusste, wie ich darauf reagieren sollte.
Er trat einen halben Schritt zurück, seine Arme ruhten auf meinen Schultern. Er lächelte mich an. »Da bin ich doch schon in New York.«
Ich lachte. »Ja. Klar. Also sei pünktlich, okay?«
Er zog mich wieder an sich heran, und ich tätschelte überfordert seinen Rücken.
»Ähm, gratuliert hab ich dir schon, ja?«, sagte ich, weil mir nichts anderes einfiel.
»Was ist das eigentlich mit uns?«, fragte er.
Mein Herz schlug jetzt ziemlich sicher zweihundertachtzigmal in der Minute. Oder in der Sekunde. Warum fragte er mich das? Wollte er sichergehen, dass zwischen uns alles klar war? Ganz bestimmt war das so eine Art Test, weil er Angst hatte, ich könnte in ihn verliebt sein. Er forderte offenbar gerade so eine Art Unbedenklichkeitsgarantie. Also sagte ich, um einen amüsierten Tonfall
bemüht: » Best friends forever , natürlich. Was dachtest du denn so?«
Er ließ mich los, und ich sprang einen Meter zurück. Er sagte nichts.
»Also dann, gute Nacht«, rief ich, winkte ihm zu und floh aus seiner Wohnung.
Es war eine laue Frühlingsnacht, und ich beschloss, zu Fuß den Heimweg anzutreten.
»Was ist das eigentlich mit uns?«
Doch, ich hatte richtig reagiert. Wie peinlich, wenn ich ihm die Wahrheit gesagt hätte: »Du, Marc, ich bin total verliebt in dich.« Bestimmt hätte er gesagt: »Oh, Tilly, aber wir sind doch nur Freunde, das sollten wir uns nicht kaputtmachen.« Ganz, ganz bestimmt.
Aber als ich ihn danach nie mehr wiedersah, wunderte ich mich doch. Ich erfuhr, dass er wirklich in New York war, und ich spielte mein Abschlusskonzert mit blutendem Herz. Am nächsten Tag bekam ich die Blumen, und von da an zu jedem Jahrestag dieses Konzerts.
Natürlich waren sie von Marc gekommen. Als Entschuldigung dafür, dass er nicht dabei sein konnte. Als Erinnerung an unsere Freundschaft, aus der, wie ich jetzt dachte, vielleicht mehr hätte werden können. Wie dumm war ich nur gewesen?
Es war mittlerweile morgens um sieben, die Sonne war schon lange aufgegangen. Mit Tränen in den Augen klemmte ich mich vor meinen Laptop und gab Marcs Namen probehalber bei Facebook ein. Ich fand ihn sofort,
aber sein Profil war nur für Freunde freigegeben. Zu müde, um noch Skrupel zu haben, schickte ich ihm eine Freundschaftsanfrage. Dann kippte ich ins Bett und schlief auf der Stelle ein.
6
Meine Mutter weckte mich zwanzig Minuten später mit einem Anruf, der mich in die tiefste Depression ever stürzte.
»Deine Schwester kommt nächste Woche nach Hamburg! Sie hat sich verlobt.«
»Fina will heiraten ? Sie hat doch geschworen, nie im Leben heiraten zu wollen«, jaulte ich auf.
Das hatte mir gerade noch gefehlt. Fina hatte geschworen, nie im Leben heiraten zu wollen, und ich war mir sicher gewesen, ihr wenigstens auf diesem Gebiet voraus sein zu können, wenn ich es sonst schon nicht mit ihr aufnehmen konnte. Fina war die typische Besser-Schwester: Sie sah besser aus, war besser in der Schule, hatte die schöneren Klamotten, die cooleren Freunde …
»Wen?«, schrie ich den Hörer an.
Mutter schien es nicht genau zu
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