Fuer immer und ledig - Roman
bildeten sich große Schweißtropfen, und vermutlich konnte er von Glück sagen, dass er das Jackett noch anhatte. Ich stellte mir vor, dass sein Hemd aussah wie nach einem Marathon: klatschnass.
»Das Bett war gemacht. Aber - Achtung! - sie sagten
mir im Vertrauen, dass das entsprechende Zimmermädchen - sorry, die Hotelfachfrau! - nicht immer ganz so gründlich in den hintersten Winkeln säubert, wenn es keinen Gastwechsel gibt. Und selbstverständlich würden sie Konsequenzen ziehen. Da konnte ich natürlich nur lachen, ich meine, Marc wird wohl kaum mit so einer Holzkette rumlaufen, nicht wahr?« Sie verdrehte dramatisch die Augen und warf die Hände in die Luft. »Was soll man davon halten!«
»Und wo ist die Kette jetzt?«, fragte ich zuckersüß.
Fina zuckte die Schultern. »Was weiß ich. Ich hab sie dem Kerl an der Rezeption auf den Tisch geworfen.«
»Aber sonst ist es schön? Blick auf die Alster?«, bohrte ich weiter.
»Ja. Sehr hübsch. Sag mal, ist das jetzt eigentlich dein Jörg oder nicht?«, wechselte sie das Thema und zeigte mit ihrem Weinglas auf Rupert. Ihr wurde schnell langweilig, wenn sie sich nicht über etwas aufregen konnte.
»Rupert«, sagte Rupert. »Aber ich bin nicht ihr Freund.«
»Das hätte mich auch gewundert.«
»Ich bin schwul«, sagte Rupert freundlich.
»Das wundert mich nicht«, sagte meine Schwester zufrieden.
»Er ist Agent«, sagte Vater.
»Diplomatischer Dienst?«, fragte Fina.
Die Farbe kehrte in Marcs Gesicht zurück, und das Essen wurde serviert.
Ich merkte, dass ich eindeutig hungrig war, und stürzte
mich auf mein Steak. Vater sah mit seinem Fleischberg ebenfalls sehr zufrieden aus. Fina pickte in einem Salat, Marc und Rupert hatten etwas, das nach Risotto aussah, und Mutter beäugte misstrauisch ihre Burgunderschnecken - keine Ahnung, welcher Teufel sie da bei der Bestellung geritten hatte. Es musste ein anderer Teufel gewesen sein als der, der sich gerade auf meiner Schulter niederließ, um mir ins Ohr zu flüstern: Nimm ihn dir.
Und ich flüsterte dem kleinen Teufelchen zurück: Aber hallo.
12
Am nächsten Morgen erzählte ich Tim alles haarklein, während er über den Kostümentwürfen für »Don Giovanni« brütete.
»Klingt plausibel«, murmelte er abwesend.
»Klingt super!«, behauptete ich.
»Willst du Fina irgendwas heimzahlen, oder geht es wirklich um die große Liebe?«
Ich überlegte. »Beides«, sagte ich endlich. »Auf das mit dem Heimzahlen würde ich großzügig verzichten, wenn sie einen anderen Kerl hätte. Aber es bietet sich nun mal gerade so an …«
»Tu mir und dir einen Gefallen und versuch nicht wieder, ihn auf der Stelle in Ketten zu legen«, sagte Tim sanft.
»Wenn du mit ›in Ketten legen‹ heiraten meinst - das Aufgebot ist doch schon bestellt! Dann heiratet er eben nicht Fina Baader, sondern Tilly Baader. Weniger bürokratischer Aufwand«, grinste ich. »Oder willst du dich nur davor drücken, mir mein niedliches Brautkleid zu schneidern?«
Er hielt mir die »Don Giovanni«-Entwürfe unter die Nase. »Ich habe demnächst ein bisschen was zu tun.«
»Schon wieder Mozart?«
»Große Gefühle«, seufzte er.
Ich sah die Entwürfe durch. Offenbar war diesmal ein etwas modernerer Ansatz geplant. Die Kostüme für die Damen sahen alle eher nach Charleston aus.
»Aaach, ein Kleid mehr oder weniger … Das schaffst du schon.« Ich küsste ihn auf die Wange. »Danke fürs Zuhören!«
Dann schnappte ich mir mein Handy. Auf dem Weg zum Proberaum hörte ich meine brechend volle Mailbox ab. Natürlich rief tagelang niemand an, es sei denn, man hatte sein Handy irgendwo verloren. Ein verlorenes, vergessenes Handy schien magische Wellen auszusenden, die die Leute aus dem Adressbuch dazu brachten, sofort das einsame Teil anzurufen.
Der erste Anruf war von Fina. »Wir sehen uns zwar heute Abend in diesem, äh, ›Carls‹, aber ich habe keine Lust, dich vor allen Leuten zu fragen. Ich meine, wie peinlich ist das denn, dass ich niemanden außer dir dafür habe! Ach, was soll’s. Also. Ich brauche eine Brautjungfer, heißt das so? Jedenfalls, du musst mir mit dem ganzen Quatsch helfen. Kleid kaufen, Einladungskarten aussuchen, na ja, du weißt schon. Ich kenn mich da nicht so aus, und Zeit hab ich ehrlich gesagt auch keine. Na dann. Ruf mich einfach morgen an. Ach so, das Datum. Warte mal …« Ich hörte, wie sie auf ihrem Telefon herumtippte. »Ja. Das ist … In exakt zwei Wochen. Der Montag. Halt dir den bitte frei. Und am
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