Fuer immer und ledig - Roman
Mann wollte uns gleich unser schönes Künstlerhaus unterm Hintern abreißen! Mir war schon klar, dass der werte Herr von Lahnstein das alte Fabrikgebäude nicht gekauft hatte, um mir zu schaden, weil er fand, dass ich als Klavierlehrerin für seinen Spross nichts taugte. Und mir war auch klar, dass man mit so etwas rechnen musste, wenn man in einem besetzten Haus seinen Proberaum hatte.
Aber ich nahm es trotzdem persönlich.
Dieser eingebildete Schnösel.
Ich jedenfalls war bereit zu kämpfen. Für unser schönes Künstlerhaus, für Marc, und ja, für das, was ich im Leben wollte. Ich hatte mich beim Klavierspielen schon immer besonders gut auf andere Dinge konzentrieren können, und so plante ich alles haarklein durch, während ich die Sänger durch ihre Parts schleuste.
Als die Proben durch waren, rannte ich los zur S-Bahn, fuhr nach Bahrenfeld und schloss eine immer noch laut heulende Tiffy in die Arme.
»Alles wird gut«, sagte ich ihr und glaubte ganz fest daran.
»Wir machen uns strafbar«, sagte Lene, eine der Künstlerinnen, entsetzt.
»Das, ähm, haben wir längst. Weißt du, wir besetzen hier schon seit einer Weile ein Haus«, erklärte ich ihr geduldig. »Aber meine Hoffnung ist, dass die Situation erst gar nicht eskaliert. Mein Plan ist: Wir müssen einen Haufen Leute organisieren - Künstler, Musiker, Freunde, Bekannte, die uns unterstützen. Bis übernächsten Sonntag organisieren wir ein riesiges Event, das heißt, jeder Tag muss rund um die Uhr optimal zur Vorbereitung genutzt werden. Wir brauchen dringend ganz viel Presse, die positiv über unsere Aktion berichtet. Vielleicht schaffen wir es, die Entscheidung über die Nutzung des Gebäudes aufzuschieben. Vielleicht stimmen wir den Eigentümer um und dürfen hierbleiben. Wir müssen einfach alles versuchen. Keiner kann garantieren, dass es klappt. Wenn wir Pech haben, trägt uns die Polizei einzeln hier raus. Überlegt euch gut, ob ihr dabei sein wollt oder nicht.«
Wie ich befürchtet hatte, stand Lene auf und warf sich ihre Tasche über die Schulter. »Das ist mir zu krass. Ich hol morgen meine Sachen.« Sie ging eilig in Richtung Ausgang.
Tiffy fing wieder sirenenartig an zu heulen, und Lene zögerte einen Moment. Dann drehte sie sich zu uns um und sagte: »Leute, vergesst es. Ihr verschwendet Zeit und Energie, und wahrscheinlich auch noch Geld, und am Ende habt ihr Riesenstress mit der Polizei und noch eine Vorstrafe. Das kann ich gerade echt nicht gebrauchen.«
»Ja, es ist ein Risiko. Aber ich finde, es ist wirklich wichtig, dass wir kämpfen«, sprang mir Jonathan zur Seite.
»So was wird doch dauernd probiert«, entgegnete Lene. »Und ich erinnere mich noch sehr gut an die Bilder im Fernsehen, wie sie in Berlin irgendwelche Häuser geräumt haben. Nein danke, das muss wirklich nicht sein.«
»Ach, aber solange du nichts dafür tun musstest, war es dir nur recht und billig, in einem besetzten Haus zu arbeiten, ja?«, murmelte ich.
»Du kannst mich nicht zwingen hierzubleiben«, zischte Lene mich an.
»Das stimmt. Es gibt nur so etwas wie Loyalität, weißt du?«
Lene schnaufte. »Ich gehe. Tschüss.«
»Wo willst du denn hin? Wieder bei deinen Eltern im Partykeller ausstellen?«, brüllte Tiffy ihr nach, bekam als Antwort aber nur den Knall der zugeschlagenen Tür.
»Da waren’s nur noch neun«, sagte Jonathan. »Na ja, sechzehn«, korrigierte er sich.
»Will sonst noch jemand gehen?«, fragte ich in die Runde. »Also ich bin dabei. Und ihr?« Zu meiner Erleichterung blieben alle sitzen.
Tiffy und ich waren die einzigen Musikerinnen. Es gab noch vier Bildhauer, fünf Maler, drei Objektkünstler, eine Fotografin und eine Installationskünstlerin. Pam, die Installationskünstlerin, hatte den größten und höchsten Raum für sich in Beschlag genommen,
und manchmal teilte sie sich den Raum mit der Fotografin, Dorothee.
Wir hockten noch stundenlang zusammen, um meinem Plan von einem krachenden Fest am Tag unseres Rauswurfs Kontur zu geben. Dorothee würde sich um die PR kümmern, sie kannte ein paar Leute bei nicht gerade unwichtigen Zeitungen. Pam hatte interessanterweise exzellente Beziehungen zu Fernsehen und Radio - sie rückte schließlich etwas zerknirscht damit raus, dass ihr Vater ein hohes Tier beim NDR war und nicht, wie sie uns immer erzählt hatte, ein Flaschen sammelnder Alki, der durch den »Planten un Bloomen«-Park irrte. Jonathan würde ein paar Bands organisieren, Tiffy wollte sich um die Bewirtung
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