Fuer immer und ledig - Roman
weitergehen, bis Fina endlich mit Bob auftauchte. Ich beschloss, mir eine Auszeit zu nehmen, und ging die Treppen hinunter zu den Toiletten. Im Vorraum standen bequem aussehende Sessel, deren Anwesenheit ich mir nicht ganz erklären konnte, aber ich nahm das Angebot, eine Weile Ruhe zu haben, gerne an und warf mich in einen der Sessel.
Fina - wann hatte ich sie zuletzt gesehen? Ich wusste es schon gar nicht mehr. Jede Begegnung mit ihr war unangenehm, und wir fielen beide sofort in die Rollen der großen und der kleinen Schwester. Ich fühlte mich jedes Mal wie sieben, wenn sie vor mir stand. Sie wusste es und genoss es. Heute würde sie einen wahren
Triumphzug veranstalten, keine Frage. Sie würde nach einem Wimpernschlag wissen, dass Rupert auf keinen Fall mein Freund sein konnte, und sie würde mich jede Sekunde spüren lassen, dass sie mal wieder gewonnen hatte, mal wieder die Nummer eins war, mal wieder einfach die Beste. Dazu kam, dass sie natürlich viel hübscher aussehen würde, viel netter mit unseren Eltern plaudern konnte und - ach, was tat ich hier eigentlich? Warum schnappte ich mir nicht Rupert und verzog mich, bevor sie kam? Wer war ich, dass ich mich so klein machen musste? Ich hatte Wichtigeres zu tun. Mein Handy holen, zum Beispiel. Marc anrufen. Mich für die Blumen bedanken. Ihn endgültig für mich gewinnen.
Entschlossen stand ich auf und sprang die Treppen rauf. Aber ich hatte wohl etwas zu lange gezögert: Fina und ihr Bob waren schon da. Die beiden saßen mit dem Rücken zu mir, von Bob sah ich nur den dunklen Hinterkopf. Ich überlegte noch, wie ich Rupert ein Zeichen geben konnte, um ihn zum Abhauen zu bringen, aber da winkte er mich auch schon an den Tisch.
Fina drehte sich um und rief: »Tilly, jetzt komm schon.«
So war sie, wir sprachen monatelang nicht miteinander, sahen uns fast nie, und sie sagte nicht »Hallo« oder »Wie geht es dir?« oder gar »Schön, dich zu sehen«, sie sagte nur: »Jetzt komm schon.«
Mutter drehte sich ebenfalls um und winkte. »Das ist Bob«, rief sie.
»Bob?« Fina schnaufte. »Mutter, ich hab dir doch gesagt, er heißt Marc. Also echt.«
Ich zuckte zusammen und spürte, wie meine Knie weich wurden. Marc? Konnte das Zufall sein? Der dunkle Hinterkopf drehte sich um, und ich sah mich Marc gegenüber. Marc Jacobeit, in dessen Bett ich noch in der letzten Nacht gelegen hatte, der mir am Nachmittag Blumen mit einer Entschuldigung geschickt hatte.
Marc war mit Fina verlobt.
»Sie ist so blass, ist sie immer so blass?«, fragte Fina.
»Sie hat Liebeskummer. Oder ihre Tage. Ich weiß es nicht«, sagte Mutter.
»Geheult hat sie den ganzen Tag, wegen dem da.« Vater zeigte auf Rupert, der abwehrend die Hände hob.
Ich sah wieder zu Marc, sah seinen gequälten Blick, sah, wie er aufstand und auf mich zukam, und dann wurde ich praktischerweise so richtig ohnmächtig. Endlich.
11
»Vielleicht ist sie schwanger«, hörte ich Finas Stimme.
»Bist du wirklich nicht schwanger, Fina? Deine Schwester hat gesagt, du seiest schwanger.« Das war die Stimme meiner Mutter.
»Ich hab dir doch schon gesagt, ich bin nicht schwanger. Kinder!«, ätzte Fina. »Ich mach mir doch nicht wegen Kindern die Figur kaputt!«
Ich öffnete vorsichtig die Augen. Für einen kurzen Moment hatte ich echte Hoffnung verspürt. Möglichkeit eins: Alles war nur ein Traum, und ich wachte gerade auf. Fina war in London, Marc wartete irgendwo auf mich, und meine Eltern waren in Wirklichkeit gar nicht meine Eltern, sondern hatten mich nur im Krankenhaus aus Versehen mitgenommen. Dagegen sprach, dass sich Fina über mich beugte und mir genervt die Wange tätschelte.
Möglichkeit zwei: Ich war so lange ohnmächtig gewesen, dass man mich ins Krankenhaus gebracht hatte, wo man mich für mindestens drei Wochen behalten würde. Dagegen wiederum sprach, dass nicht nur Fina und Mutter, sondern auch der Oberkellner neben mir kniete.
Schade. Es wäre so schön gewesen.
»War ich lange weg?«, fragte ich mit ersterbender Stimme.
»Pfff«, machte Fina. »Zwei Sekunden? Hättest du lieber ein größeres Drama gehabt, um mir den Abend zu versauen?« Sie stand auf und ging zurück zum Tisch.
Mutter sah mich tadelnd an. »Du musst Magnesium nehmen, wenn du deine Tage hast. Du hast doch deine Tage?« Und zum Oberkellner: »Sie hat als Kind schon immer so schlecht gegessen. Bringen Sie ihr am besten ein Steak. Mein Mann will auch eins.«
Der Oberkellner half mir auf die Beine und versicherte mir,
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