Fuer immer und ledig - Roman
Wochenende davor will ich einen Junggesellinnenabschied oder was auch immer.« Aufgelegt. Morgen war heute. Na,
ich würde sie noch eine Weile schmoren lassen. Wer erst nachsehen musste, wann der eigene Hochzeitstermin war, hatte es offensichtlich nicht eilig.
Und hatte einen Mann wie Marc auch gar nicht verdient.
Der zweite Anrufer war Marc, und die Nachricht stammte von gestern Nacht. »Tilly, ich … Hier ist Marc. Ich wollte nur…« Er flüsterte. »Es tut mir alles so leid, ich wünschte, wir könnten uns da mal in Ruhe … Ich wollte es dir die ganze Zeit schon sagen, aber … Ich weiß gar nicht, was ich jetzt machen soll, es ist…« Dann raschelte es. Im Hintergrund hörte ich vage Finas Stimme quäken. »Ich meld mich später wieder.« Schwupp, aufgelegt.
Ich musste grinsen. Wenn das mal nicht gut lief. Heimliche Anrufe hinter dem Rücken meiner Schwester… Ein gutes Zeichen. Doch.
Der nächste Anruf kam wieder von Marc. Diesmal flüsterte er nicht, aber er klang, als stünde er vor einem sehr tiefen Abgrund und wäre bereit, sofort zu springen.
»Tilly, ich bin’s wieder.« Wenn Männer sich nicht die Mühe machten, ihren Namen zu sagen, sondern sich nur mit »Ich bin’s« meldeten, war das doch schon mal die halbe Miete. »Fina hat mir erzählt, dass du ihre Brautjungfer wirst? Bitte, tu’s nicht. Sag ihr ab. Das … das geht doch nicht. Das ist alles so … vertrackt. Lass uns reden, ja? Wenn ich heute eine Pause habe, rufe ich dich an. Ich stecke wahrscheinlich den ganzen
Tag in Orchesterproben … Aber wir finden schon Zeit, okay? Bis dahin sprich bitte nicht mit Fina, hörst du?«
Hohoho, dachte ich nur.
Die nächste Anruferin war Ina von Lahnstein. Sie klang auch ein bisschen nach Abgrund. »Liebste Frau Baader, es tut mir wahnsinnig leid, aber …« Pause. »Ach, ich kann Ihnen das nicht auf die Mailbox sprechen, rufen Sie mich bitte an? Vielen Dank.«
Das klang nicht gut. Ich rief sofort zurück und hatte sie auch gleich am Apparat.
»Meine Liebe, Sie wissen, wie sehr ich Sie schätze, nicht wahr?«, sagte sie mit Grabesstimme.
»Äh, Danke schön … Was ist denn passiert?«
»Mein Mann … Ich muss mich für ihn entschuldigen. Wirklich entschuldigen. Von Herzen. Ich persönlich bin ein sehr großer Fan von Ihnen. Und von Ihren Freunden. Aber das wissen Sie ja. Jedenfalls … Na, Sie können es sich schon denken. Oscar ist auch ganz traurig, dass er nicht mehr kommen darf.«
»Ihr Mann will nicht, dass Oscar …« Mir blieb die Luft weg. Was für ein blöder Idiot!
»Wissen Sie was, ich denke, wir warten mal ein wenig ab, bis Gras über die Sache … Ach, was red ich da? Ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, vielleicht kann ich meinen Mann noch umstimmen. Aber bis dahin …«
»Ja, ähm, danke …«, stotterte ich, immer noch fassungslos. Im Hintergrund waren Stimmen zu hören.
»Oh, ich muss leider gerade los. Ich melde mich aber wieder!«
Aufgelegt. Ich starrte noch benommen auf mein Handy, als es schon wieder klingelte.
»Wann kommst du?«, jammerte Tiffy.
»Was? Wohin?«
»Wir müssen reden! Hast du meine Nachricht nicht bekommen?«
Das musste wohl die letzte, noch ungehörte auf der Mailbox sein.
»Sie schmeißen uns raus!« Tiffy klang wie eine Sirene. »Wir haben gerade mal zwei Wochen, und sie haben gesagt, es sei schon wahnsinnig kulant von ihnen, dass sie uns so viel Zeit geben!«
»Du musst aus deiner Wohnung?«, fragte ich verwundert.
»Quatsch! Wir! Alle! Müssen raus! Aus der Fabrik!«
»Wieso das denn?«
»Weil! Der Vater von deinem Oscar hat das Ding gekauft. Und jetzt lässt er es komplett entkernen und luxussanieren, heißt das so? Da soll eine Zahnklinik rein! Und Büroräume!«
Sie heulte hysterisch, und ich verstand kein Wort mehr von dem, was sie sagte. Mühsam erklärte ich ihr, dass ich es erst heute Abend schaffen würde, weil ich nicht schon wieder sämtliche Proben ausfallen lassen konnte. So viel wie in der letzten Zeit hatte ich in all den Jahren, die ich nun schon an der Staatsoper war, nicht krankgefeiert.
Während ich erst mit dem Chor und dann mit ein paar Solisten »Carmen« durchhämmerte, kreisten meine Gedanken um das Gespräch mit Ina von Lahnstein. Natürlich hatte sie angenommen, ich wüsste längst, dass wir aus dem Gebäude rausmussten. Erst jetzt verstand ich wirklich, wovon sie geredet hatte. Es war nicht einfach nur die Antipathie zwischen ihrem Mann und mir, weshalb Oscar nicht mehr kommen durfte. Nein, ihr
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