Fuer immer und ledig - Roman
auf meiner Seite hatte. Es war genau die richtige Idee, und sie ließ sich ganz bestimmt leichter, schneller und besser umsetzen als unser alter Plan.
Einen Tag später musste ich einsehen, dass ich mich zu früh gefreut hatte. Die meisten meiner früheren Kollegen von der Staatsoper hatten am Sonntag natürlich keine Zeit, weil sie am Abend Vorstellung hatten oder proben mussten - und ein paar wenige sagten mir freimütig, dass sie schlicht keine Lust hatten. Sie sahen
sich als fester, unerschütterlicher Teil des etablierten und subventionierten Kulturbetriebs und verstanden die Notwendigkeit unserer Aktion nicht.
»Du hattest deine Schäfchen doch im Trockenen«, sagte mir eine Sängerin. »Warum machst du das jetzt?«
Ich antwortete nicht. Ich legte einfach auf.
Der Einzige, den ich nicht angerufen hatte, war Jörg. Aber natürlich hatte es sich rumgesprochen, was ich vorhatte, und da ich immer noch nicht ans Telefon ging, wenn ich seine Nummer sah, tauchte er unangemeldet in unserem Künstlerhaus auf.
»Lass uns Hugo Wolf machen«, sagte er verträumt. »Ich bin dir was schuldig.« Er lächelte mich auf eine Art an, die seiner zweiten Geige mit Sicherheit nicht gefallen hätte. Ich lächelte kühl zurück, freute mich in Wirklichkeit aber ungemein über sein Angebot. Schließlich war es das Einzige, das ich bis jetzt hatte.
Ich telefonierte mir danach noch die Finger wund. Meine Ohren glühten. Aber niemand schien wirklich Zeit zu haben, und es konnte wohl kaum angehen, dass Tiffy und ich als einzige Musikerinnen das gesamte Programm bestritten. Abgesehen davon, dass uns keiner kannte, und ein paar zugkräftige Namen waren die Grundvoraussetzung, dass wir weitere Leute bekamen.
»Morgen müssen wir den Tageszeitungen und Radiosendern Bescheid geben«, drängelte Jonathan. »Es ist sowieso schon viel zu knapp, um für unsere Veranstaltung zu werben. Vielleicht schaffen wir es noch, ein paar
neue Flyer zu verteilen, aber dazu muss das Programm stehen. Sollen wir nicht doch lieber ein paar Bands …?«
Alle schrien empört auf.
»Dann doch lieber Musik aus der Konserve«, sagte ich und bereute es sofort. Ich löste damit eine neue Grundsatzdiskussion aus, ob man in dem Fall eher unbekannte Bands spielen sollte, die noch keinen Plattenvertrag hatten, oder publikumswirksamen Kram.
Ich verzog mich und versuchte zum hundertsten Mal, Marc zu erreichen. Er schien ununterbrochen in Proben zu stecken, da seine Premiere immer näher rückte, und wenn er nicht probte, dann entschuldigte er sich mit irgendwelchen Verwandtschaftsbesuchen. Das jedenfalls erzählte mir Fina. Er schickte mir nicht einmal eine SMS, auch nicht, wenn ich ihm eine schrieb. Dabei machte ich sehr deutlich klar, wie dringend ich seinen Rat brauchte. Er kannte schließlich eine Menge einflussreicher Leute, er könnte sicherlich helfen. Aber Marc blieb verschwunden.
Fina hingegen trieb sich für meinen Geschmack etwas zu oft in der alten Fabrik herum. Sie hatte deutlich Langeweile, und sie schien panische Angst davor zu haben, auch nur für ein paar Minuten alleine zu sein.
»Lies doch ein bisschen Gala oder InStyle oder was auch immer du so liest«, schlug ich ihr vor.
Sie verdrehte die Augen. »Ich dachte, du bereitest meine Hochzeit vor. Und meinen Polterabend.«
»Wir waren heute schon beim Friseur und beim Konditor.« Okay, der Konditor war nicht ganz uneigennützig
gewesen. Ich hatte gleich noch ein paar Kuchen für unser Fest am Sonntag mitbestellt - und Fina gegenüber behauptet, die unfassbaren Mengen an Süßkram seien für ihren Polterabend, damit sie stillschweigend alles bezahlte. Wegen der Hochzeitstorte hatte ich mir den Konditor noch einmal geschnappt, als Fina mit Mutter telefonierend auf der Straße stand, um ihn zu fragen, wann eigentlich der Schriftzug mit den Namen auf die Torte kam.
»Kurz vorher«, brummte er misstrauisch. »Wieso? Überlegt sich’s einer von denen nochmal anders?«
Ich lachte, damit er dachte, er hätte einen klasse Scherz gemacht. »Reine Neugier.« Dann hatte ich mich schnell zu Fina verzogen, damit er nicht noch erriet, wovon ich verzweifelt träumte: meinen eigenen Namen neben dem von Marc auf der blöden Torte zu sehen.
»Wir gehen morgen noch mal in dieses fürchterliche Geschäft, in dem du deinen Geschenktisch hast«, erinnerte ich Fina nun. »Kein Mensch braucht so viele Haushaltsgeräte!«
»Deshalb musst du mitkommen. Ich hatte ihnen letzte Woche nur die Liste gegeben, die ich von
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