Fuer immer und ledig - Roman
rauszuschleichen und bei der Lahnstein anzurufen.
»Wir planen ein Fest am Sonntag«, sagte ich ihr. »Wollen Sie kommen?«
Sie zögerte.
»Frau von Lahnstein, wir können doch offen reden. Ich habe Sie heute Morgen gesehen.«
»Ach? Wo denn?«
Zu meinem Erstaunen klang sie weder ertappt noch nervös.
»Ähm, in Bahrenfeld. Und … also, was ich sagen wollte, ich habe den Eindruck gewonnen … wie sag ich das am besten … dass Sie und Ihr Mann …«
»Dass wir nicht immer einer Meinung sind? Oh je, und ich dachte immer, es wäre nicht so offensichtlich. Ich gebe mir wirklich Mühe in der Öffentlichkeit … Aber ja, Sie haben Recht.«
Jetzt staunte ich darüber, wie freimütig sie diese Affäre gestand.
»Machen Sie sich keine Sorgen. Ich sage Ihrem Mann natürlich nichts davon. Es ist nur so, ich überlege die ganze Zeit wegen Sonntag. Ehrlich gesagt wollte ich Sie nicht nur einladen. Ich wollte Sie fragen, ob Sie mir … uns … vielleicht helfen können.«
»Brauchen Sie Geld?«
Hätte ich sie erpressen wollen, es wäre so einfach gewesen! »Ähm, nein, vielen Dank. Geld ist noch nicht das Problem. Wie Sie wissen, wollen wir weiter in diesem Gebäude bleiben, und wir hoffen, dass wir möglichst viel Unterstützung aus der Bevölkerung bekommen. Aber leider haben wir noch keinen richtigen Aufhänger gefunden, kein echtes Highlight, wie wir die Leute zu uns locken. Wir haben zwar überall Flyer verteilt, und es wird auch Presse vor Ort sein, aber so ein richtiger Knaller fehlt uns irgendwie noch.«
»Hm. Ich bin nun wirklich keine Eventmanagerin …«
»Ich weiß. Entschuldigen Sie. Es war eine blöde Idee. Ich hätte Sie damit nicht belästigen sollen.«
»Doch, doch«, sagte sie schnell. »Das war genau die richtige Idee. Sicher hätten Sie auch gerne einen Tipp, womit Sie meinen Mann so richtig ärgern können?« Sie lachte.
Herr von Lahnstein tat mir fast schon leid. »Also so wollte ich das jetzt nicht …«, stotterte ich.
»Also, passen Sie auf. Wenn Sie wirklich vorhaben, ihm zu zeigen, was eine Harke ist, dann sollten Sie wissen, dass mein Mann schon mehr als einmal sehr erfolgreich gegen Hausbesetzer vorgegangen ist. Man
könnte sagen, er hat darin Übung. Er hat zum Beispiel einen Freund bei der Staatsanwaltschaft, der ihm da sehr gerne zur Seite steht. Die beiden reagieren besonders auf - wie soll ich das sagen? - die üblichen Kennzeichen der linken Szene.«
Das erklärte selbstverständlich von Lahnsteins Reaktion auf mich. Meine Kleidung, meine Docs, da musste seine Fantasie sofort einen autonomen Steinewerfer aus mir gemacht haben. Ich grinste.
»Ich denke, sowohl mein Mann als auch sein Freund, der Staatsanwalt, sind verstockt und blind genug, um gelegentlich ihren eigenen Vorurteilen auf den Leim zu gehen. Wissen Sie, was ich meine?«
Ich wusste sofort, was sie meinte. »Frau von Lahnstein, Sie sind brillant. Ich weiß gar nicht, wie ich mich bei Ihnen bedanken soll.«
Sie kicherte. »Ziehen Sie die Sache durch, und dann versuchen wir es nochmal, meinem Sohn wenigstens ein gewisses Grundverständnis für Musik beizubringen. In Ordnung?«
»Aber sicher!«
»Und zu Ihrer Einladung: Ich komme sehr gerne am Sonntag. Grüßen Sie bitte alle von mir.«
Mein Kopf schwirrte mit neuen Ideen. Ich rannte zu den anderen und rief: »Alles auf Anfang! Ganz neues Konzept! Ich weiß jetzt, wie wir es machen.«
Fünfzehn übernächtigte, heiß diskutierte Gesichter starrten mich an, während ich, noch viel übernächtigter, erst einmal versuchte, meinen Atem in den Griff
und meine Gedanken in die richtige Reihenfolge zu bekommen. Ich erklärte ihnen, dass wir einfach die untypischste aller Hausbesetzungen darstellen mussten. Ein bildungsbürgerliches Programm mit subversiven Elementen. Statt Bier und Cola sollte es Wein und Wasser geben. Statt Punk- und Rockbands ein klassisches Programm. Wir würden uns und unsere Räume von der besten Seite präsentieren.
»Und so den Bildungsbürger mit seinen eigenen Waffen schlagen«, grinste Jonathan. »Das ist genial!«
»Das ist ein Zugeständnis an alles, was du immer abgelehnt hast«, gab Tiffy zu bedenken. »Wo ist die Tilly, die sich immer geweigert hat, in was anderem als in Docs auf die Bühne zu gehen?«
Ich legte einen Arm um ihre Schultern. »Genau diese Tilly wird in ihren Docs hier sein und Klavier spielen. Ich glaube, den Teil mit den ›subversiven Elementen‹ sollte ich noch einmal in Ruhe erläutern.«
Ich spürte, dass ich alle
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