Fuer immer und ledig - Roman
Gedanken gemacht.«
»Aber warum hast du dich mit Marc getroffen?«, bohrte sie.
»Oh, bitte! Ich plane deine Hochzeit, schon vergessen? Wir haben uns ein bisschen beraten … Ich will dich doch überraschen. Mit meinem Geschenk. Du weißt schon«, nuschelte ich.
Ich musste unbedingt daran denken, eine Überraschung zu organisieren, von der ich behaupten konnte, sie mit Marc zusammen ausgeheckt zu haben.
Fina lächelte. »Ihr habt über mich gesprochen?«
Da war sie wieder, die alte Fina. Sehr gut.
In dem Moment spürte ich, dass Fina mir unbedingt glauben wollte. Sie klammerte sich an jedes Wort, das ich sagte, prüfte es, speicherte es ab. Sie wollte, dass ihre Welt wieder heil und perfekt war. Sie wollte Marc heiraten. Tat ich gerade das Richtige? Was, wenn Marc ein gewissenloser Typ war, der sie bei der nächsten Gelegenheit wieder betrügen würde?
Ich verstand in dem Moment aber noch etwas: Ich hatte Fina gar nicht wirklich angelogen. Die Sache zwischen ihm und mir lag sechs Jahre zurück in der Vergangenheit. Und wer war ich, mich hier als Moralwächter
aufzuspielen und über mögliche Fremdgeh-Aktionen meines zukünftigen Schwagers nachzudenken? Der treuste Verlobte konnte drei Wochen nach dem ersten Hochzeitstag mit einer anderen im Bett landen. Der schlimmste Fremdgeher konnte nach der Hochzeit mit der Frau seines Lebens zu einem braven Ehemann werden. Die beiden wollten jetzt heiraten, und ich würde als Brautjungfer dafür sorgen, dass sie es taten. Fertig.
»Hör mal zu. Ich bring dich jetzt ins Hotel, okay? Es ist alles in Ordnung, du musst dir über gar nichts Gedanken machen. Du schläfst eine Runde, und morgen wird schön geheiratet.«
»Wo ist Marc?«, fragte sie.
»Ich hol ihn, ja?«
Sie nickte. »Aber lass die Finger von ihm!«
»Haha.«
»Willst du wirklich nichts von ihm?«
»Ich schwöre es.« Es war die reine Wahrheit.
Und dann umarmte Fina mich. Zum ersten Mal umarmte mich meine Schwester. Sie drückte mich ganz fest an sich und flüsterte mir ins Ohr: »Danke für alles.«
Jetzt musste ich aufpassen, dass ich nicht auch noch losheulte.
»Alles gut, ja?« Ich schob sie sanft von mir und rannte los, um Marc zu suchen - und schnell einzuweihen.
Ich fand ihn ausgerechnet bei meinen Eltern, auf die ich gerade noch weniger gut zu sprechen war als sonst. Sie hatten zum Glück nichts von dem Foto mitbekommen,
aber Marc sah immer noch aus wie ein Gespenst, das Angst vorm Dunkeln hatte.
Zehn Minuten später hatte ich ihm alles erklärt, ihn bei Fina abgeliefert und dem glücklich vereinten Paar ein Taxi gerufen. Fina kletterte als Erste auf die Rückbank, machte es sich bequem und schien auf der Stelle einzuschlafen.
»Danke, Tilly«, sagte Marc und umarmte mich. Auf eine sehr kumpelhafte Art.
Ich hielt ihn fest und raunte ihm zu: »Ich hab mein Versprechen gehalten. Aber du bist ein übler Verräter, bei von Lahnstein zu spielen! Du hast drauf spekuliert, dass ich auf Ruperts Forderung, solo zu spielen, nicht eingehe und Charles Bonham und die anderen nicht kommen, richtig? Und du hättest uns niemals unterstützt, weil du nicht an uns glaubst, auch richtig? Weißt du, ich bin echt froh, dass das mit uns nichts geworden ist.«
Ohne ihn noch einmal anzusehen, ging ich zurück in die alte Fabrik.
23
Am nächsten Morgen stand ich schon um sechs Uhr auf, um mich für Finas standesamtliche Trauung zurechtzumachen. Ich hatte gestern Nacht noch spontan beschlossen, mich meiner Schwester zuliebe ganz anders anzuziehen als sonst, und das bedurfte der Vorbereitung. Ich hatte nämlich nichts zum Anziehen dabei, das sich für eine ordentliche Trauzeugin eignete. Also fuhr ich in meine Wohnung im Grindelviertel und durchkämmte dort den Kleiderschrank. Ich probierte ein paar Outfits durch, musste aber einsehen, dass sich ein Noteinkauf nicht vermeiden ließ. Also rief ich Tim an und bekniete ihn, mir zu helfen.
Wir trafen uns um Punkt zehn vor der Europapassage, der großen Einkaufspassage zwischen Jungfernstieg und Mönckebergstraße, und stürmten eilig die Geschäfte. Es war ein kühler, aber sonniger Frühlingstag, ich verweigerte Kleider und Röcke (nicht in Anwesenheit von Fina, schon gar nicht, wenn sie im Chanelkleid aufkreuzte), und so votierte Tim für einen klassischen Hosenanzug.
»Die gibt es auch in schön«, versicherte mir Tim.
»Hier?« Ich drehte mich zweifelnd um die eigene
Achse, legte den Kopf in den Nacken und sah nach oben. Ein riesiges Einkaufszentrum, sicher,
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