Fuer immer und ledig - Roman
behauptete ich verzweifelt.
Enttäuscht ließ er meinen Arm los und schüttelte den Kopf. »Bis vorhin dachte ich, dass jemand, der so wunderbar spielt wie Sie, ein wirklich liebenswerter Mensch sein muss. Da war ich wohl ganz schön naiv.« Er drehte sich um und verschwand in der betrunkenen Besuchermenge.
22
Ich rannte Fina nach, fand sie aber eine ganze Weile nicht. Ich suchte das Gebäude von oben bis unten ab. Keine Fina. Dann stürmte ich raus, um sie dort zu suchen, und fand sie endlich zusammengesunken wie ein Häufchen Elend auf dem Bürgersteig vor dem Fabrikgelände sitzen. Ganz unelegant. Mitten auf dem Boden.
»Was mach ich denn jetzt?«, schluchzte sie. Sie schien es zu sich selbst zu sagen, mich hatte sie noch gar nicht wahrgenommen.
»Fina«, sagte ich leise. »Darf ich das erklären?«
Sie zuckte zusammen, drehte sich zu mir, die Bewegungen durch den Alkohol etwas verzögert, und schüttelte schließlich den Kopf. »Das war ja wohl deutlich«, heulte Fina.
Ich setzte mich neben sie und wertete es als Hoffnungsschimmer, dass sie nicht protestierte und auch nicht mit der Sektflasche nach mir warf, die sie mit einer Hand umklammert hatte. Allerdings wusste ich immer noch nicht, was ich zu ihr sagen sollte. Ich hatte Marc versprochen, nichts über unsere Affäre zu sagen. Niemals. Musste ich mich an das Versprechen halten?
Wäre es nicht besser, mit der Wahrheit rauszurücken? Nur, was brachte das? Marc liebte Fina, nicht mich. Fina liebte Marc, das sah ich ihr an. Ihr Schmerz war echt und hatte nichts mit verletzter Eitelkeit zu tun. Verletzte Eitelkeit sah bei Fina anders aus. Es wäre also niemandem geholfen, wenn die Wahrheit herauskäme. Nicht einmal mir, denn ich hatte nun endlich auch begriffen, wie viele Kilometer die Lebenswege von Marc und mir auseinanderlagen. Und das meinte ich nicht nur geografisch.
Also sagte ich: »Weißt du, dass Marc und ich uns von früher kennen? Wir waren zur gleichen Zeit an der Hochschule. Damals hingen wir ziemlich viel miteinander rum.«
Sie schüttelte den Kopf. »Wusste ich gar nicht. Also, dass ihr so viel miteinander … Hattet ihr damals schon was miteinander?«
Ich holte tief Luft. »Wir hatten mal was miteinander, das ist richtig. Aber … diese Geschichte ist sechs Jahre alt. Der Marc, den du kennst, hat nichts mit dem Marc von damals zu tun. Und den Marc, den du heiraten wirst, find ich auch längst nicht mehr attraktiv. Das kannst du mir glauben.«
Sie wischte sich die Tränen weg. Eigentlich verschmierte sie in erster Linie ihr Make-up, aber das würde ich ihr vielleicht später sagen. »Tilly, das hättet ihr mir sagen müssen.«
Ich nickte. »Das war saublöd.«
»Vor allem hätte er es mir schon vor Ewigkeiten sagen müssen.«
»So was ist nicht immer ganz leicht«, improvisierte ich. »Vielleicht hatte er Angst, dass du ihn dann verlässt. Er wusste ja, dass wir … uns nicht so gut verstehen.«
Sie machte ein Geräusch, das sich sehr nach Grunzen anhörte.
»Und das Foto? Ist das ein altes Bild?«
Auf die Idee war ich gar nicht gekommen - ein altes Bild? Konnte ich ihr das glaubhaft verkaufen? Nein, konnte ich nicht. Es war in der Küche unseres Künstlerhauses aufgenommen worden, und die Bildkomposition war eindeutig die Handschrift von Dorothee. Vor sechs Jahren hatte ich weder meinen Proberaum in der alten Fabrik, noch kannte ich diese Frau.
Daher sagte ich: »Das Bild war kein Schnappschuss. Es ist gestellt. Sie braucht es für eine Serie. Alle von uns stehen für sie Modell, dauernd. Tiffy zieht sich sogar hin und wieder für sie aus. Na ja, nicht ganz. Aber sie zieht schon sehr viel aus …«
»Tiffy knutscht dafür aber nicht mit einem Kerl«, seufzte Fina. Ihr liefen immer noch Tränen übers Gesicht.
»Das war kein Knutscher. Schau dir das Bild doch noch mal an. Er beugt sich nur mit dem Kopf über meine Schulter. Mehr auch nicht. Außerdem … außerdem hab ich doch einen Freund. Also … Liebhaber. Also … ich hab jemanden.«
Sie sah mit einer Mischung aus Staunen und Hoffen auf. »Und warum weiß ich nichts davon? Der Typ im ›Carls‹ war doch schwul? Bist du wieder mit deinem Ex zusammen?«
»Ach nein«, wiegelte ich ab. »Es ist jemand … anderes. Und es ist noch ein bisschen … geheim. Und neu. Also frisch. Da spricht man doch noch nicht drüber.«
»Wenn man frisch verknallt ist, geht man nicht fremd«, sagte Fina nachdenklich und bekam Schluckauf.
»Genau. Siehst du, da hast du dir total umsonst
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