Für immer untot
höher. »Du hast Senator Marlowe in Brand gesetzt?«
»Nicht absichtlich. Wir befanden uns im Senatssaal, und er kam mir ein wenig zu nahe…«
»Im Senatssaal?«
Ich runzelte die Stirn. In Mirceas Gesicht zuckte es. »Ja, er brachte mich zu einem Treffen mit der Konsulin… «
»Du hast ihn im Senatssaal in Brand gesetzt, in Anwesenheit der Konsulin?«
»Es war nur ein kleines Feuer. .«, sagte ich und brach ab, weil Mircea zu lachen begann. Sein ganzes Gesicht geriet in Bewegung, und er zeigte weiße Zähne in einem unwiderstehlichen Mund. »Er hat es ausgemacht«, fügte ich hinzu.
Mircea lachte weiter.
»Dulceafä«, sagte er schließlich, »so gern ich das auch gesehen hätte: Du solltest vermeiden, eine solche Darbietung heute Abend zu wiederholen.«
»Ich bin kein…«
»Ich erwähne das nur, weil Ming-de eine Audienz wünscht.«
»Was?«
Mircea nickte zur anderen Seite des Raums, wo vier Leibwächter die chinesische Version der Konsulin umringten. »Es wäre besser, darauf zu verzichten, die Kleider der chinesischen Kaiserin in Flammen aufgehen zu lassen.«
»Sie sieht beschäftigt aus«, sagte ich schwach. Das stimmte – eine ganze Gruppe von Bewunderern war bei ihr versammelt –, aber ich hatte genug von superschönen Frauen. Mircea antwortete nicht und zog mich am Arm, den ich bei ihm eingehakt hatte, durch den Raum.
Wir blieben vor dem Podium stehen, auf dem Ming-de ihren thronartigen Sessel geparkt hatte. Er war ebenfalls mit Drachen geschmückt, die sich um die Rückenlehne wanden, aber wenigstens bewegten sie sich nicht. Im Gegensatz zu den Fächern, die zu beiden Seiten der Kaiserin wie aufgeregte Schmetterlinge hin und her schwangen. Niemand hielt sie, denn die Hände der Leibwächter waren mit den Speeren beschäftigt, die vermutlich nur Zeremonienzwecken dienten – immerhin handelte es sich um Vampire. Die Kanten der Fächer waren rasiermesserscharf: Sie konnten der zierlichen Dame nicht nur Luft zufächeln, sondern auch Fleisch zerhacken, wenn es sein musste.
Ich war von dem Spektakel namens Ming-de so gefesselt gewesen, dass ich sie erst sprechen hörte, als Mircea mich mit dem Fuß anstieß. Daraufhin wandte ich den Blick von den Fächern ab und sah in dunkle Augen, die in einem kleinen ovalen Gesicht glänzten. Ming-de sah wie zwanzig aus, und ja, sie war beeindruckend hübsch. Ich seufzte. Natürlich wollte sie Mircea sehen.
Aber sie sah ihn gar nicht an. Ich fragte mich, ob ich vielleicht ein Schild mit der Aufschrift OPFER EINES BÖSARTIGEN ZAUBERS, KEINE GEFAHR tragen sollte, bevor jemand auf den Gedanken kam, die Konkurrenz aus dem Weg zu räumen. Ming-de streckte eine Hand mit absurd langen roten Fingernägeln aus.
Ich war ganz darauf konzentriert – allein der Daumennagel musste fünfzehn Zentimeter lang sein und wölbte sich wie eine Feder nach außen –, und deshalb bemerkte ich erst nach einigen Sekunden, dass sie mit etwas auf mich zeigte.
Es handelte sich um einen Stab mit einem hässlichen braunen Knoten am Ende.
Ich schreckte zurück, damit er mir nicht das Herz aus dem Leib schnitt oder so.
Aber der Stab folgte mir, bis es mir gelang, den Blick darauf zu richten, obwohl er direkt vor meiner Nase schwebte. Aus dem Knoten wurde ein Schrumpfkopf mit einer kleinen blauen Kapitänsmütze auf dem dünnen Haar.
»Ihre Erlauchte Majestät, Kaiserin Ming-de, Heilige Hoheit von Gegenwart und Zukunft, Herrin von zehntausend Jahren, möchte dir eine Frage stellen«, sagte der Schrumpfkopf gelangweilt. Seine monotone Stimme brachte Abscheu mir, der Kaiserin und dem Rest der Welt gegenüber zum Ausdruck.
Ich blinzelte. »Du bist kein Chinese.« Der britische Akzent verriet ihn. Hinzu kam der Umstand, dass die übrig gebliebenen Haarsträhnen rot waren.
Der Kopf seufzte schwer. »Als Chinese könnte ich wohl kaum dolmetschen, oder? Und woher weißt du das?«
»Nun, ich…«
»Es liegt am Hut, nicht wahr? Sie zwingt mich, ihn zu tragen, damit die Leute fragen.«
»Damit sie was fragen?«
»Siehst du? Es funktioniert immer. Es gehört zu meiner Strafe, dass ich Hinz und Kunz die tragische Geschichte meines Lebens und meines schmerzvollen Todes erzählen muss, bevor sie bereit sind, eine einfache Frage zu beantworten.«
»Na schön. Entschuldige. Wie lautet die Frage?«
Der Kopf musterte mich argwöhnisch. »Du willst nicht von meinem tragischen Leben und meinem schmerzvollen Tod erfahren?«
»Nein, eigentlich nicht.«
Plötzlich wirkte der Kopf beleidigt. »Und
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