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Für immer untot

Für immer untot

Titel: Für immer untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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genoss. Unten erhellten hier und dort kleine Lichter Teile der Welt zwischen den Schatten, und die Seine spiegelte den Schein der Mondsichel. Ich befand mich auf Notre Dame. Irgendwie war ich zum Ausgangspunkt zurückgekehrt.
    Meine Arme waren müde, die Schultern schmerzten, und es ging ziemlich weit hinab. Mit einigen leisen Flüchen zog ich mich über die Brüstung und sank aufs Dach, als die Knie unter mir nachgaben. Eine Zeit lang genoss ich das herrliche Gefühl, etwas Festes unter mir zu haben, das sich nicht bewegte. Das steinerne Dach war kalt und nass von halb geschmolzenem Schnee, aber für eine Sekunde dachte ich ernsthaft daran, es zu küssen.
    Die Sterne schienen sich über mir zu drehen, und ich saß keuchend da, bis ihre Bewegungen aufhörten. Die Kugel lag einige Meter entfernt, und ich beobachtete ihr pulsierendes Licht an der hohen Brüstung. Wenigstens konnte mir Pritkin nicht folgen, und dieser Gedanke munterte mich auf.
    Ich sah mich nach Pritkins Kleidung um, die überall verstreut lag, weil sich bei der Landung die Schleppe meines Kleids gelöst hatte. Ich sammelte sie ein und begann damit, jedes Stück zu untersuchen. Meine Beute bestand aus: einer Wollhose, einem weißen Leinenhemd mit Kordeln an Hals und Ärmeln, einem Gürtel mit Fläschchen, die Zaubertränke aller Art enthielten, zwei Stiefeln aus dickem Leder und warmen Wollsocken.
    Letztere betrachtete ich nicht ganz ohne Schuldgefühle. Ich hatte nicht angenommen, dass sich Pritkin wirklich ganz auszog und selbst die Strümpfe ablegte. Offenbar hatte er gedacht, dass eine Abmachung eine Abmachung war, und ich hatte bei meiner Forderung keine Ausnahmen genannt. Oder vielleicht hatte er sich wegen des Offenbarungszaubers bei mir schlecht gefühlt und geglaubt, dass er sich wenigstens kalte Füße verdient hatte… Nein, wahrscheinlich nicht. Aber trotzdem: Was die Socken betraf, bekam ich ein paar Gewissensbisse.
    Was mich aber nicht daran hinderte, sie über die Füße zu streifen. Die Stiefel waren zu groß, aber ich zog sie trotzdem an und schnürte sie so fest wie möglich zu. Ich hatte meine Schuhe irgendwo über Paris verloren und wollte mich nicht barfuß auf die Suche nach Mircea machen.
    Zweimal ging ich alles durch, und anschließend sah ich mir die Sachen noch ein drittes Mal an, überprüfte jeden Saum und hielt nach verborgenen Taschen und dergleichen Ausschau. Ich hielt sogar die Fläschchen ins Licht, für den Fall, dass Pritkin ein Stück Papier in ihnen versteckt hatte, aber Fehlanzeige. Keine Karte.
    Natürlich nicht, dachte ich wütend. Ich hatte gehofft, dass er nicht richtig nachgesehen hatte, in der festen Überzeugung, dass sie von mir gestohlen worden war. Aber er schien die Wahrheit gesagt zu haben. Er hatte die Karte tatsächlich verloren. Was bedeutete, dass sie überall sein konnte.
    Möglicherweise lag sie auf dem Schiff oder irgendwo auf der Straße, die zu einem Schlachtfeld geworden war. Oder sie war Pritkin aus der Tasche gefallen, als er an seinem Schild-Fallschirm gehangen hatte. Ich würde sie nie finden.
    Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, beugte mich über die Brüstung und versuchte festzustellen, ob etwas hinuntergefallen war. Vom Himmel kam mehr Licht als von der Stadt, deren Gebäude schwarze Schatten warfen, die alles auslöschten – große Teile der Welt schienen einfach zu fehlen. Aber das berühmte Rosenfenster glühte in der Dunkelheit so hell wie ein Scheinwerfer und erhellte das Kopfsteinpflaster vor dem Haupteingang der Kathedrale.
    Nichts lag dort.
    Ich stand noch immer an der Brüstung und überlegte, wie ich vorgehen sollte, als es am Nachthimmel gelb blitzte. Ich hob den Kopf und sah die eine Hälfte eines zornigen, nackten Kriegsmagiers aus einer Ley-Linie ragen.
    Sein Haar wehte, als er direkt auf mich zuraste. Ich stieß einen erschrockenen Schrei aus, wich zurück und verfluchte mich. Pritkin wirkte nicht mehr so erschöpft wie vorher. Und mit seinen Schilden brauchte er keine Kleidung oder irgendwelche Spielzeuge, um Zugang zu den Ley-Linien zu bekommen. Rasch formte ich eine Art Beutel aus der Schleppe, steckte die Waffen hinein und lief los.
    Er landete direkt hinter mir, mit wütend funkelnden Augen und Rauch, der aus seinem Haar kräuselte – ein Teil der Linien-Energie schien die überstrapazierten Schilde durchdrungen zu haben. Zum ersten Mal sah er seinem Vater ähnlich.
    Ich sah mich um und entdeckte eine Holztür im Glockenturm. Zum Glück war sie nicht

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