Für immer untot
Es kommt auf Tonfall und Ausdrucksweise an, darauf, wie man die Worte liest. Die eine Art öffnet eine Tür; die andere schließt sie.«
»Welche Tür?«
»Die Tür zwischen den Welten. Rosier fürchtet, dass der Zauber umgekehrt werden könnte, wenn ihn jemand findet, dass damit eine Tür für Rivalen geöffnet wird, mit der es seine Gruppe seit langer Zeit nicht mehr zu tun bekommen hat. .« Pritkin hatte in dem Papierstapel an seiner Seite geblättert und ein Blatt genommen. Es musste die Übersetzung sein, mit der Nick beschäftigt gewesen war, es sei denn, ephesische Priester hatten liniertes Notizbuchpapier verwendet. Er hielt unwillkürlich den Atem an.
»Was ist das?«, fragte er dann.
Ich warf einen Blick darauf. »Nick war dabei, den Gegenzauber für den Geis zu übersetzen.«
»Das ist nicht der Gegenzauber«, sagte Pritkin und wurde kreideweiß im Gesicht. Ich sah auf das Blatt Papier hinab, doch die niedergeschriebenen Worte ergaben kaum einen Sinn für mich.
ASKION: Die Schattenlosen. Wo einst Götter herrschten. KATASKION: Die mit Schatten. Die Menschen heute. LIX: Erde. Die Erde ist blockiert. TETRAX: Zeit.
Zum Hüter der Zeit.
DAMNAMENEUS: Sonne überwältigt. Hiermit wird die Sonne überwältigt.
AISION: Wahre Stimme. Und das Orakel spricht mit einer wahren Stimme.
Pritkin packte mich an den Armen. »Bring uns zurück, schnell!«
»Zurück wohin?«
»Zu dem Moment, als Nick aufstand. Ich muss ihn daran hindern, das Zimmer zu verlassen!«
»Warum? Was hat er. .«
»Ich habe keine Zeit, es dir zu erklären. Bring uns zurück!«
Ich strich mir eine Haarsträhne aus dem Auge und versuchte, mich zu konzentrieren. Meine Güte, ich war fix und fertig. »Ich kann derzeit nicht springen. Vielleicht morgen… «
Pritkin fluchte. »Wenn wir ihn nicht finden, gibt es kein Morgen!« Und er flitzte los. Ich sah nicht einmal, wie er hinauslief, kriegte nur mit, dass die Tür hinter ihm zufiel.
Sechsundzwanzig
Und dann ging das Licht aus. Ich saß im Dunkeln und dachte ernsthaft daran, den Kopf auf den Tisch zu legen und zu schlafen. Es war bequem und ruhig hier unten, und vielleicht würde mich bis zum nächsten Morgen niemand finden.
Wenn es einen nächsten Morgen gab.
Ich stöhnte und stand auf. Was ich immer geahnt hatte, sah ich nun bestätigt: Verantwortung nervte.
Ich tastete umher, bis ich sicher war, den ganzen Codex zu haben, rollte die Blätter zusammen – mit der Übersetzung des Zaubers, den ich nicht brauchte – und schnürte ein Gummiband darum. Dann schob ich mir die ganze Angelegenheit ins Korsett. Mircea hatte es nicht so fest zugeschnürt wie Sal, aber es saß noch immer ganz schön eng, und mit der dicken Pergamentrolle wurde das Atmen zu einem Problem. Aber wenigsten konnte man mir den Codex nicht einfach so wegschnappen, solange er da drin steckte. Es war alles in Ordnung, wenn ich vermied, durch Sauerstoffmangel in Ohnmacht zu fallen.
Ich schlich in den Flur und versuchte, mich daran zu erinnern, wie weit es bis zur Feuertreppe war. Aber an solche Dinge dachte man nicht, wenn das Licht an war. Als ich glaubte, etwa die richtige Strecke zurückgelegt zu haben, packte mich plötzlich jemand.
Ich schrie, und jemand anders rief etwas, und dann wurde ich gegen die Wand gestoßen. Es tat weh, und mit meiner Stimmung stand es ohnehin nicht zum Besten. Deshalb übte ich nicht die geringste Zurückhaltung, als ich der Gestalt vor mir das Knie zwischen die Beine rammte.
»Du solltest besser hoffen, dass keine Narben zurückbleiben!«, zischte Casanova.
»Du bist ein Vampir. Es wird heilen. Was machst du hier?«
»Es ist mein Kasino!«, erwiderte er ein wenig schrill. »Ich habe ein Recht darauf, hier zu sein. Du und deine Strolchenbande habt kein Recht darauf und solltet von hier verschwinden, bevor noch mehr Unheil geschieht!«
»Mit dem Vermeiden von Unheil vergeude ich inzwischen kaum mehr Zeit. Mit geht es vor allem darum, meinen Tod zu vermeiden und zu verhindern, dass Mircea wahnsinnig wird. Und da wir gerade dabei sind…«
»Der Senat ist nicht hier, aber ich habe eben erfahren, dass er unterwegs sein soll. Und ich bin in diesem Job noch nicht bestätigt worden, wie du sehr wohl weißt! Wie stehe ich da, wenn die Konsulin erscheint und alles stockdunkel ist?«
»Warum kommt sie denn hierher?« Das hatte mir gerade noch gefehlt.
»Woher zum Teufel soll ich das wissen? Sehe ich wie jemand aus, der ständig über die Angelegenheiten des Senats auf dem Laufenden
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