Für immer untot
mich in seinem Reich befunden, unter seiner Kontrolle, und deshalb wäre es vielleicht recht ungesund gewesen, Nein zu sagen. Ich hatte Kost und Logis für einen Freund gebraucht, einen Vampir namens Tomas, an dem einen Ort, den selbst die langen Arme des Senats nicht erreichen konnten. Und der König hatte mir Hilfe bei der Lösung des größten Rätsels meines Lebens versprochen.
Tony hatte es immer vermieden, mir von meinen Eltern zu erzählen, um mir und vor allem sich selbst Ärger zu ersparen. Schließlich war mir doch zu Ohren gekommen, dass er meine Eltern mit einer Autobombe umgebracht hatte, um meine Talente ganz für sich allein zu haben. Oder vielleicht hatte es ihm einfach nur gefallen, ein verdammter Mistkerl zu sein. Er war immer bestrebt gewesen, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden.
Aus reiner Rachgier hatte er beschlossen, es nicht beim Tod meines Vaters zu belassen. Er war Angestellter bei Tony gewesen, einer der Menschen, die sich tagsüber um seine Geschäfte kümmerten, und er hatte sich geweigert, mich Tony zu überlassen. Niemand verweigerte dem Boss den Gehorsam, ohne dafür bestraft zu werden. Tony beauftragte einen Magier, eine magische Falle für den Geist meines Vaters vorzubereiten, was ihn in die Lage versetzte, ihn übers Grab hinaus zu quälen.
Ich hoffte, Tony eines Tages seine Trophäe aus den kalten Fingern reißen zu können, aber dazu musste ich ihn zuerst finden. Und bei meiner letzten Reise ins Feenland hatte sich herausgestellt, dass ich es mit den dortigen Bewohnern nicht aufnehmen konnte. Ohne die Hilfe des dunklen Königs kam ich nie auch nur in die Nähe des Schlupflochs, in dem Tony sich versteckte. Und aus irgendeinem Grund war der König ebenso scharf auf den Codex wie ich. Was mich ziemlich beunruhigte, wenn ich mir die Zeit nahm, darüber nachzudenken.
»Was ist mit Ihrem Hals passiert?«, fragte Pritkin.
Ich hob die Hand zum Tuch über den Bissmalen. Der Wattebausch, den ich auf die Wunde gelegt hatte, ragte ein wenig darunter hervor. Klar, dass Pritkin das Ding bemerkt hatte, und natürlich verzichtete er nicht auf einen Kommentar.
»Hab mich beim Rasieren geschnitten.«
»Sehr komisch. Was ist passiert?«
Ich zögerte und versuchte, mir eine gute Lüge einfallen zu lassen, aber Pritkin schnaubte. Ich seufzte. »Mircea ist passiert.«
»Wo ist er?« Pritkin war schon halb auf den Beinen, als ich den Kopf schüttelte.
»Immer mit der Ruhe. Ich bin zu ihm gegangen, nicht umgekehrt.«
»Sie sind zu ihm gegangen? Warum?«
Meine Finger strichen Muster in den Staub eines nahen Buchdeckels. Das Leder darunter war brüchig und sah nach Schlange aus. »Ich bin unabsichtlich gesprungen.«
»Wie können Sie unabsichtlich…«
»Weil es schlimmer wird!« Ich versuchte, Pritkins gekritzelte Notizen zu lesen, aber sie waren in einer mir unbekannten Sprache abgefasst. »Irgendetwas gefunden?«
»Nein.« Er bemerkte meinen Gesichtsausdruck. »Ich habe Ihnen ja gesagt, dass es dauern kann.«
»Und was soll ich in der Zwischenzeit machen? Ich hab’s satt, zu kellnern und Aushilfsarbeiten für Casanova zu erledigen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich den Verstand verlieren könnte.«
»Könnte?«, murmelte die Fee.
Pritkin starrte auf die Bücherstapel, als hätten sie gerade seine Mutter beleidigt.
Schließlich zog er einen großen blauen Band hervor. »Ihnen droht keine unmittelbare Gefahr, sofern Sie auf weitere ›Unfälle‹ mit Mircea verzichten.«
»Und was ist mit ihm?«, fragte ich. »Es wird schlimmer.«
»Er ist ein Meistervampir. Er wird damit fertig.«
Ich gab keine Antwort, langte über den Tisch, nahm den Deckel von der kleinen weißen Kanne neben Pritkin und sah hinein. Die restliche Flüssigkeit darin war grün und hatte ein angenehmes Blumenaroma. Chrysanthemen, vermutete ich.
Ich sah auf und begegnete Pritkins bösem Blick.
»Ich weiß, dass Sie dahinterstecken«, sagte er.
Ich hatte Miranda vor zwei Tagen gebeten, den schwarzen Sirup, den er Kaffee nannte, durch etwas Harmloseres zu ersetzen, nachdem er mir bei seinem letzten Koffeinrausch fast den Kopf abgerissen hätte. Ich war ziemlich sicher, dass er mogelte, aber ich erwischte ihn nicht dabei. Bestimmt konnte er nicht ohne seine tägliche Dosis überleben. Oder besser gesagt: Niemand konnte ihn ohne seine tägliche Dosis überleben.
»Sie sind das beste mir bekannte Argument für koffeinfreien Kaffee«, sagte ich.
»Finden Sie es nicht seltsam, Bohnensprossen und Tofu
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