Für immer untot
ich fühle nichts.«
»Geben Sie sich mehr Mühe bei der Suche nach ihm«, drängte Nick. »Er ist jetzt nicht mehr in der Position, irgendetwas zu verlangen. Wenn es Ihnen gelingt, einen Kontakt mit ihm herzustellen, lässt er sich vielleicht dazu bewegen, uns Auskunft zu geben.«
»Wenn er noch hier ist, findet Billy ihn. Wenn nicht. .« Ich zuckte mit den Schultern. »Ich mache nichts, um Geister anzulocken, also kann ich mir auch nicht ›mehr Mühe‹ geben. Sie erscheinen einfach, wenn ich in der Nähe bin.«
»Wir können es uns nicht leisten, noch länger zu bleiben.« Nick sprach ruhig, aber in seiner Stimme gab es einen warnenden Unterton, der mich beunruhigte.
Plötzlich fragte ich mich, warum es hier nicht von Kriegsmagiern wimmelte. Es war ihr Job, bei Morden in der übernatürlichen Welt zu ermitteln, und an diesem Ort schien es genug Leichen zu geben, um sie für eine Weile beschäftigt zu halten. Ich hatte gerade einen Fuß entdeckt, der hinter dem Bett hervorragte und ein viel menschlicher wirkendes goldenes Braun zeigte. Ich sah nicht nach, um festzustellen, ob er noch mit etwas verbunden war.
»Wie lange dauert es noch, bis alle anderen auftauchen?«, fragte ich voller Unbehagen. Pritkin und die übrigen Magier standen nicht unbedingt auf gutem Fuß miteinander, und ich wollte nicht da sein, wenn sie sich begegneten.
»Keine Ahnung. Aber Saleh stand unter einem vom Rat erlassenen Interdikt.«
Nick sah meinen Gesichtsausdruck. »Das ist wie Bewährung«, erklärte er.
»Wenn er nicht zum wöchentlichen Treffen erscheint, wird jemand hierhergeschickt.«
»Mist.« Ich wollte zur Tür eilen, aber Nick hielt mich fest.
»Was ist, wenn Sie die Leiche berühren? Würde das eine stärkere Verbindung schaffen?«
Ich starrte ihn entsetzt an. »Das Ding fasse ich nicht an!« Mir wurde allein bei der Vorstellung schlecht.
»Wie wäre es mit etwas, das ihm gehört hat?« Bevor ich ihn daran hindern konnte, durchquerte Nick das Zimmer und zog am Hemd des Toten. Ich glaube, er wollte für mich ein Stück davon abreißen, aber das tote Fleisch klebte daran fest und löste sich vom Knochen, wie bei einem garen Fisch. Das Hemd öffnete sich dort, wo Nick es anfasste, und ich erhaschte einen Blick auf die Leiche und stellte überrascht fest, dass sie sich bewegte. Dann begriff ich, was sich dort bewegte: Maden unter der Haut. Ich würgte und hätte fast gekotzt.
»Mir langt’s, ich verschwinde.« Ich wankte durch die Tür und traf auf Pritkin, der durch den Flur kam. »Wo ist das Badezimmer?«
»Zwei Türen weiter auf der linken Seite. Es ist niemand drin.«
Für einen Moment wusste ich nicht, was er meinte. Wir waren zu dritt aufgebrochen, um mit einem Toten zu reden – Billy nicht mitgezählt, aber er musste schon seit einer ganzen Weile nicht mehr aufs stille Örtchen. Dann wurde mir klar: Pritkin wies mich daraufhin, dass keine Leichen im Badezimmer lagen. Vor meinem inneren Auge sah ich den aufgeblähten Körper hinter mir, würgte erneut und lief.
Meinem Kleid schien das Badezimmer besser zu gefallen als das Schlafzimmer mit dem Toten. Im Spiegel sah ich ein zögerndes blasses Rosa, wie der Himmel vor Sonnenaufgang. Aber die Sonne ging nicht auf, obwohl ich eine lange Minute am Becken stand und versuchte, die letzte Mahlzeit im Magen zu behalten. Ich konnte es ihr nicht verdenken.
Ich war gerade damit fertig, mir Hände und Gesicht zu waschen, als ein vager Nebel aus dem Abfluss kam. Ein kalter silbriger Glanz ging davon aus, und direkt vor dem Spiegel bildete er ein Gesicht, wie eine Fata Morgana aus Dampf.
Es war undeutlich, und ihm fehlte die Fast-Substanz anderer Geister, die ich sah. Ich blinzelte, aber das Gesicht verschwand nicht. »Ist es jetzt sicher?«, fragte es mit zittriger Stimme.
»Ah«, erwiderte ich und kam mir ziemlich dumm vor. Eine intelligentere Antwort fiel mir nicht ein. In der Vergangenheit war ich bei einigen denkwürdigen Gelegenheiten Geistern begegnet, die noch gar nichts von ihrem Tod wussten. Und es gefiel niemandem, in dieser Hinsicht auf den neuesten Stand gebracht zu werden.
Die dunstigen Augen gerieten in Bewegung, lösten sich aus dem Nebelgesicht, schwebten umher und sahen sich um. Eins glitt unter der Tür hindurch, und ich verzog das Gesicht, in Vorahnung dessen, was gleich kommen würde. Einige Sekunden später öffnete sich schockiert der Mund, doch es kam kein Laut heraus.
»Ich weiß, dass es schlimm ist«, plapperte ich. »Aber ein besserer Ort
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