Für jede Lösung ein Problem
Bundesverdienstkreuz, weil sie ihre Eizellen der Wissenschaft zur Verfügung gestellt haben.«
»Sie sind also auch zu einer Familienfeier hier?«
»Ja«, sagte Adrian. »Im Kristallsaal.«
»Oh, der siebzigste Geburtstag«, sagte ich.
»Genau«, sagte Adrian. »Mein Vater.«
»Wir sind nebenan im Spiegelsaal und feiern Tante Alexas Silberhochzeit«, sagte ich. »Mit kleinem Streichorchester.«
»Wir haben eine a-capella-Band und einen Zauberer.«
»Dafür haben wir eine fünfstöckige Hochzeitstorte«, sagte ich. »Mit Silberglasur!«
»Mein Onkel wird ein dreihundertstrophiges Gedicht vortragen«, sagte Adrian.
»Wir singen selbstgedichtete Reime auf die Melodie von Horch was kommt von draußen rein «, sagte ich.
»Meine Mutter wird eine Laudatio auf meinen Vater und seine drei wunderbaren Söhne halten, sie wird Nikolaus in den Himmel loben, Freudentränen über Alban vergießen und dann seufzen und sagen nicht zu vergessen unser Jüngster, Gregor, der es wieder mal nicht geschafft hat, sich seine Krawatte ordentlich zu binden , worüber alle lachen werden.«
»Meine Tante und mein Onkel werden einen Walzer tanzen, und alle müssen mitmachen«, sagte ich. »Ich bin vermutlich wieder mal die einzige Single-Frau auf dieser Party, und der einzige Single-Mann ist mein Großonkel August, demnächst dreiundneunzig. Beim Tanzen muss ich seinen Urinbeutel halten.«
»Okay, Sie haben gewonnen«, lachte Adrian.
»Ihre Krawatte ist wirklich nicht richtig gebunden«, sagte ich.
»Ich weiß«, sagte Adrian. »Ich habe in den Gelben Seiten nachgeschaut, aber es gab keinen Krawattenbinde-Notfalldienst.«
»Ich könnte Ihnen helfen«, sagte ich.
»Woher können Sie denn einen Krawattenknoten binden?«, fragte Adrian misstrauisch.
»Oh, das hat meine Mutter uns beigebracht«, sagte ich. »Sie meint, so etwas muss ein anständiges Mädchen können.« Ich löste vorsichtig das knubbelige Krawattengebilde an seinem Hals und strich die Krawatte glatt. »Wir durften an meinem Vater üben. Er bekam seine Krawatte jeden Morgen gleich viermal gebunden. Er musste dafür eine Viertelstunde früher aufstehen. Aber es hat sich gelohnt. Sehen Sie? Ein perfekter Knoten.«
Adrian fasste sich an den Hals. »Oh, Sie sind ein Engel. Wirklich! Ich wette, jetzt weiß meine Mutter überhaupt nicht, wie sie mir in ihrer Rede einen reinwürgen soll.«
»Ach, da wird ihr doch sicher was anderes einfallen«, sagte ich. »Wenn ich Ihre Mutter wäre, würde ich eine gemeine Bemerkung über Ihre Frisur machen.«
»Was stimmt damit nicht?«
»Es sieht so – gebürstet aus«, sagte ich.
»Oh, das mag meine Mutter«, sagte Adrian.
»Sind Sie sich da sicher?«
»Waren wir nicht eigentlich längst beim Du?«, fragte er zurück.
»Tiluri? Bist du das?«, rief jemand hinter mir auf der Treppe.
»Oh nein!«, sagte ich, ohne mich umzudrehen. »Meine Mutter.«
»Die Dame in Lila?«
»Flieder«, sagte ich.
»Lavendel«, verbesserte meine Mutter, die jetzt neben mir stand und einen intensiven Duft von Calèche verströmte. »Wir können aufatmen, Kind! Deine Cousine Diana ist allein gekommen – Marie-Luise sagt zwar, der Börsenmakler liegt zu Hause krank im Bett, aber wir wissen doch alle, dass es zwischen den beiden aus ist! Was stehst du hier denn noch herum? Alle warten auf dich.«
»Ich habe nur … Ich wollte …«, stotterte ich.
»Sie wollte nur mal kurz hallo sagen«, sagte Adrian. »Guten Abend – Frau Thaler, nehme ich an. Doktor Gregor Adrian. Gerri und ich haben uns hier zufällig getroffen. Meine Familie feiert heute im Kristallsaal.«
»Doktor?«, wiederholte ich perplex, während meine Mutter ihm die Hand schüttelte.
»Freut mich«, sagte sie und musterte ihn so genau, wie sie eine Paprika im Supermarkt betrachtete, bevor sie sie in den Einkaufswagen legte. »Sind Sie Lurigerris Zahnarzt?« Hier machte mein Herz einen Riesensatz, weil ich für einen Moment glaubte, meine Mutter wisse von Ole und mir.
»Oder der Gynäkologe?«, fuhr sie fort, und bei der Vorstellung daran, wie Adrian mich gynäkologisch untersuchen würde, wurde mein Gesicht so rot wie mein Kleid.
»Ich hoffe doch, sie ist gesund?«, sagte meine Mutter. »In letzterZeit war sie leicht – angeschlagen … Oh, nein, Sie sind doch hoffentlich kein Psychotherapeut ?« An dieser Stelle wäre ich noch röter geworden, aber eine Steigerung war schon nicht mehr möglich.
»Ich bin kein Arzt. Ich habe meinen Doktor in Kunstgeschichte gemacht«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher