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Für jede Lösung ein Problem

Für jede Lösung ein Problem

Titel: Für jede Lösung ein Problem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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sich gelassen in der Nase und sagte: »Bist du fertig, Gerri?«
    Und ob ich fertig war! Mit den Nerven nämlich.
    »Aber Klaus, ich habe doch gesagt, dass ich nicht mit dir gehen will«, sagte ich, und Klaus sagte: »Aber ich dachte, das meinst du nicht ernst. Kommst du?«
    Was hätte ich denn tun sollen? Ich musste ja schließlich auch an Georg denken. Es wäre doch einfach nicht gerecht gewesen, wenn Georg oder ich Klaus’ Ignoranz hätten ausbaden müssen, oder?
    Meine Mutter hat noch versucht, Georg mit einem Fünfziger zu bestechen, wieder nach Hause zu fahren, aber Georgs Eltern warteten schon unten im Wagen, um uns zur Tanzschule zu bringen. Und ich bin keineswegs hohnlachend in dieses Auto gestiegen, wie es immer heißt, sondern sehr, sehr bedrückt. Und ich habe Klaus auch keinen Stinkefinger gezeigt!
    Es gab ja doch auch noch ein Happy End. Dass Hanna Koslowski so spontan für mich eingesprungen ist, war aber doch wieder sicher in Ihrem Interesse, ein Segen für die ganze Familie und vor allem für Klaus. Ich hörte, Hanna macht sich großartig in ihrem beigefarbenen Hosenanzug und als Ersatz in Ihrer Bridgerunde. Geschäftssinn hat sie ja auch: Den Fünfziger, den meine Mutter ihr geboten hat, um Klaus’ Ehre zu retten, hat sie erfolgreich auf einen Hunderter hochgehandelt.
    Ihnen noch ein schönes Leben
    Ihre Gerri Thaler
    P. S. Beiliegend erhalten Sie ein Exemplar von »Nachtschwester Claudia unter Verdacht« – Juliane Mark ist eines meiner Pseudonyme. Ich bin sehr stolz darauf, eine erfolgreiche Liebesromanautorin zu sein und kein Schreibbüro zu betreiben.

A cht
    Zurück im Hotelzimmer zog ich als Erstes die Schuhe aus und warf mich aufs Bett. Ich war ehrlich aus dem Konzept gebracht.
    Bis jetzt war ich davon ausgegangen, dass es niemanden in meinem Umfeld gab, dem es schlechter ging als mir. Aber ich musste zugeben, dass Ole schon ziemlich arm dran war. Es war sicher nicht schön, zu erfahren, dass die Frau einen betrog. Dass einen die große Liebe schnöde hinterging.
    Auf der anderen Seite war es besser, etwas gehabt und wieder verloren zu haben, als es nie gehabt zu haben, oder? Und überhaupt – er war vielleicht heute speziell mal schlechter dran als ich, aber er hatte nur ein paar Tage Liebeskummer, ich hingegen war mein Leben lang neurotisch depressiv, und das war ja wohl viel schlimmer.
    Dutzende Frauen würden Schlange stehen, um sich auf den gutaussehenden blonden Zahnarzt zu stürzen, wenn er wieder frei war. Und wer stand bei mir Schlange?
    Eben. Und deshalb war es mein gutes Recht, dieses Leben zu beenden, ehe es noch mehr verelendete.
    Ich zog meine Schuhe wieder an und kämmte mir durchs Haar. Das Make-up war noch perfekt, nur der Lippenstift benötigte eine Auffrischung. Es war zwanzig vor neun, wenn alles gut ging, schlief ich spätestens um elf tief und fest. Für immer und ewig.
    Sie war wie eine frisch erblühte Rose, die niemand pflücken und deren Duft niemand hatte bewundern wollen. Und nun würde sie über Nacht welken, und all ihre Blütenblätter würden vom Winde verwehen.
    Das hatten sie davon.
    Seltsamerweise meldete sich in diesem Moment ein Backenzahn hinten links mit einem ziehenden Schmerz. Ich fühlte mit meiner Zunge dorthin. Nein, nein, das durfte nicht sein: Die Füllung in diesemZahn hatte Ole erst im vergangenen Jahr erneuert. Das Ziehen hörte wieder auf. Na also!
    Ich setzte mich feierlich an das Tischchen vor die ausgelegten Schlaftabletten und goss Wasser in das große und Wodka in das kleine Glas.
    »Auf dein Wohl«, sagte ich zu meinem Spiegelbild. Mein Spiegelbild sah etwas skeptisch zurück.
    »Na los«, sagte ich. »Zier dich nicht, wir haben das doch alles gründlich durchdacht. Es geht nicht anders. Es würde nur immer noch schlimmer werden, Woche für Woche, Jahr für Jahr.«
    Das Spiegelbild guckte immer noch skeptisch.
    »Arbeitslos, ehelos, obdachlos, kinderlos«, sagte ich. »Und wenn alle ihre Briefe gelesen haben, sind wir unsere Freunde auch noch los. Es gibt kein Zurück mehr. Einsam, neurotisch, depressiv, alt und faltig – willst du das vielleicht werden?«
    Mein Spiegelbild schüttelte den Kopf. Na also. Dann konnte es ja jetzt losgehen.
    Ich kippte mir den Wodka die Kehle hinunter, genau wie ich es trainiert hatte. Brrrr, scheußlich. Und jetzt die Tabletten. Ich würde mit den rosafarbenen anfangen, mich allmählich zu den hellblauen vorarbeiten und dann die weißlichgrau-gesprenkelten Reihen abgrasen. Dazwischen immer ein paar

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