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Für jede Lösung ein Problem

Für jede Lösung ein Problem

Titel: Für jede Lösung ein Problem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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bist.«
    »Na, hören Sie mal«, sagte Charly.
    »Wenn das Großtante Hulda erfährt«, sagte Tante Evelyn.
    »Was machst du eigentlich in meinem Schmuckkästchen?« Ich war zwischen Scham, Angst und Wut hin- und hergerissen.
    »Nichts«, sagte Tante Evelyn. »Dass das von vorneherein klar ist: Das ist jetzt nicht mehr deine Wohnung. Du hast sie gekündigt. Und mit dem, was du getan hast, hast du jegliches Recht verspielt, hier zu wohnen.«
    »Aber das sind trotzdem immer noch Gerris Sachen«, sagte Charly. »Und Gerris Schmuck.«
    Tante Evelyn klappte das Kästchen zu. »Wollt ihr mir etwa unterstellen, dass ich an diesem billigen Tinnef hier interessiert bin?«
    »Es sah ganz so aus«, sagte Charly.
    »Du hast nicht gefunden, was du gesucht hast, nicht wahr?« Ichmachte einen Schritt auf Tante Evelyn zu. Ich wusste genau, was in ihr vorging. »Der Aquamarinring und die Perlenkette waren nicht darin.«
    »Blödsinn! Obwohl sie mir von Rechts wegen zustünden«, sagte Tante Evelyn. »Das weißt du auch ganz genau.«
    Charly hatte beschlossen, Tante Evelyn zu ignorieren. Sie holte meinen Reisekoffer aus der Nische und warf ihn aufs Bett. »Mensch, Gerri, viele Sachen hast du ja nicht mehr! Was hast du denn mit dieser Wohnung gemacht?«
    »Ausgemistet«, sagte ich, ohne Tante Evelyn aus den Augen zu lassen.
    »Deine Mutter tut mir ehrlich leid«, sagte Tante Evelyn. »Mit so einer Tochter gestraft zu sein. Gottloser Wechselbalg, ich hab’s immer gesagt.«
    Jetzt nahm allmählich die Wut überhand. »Sag nicht immer Wechselbalg zu mir, Tante Evelyn!«
    »Aber das ist doch nicht böse gemeint«, sagte Tante Evelyn. »Du warst immer schon so überempfindlich. Nimm dich selber doch mal ein bisschen weniger wichtig.«
    »Hast du zum Thema Wechselbalg schon ein bisschen in meinem Bio-Buch geschmökert, Tante Evelyn?«
    »Du meinst, wegen der infamen Anspielungen in deinem Brief?« Tante Evelyn verschränkte die Arme. »Selbst ein Blinder kann sehen, dass Volker Reiners Sohn ist, die Haare, die krummen Beine, die Nase – falls du dachtest, damit Zwietracht säen zu können, muss ich dich enttäuschen: Dein Gift hast du umsonst verspritzt.«
    »Du musst es ja wissen, Tante Evelyn«, sagte ich und nahm mein Laptop vom Schreibtisch. »Dieser Mendel hatte sicher überhaupt keine Ahnung.«
    Charly öffnete die Kommodenschublade. »Aber ein paar Unterhosen wirst du doch wohl noch haben?«
    »Nur die schönen«, sagte ich.
    »Das sind nur drei«, sagte Charly.
    »Ja«, sagte ich und bedauerte zutiefst, all die hautfarbenen Bauch-Weg-Unterhosenweggeworfen zu haben, die mich ein Vermögen gekostet hatten.
    »Die Wohnung muss umgehend geräumt werden«, sagte Tante Evelyn. »Und gestrichen werden muss sie auch. Das wäre ja noch schöner, wenn du sie so verwohnt hinterlassen würdest und uns die ganze Arbeit dafür aufbürdest. Und die Miete für die nächsten drei Monate bist du uns auch schuldig.«
    »Hallo! Jetzt machen Sie aber mal ’nen Punkt«, sagte Charly. »Ihre Nichte hat gerade einen Selbstmordversuch hinter sich, und anstatt sich zu freuen, dass sie noch lebt …«
    »Das ist doch alles nur Show«, sagte Tante Evelyn. »Damit sie endlich mal im Mittelpunkt steht. So wie damals, als sie mit voller Absicht das Meißner Porzellan zerstört hat. Ich kenne dieses Kind seit seiner Geburt, ich weiß, wozu sie fähig ist.«
    Jetzt reichte es mir aber. »Hat Onkel Korbmacher meinen Brief eigentlich gelesen?«, fragte ich. »Oder Volker?«
    Tante Evelyn antwortete nicht. Sie sagte: »All die Jahre haben wir dich hier bei uns aufgenommen, und so dankst du es uns!«
    »Also nicht«, sagte ich. »Ich würde es ihnen auch nicht unbedingt zeigen. Obwohl, wenn Volker in der Schule im Bio-Unterricht aufgepasst hat, ist er sicher schon mal über seine Augenfarbe gestolpert. Vielleicht hat er es verdrängt.«
    »Du willst tatsächlich mit deinen infamen, falschen Anschuldigungen eine glückliche Familie zerstören, nicht wahr?« Tante Evelyns Augen glimmten förmlich.
    Charly, die alles in den Koffer gestopft hatte, was ihr in die Finger geraten war, hielt inne und sah mich erwartungsvoll an.
    »Ich will keine glückliche Familie zerstören«, sagte ich. »Aber ich will weder die nächsten drei Monatsmieten bezahlen noch hier renovieren müssen. Wenn du darauf bestehst, dann bestehe ich darauf, Onkel Korbmacher ein bisschen Nachhilfe in Vererbungslehre zu geben. Oder Großtante Hulda.«
    »Das ist Erpressung«, zischte Tante

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