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Für jede Lösung ein Problem

Für jede Lösung ein Problem

Titel: Für jede Lösung ein Problem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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hatte sie zu allem Überfluss dunkellila und cremeweiß angesprüht.
    »Obwohl es ja sehr praktisch ist, so ein Kinderzimmer gegen Schall zu isolieren, würde ich doch mal über eine Neugestaltung ohne Eierkartons nachdenken«, sagte ich, als Charly wieder mal hereinkam und sich neben mich auf das Sofa fallen ließ.
    »Du meinst, so in hellblau mit Wölkchen?«, fragte Charly. »Ja, daran habe ich auch schon gedacht. Ich habe ja Zeit ohne Ende, jetzt, wo ich nur noch in der Badewanne singen werde.«
    »Es tut mir ehrlich leid, Charly. Ich weiß, wie viel Spaß dir das Singen macht. Ich hätte es dir nicht verderben sollen.« Ich seufzte.
    »Mir machen noch einen Haufen andere Dinge Spaß«, sagte Charly. »Und leider hast du Recht: Ich bin wirklich nicht mal mittelmäßig. Ich hätte es mir ja viel früher eingestanden, wenn mich auch mal ein anderer darauf aufmerksam gemacht hätte. Aber so sind die Menschen: Die wirklich wichtigen Sachen sagen sie einander nicht. Ich finde, du bist da mit gutem Beispiel vorangegangen. Ich habe eben meinen Vater angerufen und ihm gesagt, dass er dringend mal was gegen seinen Mundgeruch unternehmen soll.«
    »Und da war er doch sicher nicht erfreut«, sagte ich.
    »Nein, aber wenn er ein bisschen darüber nachgedacht hat, wird er froh sein, dass ich es ihm gesagt habe. Alle riechen es, aber keiner gibt ihm eine Chance, es zu ändern, das ist doch nicht fair, oder? Wir sollten uns alle nicht immer mit der Wahrheit verschonen. Gerri, willst du nicht was essen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Du denkst doch nicht nur die ganze Zeit darüber nach, wie du es noch mal tun kannst?«, fragte Charly.
    »Nicht die ganze Zeit«, sagte ich. »In der Restzeit versuche ich mich zu erinnern, wem und was ich alles geschrieben habe.«
    »Aber das wird doch vielleicht noch im Computer stecken«, sagte Charly. »Oder hast du es gelöscht?«
    »Natürlich«, sagte ich. »Ich habe fast alles gelöscht, ausgemistet und weggeworfen. Ich wollte, dass nur die echten Dinge übrig bleiben, weißt du?«
    »Schon klar«, sagte Charly. »Das hat aber auch etwas Gutes. Du hast dich jetzt allen Ballastes entledigt und kannst völlig neu anfangen.«
    »Ohne Job, ohne Geld, ohne Wohnung«, sagte ich. »Und wo doch alle sauer auf mich sind.«
    »Nur deine bescheuerte Familie ist sauer. Und was den Job angeht: Du kannst dir was anderes suchen, bei einem anderen Verlag«, sagte Charly. »Weißt du, vielleicht kann ich ja wirklich nicht singen, aber du kannst wirklich schreiben!«
    »Ja, aber ich darf ja nicht«, sagte ich. »Und nachdem ich meinenCheflektor in einem dreiseitigen Pamphlet beleidigt habe, dürfte ich mir da auch die allerletzte klitzekleine Chance verdorben haben.« Ich schlug die Hände vor das Gesicht. »Dabei fand ich ihn wirklich nett.«
    Ulrich machte die Tür auf und steckte seinen Kopf herein. »Caro und Bert sind da«, sagte er.
    »Ich will niemanden sehen«, sagte ich, aber da drängte sich Caroline schon an Ulrich vorbei und fiel vor dem Sofa dramatisch auf die Knie, um mich zu umarmen.
    »Gerri, oh mein Gott, was hast du mir für einen Schrecken eingejagt, ich bin so froh, dass du es nicht getan hast, ich hätte mir niemals verziehen, dass ich nichts gemerkt habe, ich dachte immer, du bist glücklich, du bist doch so ein fröhlicher, wunderbarer Mensch, und alle haben dich gern, die Kinder vor allem, was meinst du denn, warum wir dich als Patin für Flo wollten, ich fand das immer so beruhigend, mir vorzustellen, dass du dich um sie kümmern würdest, wenn uns was passieren würde, ach, Gerri …«
    »Tut mir leid«, murmelte ich.
    »Hier, dein Ring«, sagte Caroline. »Er ist wunderschön, es ist süß, dass du ihn für Flo vorgesehen hast, aber mir wäre es lieber, du würdest ihn ihr erst in vierzig Jahren oder so geben …«
    Sie schob mir den Aquamarin auf den Ringfinger.
    »Und was ist mit dem Kaninchen?«, fragte ich. »In vierzig Jahren ist es dafür vermutlich etwas spät.«
    Caroline seufzte. »Na ja, am Ende muss ja doch immer ich die Arbeit machen … Aber Platz genug haben wir ja, und Florine ist wirklich schon ziemlich vernünftig … Ja, ich denke, sie wird ihr Kaninchen bekommen.«
    »Wenigstens etwas«, sagte ich.
    Bert lehnte sich gegen den Türrahmen. »Ulrich sagt, du hast deinen Job verloren. Warum hast du nichts davon gesagt? Bei uns in der Firma suchen sie immer jemanden fürs Büro. Da würdest du allemal so viel verdienen wie mit dem Schreiben.«
    »Das wäre …«,

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