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Für jede Lösung ein Problem

Für jede Lösung ein Problem

Titel: Für jede Lösung ein Problem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Evelyn.
    »Wenn ich sagen würde, dass du mir jeden Monat 1000 Euro überweisensollst, dann wäre das Erpressung«, sagte ich. »Und mir kannst du es doch sagen. Wer war denn der Glückliche?«
    »Infam!«, sagte Tante Evelyn.
    Charly zog den Reißverschluss des Koffers zu und hievte ihn vom Bett. »Den Rest holen wir morgen«, sagte sie.
    »Ich tippe ja auf Onkel Fred«, sagte ich. »Von der Augenfarbe her würde es auf jeden Fall gut passen.«
    Tante Evelyn sagte nichts mehr.

Liebe Britt,
    leider muss ich das Klassentreffen absagen, da ich kommenden Freitag an einer Überdosis Schlaftabletten versterben werde und deshalb nicht kommen kann.
    Sicher bist du brennend an meinem Werdegang interessiert, damit du dich wie üblich wichtiger machen kannst als du bist. Nun gut, ich habe nichts zu verbergen!
    Ich bin unverheiratet, habe keinen Freund und seit Jahren keinen richtigen Sex mehr gehabt. Ich wohne zur Miete in einer Einzimmerwohnung, habe mein Germanistikstudium im ersten Semester abgebrochen und seit dem Abitur genau viereinhalb Kilo zugenommen. Alle meine Freunde sind glücklich verheiratet und/oder haben zauberhafte Kinder. Ich fahre einen vierzehn Jahre alten Nissan-Micra, habe bereits vier weiße Haare und gucke mir abends am liebsten Jane-Austen-Verfilmungen auf DVD an. Einmal in der Woche gehe ich bei meiner Tante putzen. Seit zehn Jahren schreibe ich Liebesromane für den Aurora-Verlag. Meine Pseudonyme sind Juliane Mark und Diana Dollar, aber leider im Augenblick nicht mehr gefragt. Mein aktueller Vermögensstand beträgt minus 498 Euro 29 Cent. Außerdem bin ich neurotisch depressiv und habe nie einen Beatle gewonnen. Zufrieden?
    Übrigens war das NICHT ich, die dir damals die Zöpfe in Bastelleim getaucht und an der Stuhllehne festgeklebt hat, auch wenn du Rothe das so glaubhaft vermittelt hast. Ich musste damals trotz aller Unschuldsbeteuerungen hundertmal »Ein deutsches Mädchen darf nicht auf die Haarpracht eines anderen neidisch sein« , schreiben, und du hast hämisch durch deine Krokodilstränen gegrinst. Als ob ich mir jemals deine fusseligen platten Haare gewünscht hätte! Trotzdem verrate ich den wahren Schuldigen auch heute nicht – solidarisch bis in den Tod!
    Gerri Thaler geborene Breitmaulfroschfresse

E lf
    Unten an der Feuertreppe saß Johannes Paul auf seinem Bobbycar und versperrte uns den Durchgang.
    »Ge-ha-ri-hi? Stimmt das, was meine Mama gesagt hat?«
    »Nein, bestimmt nicht. Die redet nur Müll«, sagte Charly. »Mach Platz, Petrus. Das hier ist schließlich nicht das Himmelstor.« Sie kicherte über ihren Witz, aber Johannes Paul verzog keine Miene.
    »Ich heiße Johannes Pa-haul. Petrus ist mein Bruuuuh-der. Ge-ha-ri-hi? Stimmt das, was meine Mama gesagt hat?«
    »Sag mal, bist du taub, Leiermann?«, sagte Charly. »Wir wollen hier vorbei!«
    »Was hat deine Mama denn gesagt?«, fragte ich.
    »Sie hat gesagt, dass du Jesus nicht lieb hast«, sagte Johannes Paul.
    »Aber … – Ich habe Jesus wohl lieb«, sagte ich ziemlich heftig.
    »Fahr dein blödes Auto zur Seite, sonst lasse ich das Notebook fallen«, sagte Charly. »Das wird dann teuer für deine Mama!«
    »Aber Mama sagt, dass du Jesus sehr traurig gemacht hast«, sagte Johannes Paul, während er langsam rückwärts rollte. »Was hast du denn gemacht, dass Jesus traurig ist?«
    »Ich … ich habe … Jesus ist nicht traurig«, stotterte ich.
    »Genau«, sagte Charly. »Der ist härter im Nehmen, als du denkst. Und großzügig ist er auch. Das kannst du deiner Mama ruhig mal sagen.«
    »Was hast du denn gema-hacht?«, fragte Johannes Paul.
    Hilla erschien im Küchenfenster. »Komm zum Essen, Johannes Paul«, sagte sie und sah mich kühl an. Charly übersah sie völlig. »Für ein Kind ist das schwer zu verstehen, dass jemand das wunderbare Leben, das er von Jesus geschenkt bekommen hat, einfach so wegwerfenwill. Ehrlich gesagt ist es auch uns Erwachsenen unverständlich.«
    Ich hatte das dringende Bedürfnis, mich zu verteidigen. Ich wusste nur nicht wie.
    »So wunderbar ist mein Leben aber nicht«, sagte ich. »Es ist sogar ziemlich … Es ist ein fürchterliches Leben. Aber dafür mache ich Jesus nicht verantwortlich.«
    »Dein Leben hast du aus Gottes Hand, aber was du daraus machst, liegt in deiner Verantwortung«, sagte Hilla.
    »Na ja, vielleicht zu fünfzig Prozent«, sagte ich.
    Aber da stemmte Hilla die Hände in die Hüften. »Fürchterlich? Fürchterlich? Du nennst dein Leben fürchterlich? Du bist doch

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