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Für jede Lösung ein Problem

Für jede Lösung ein Problem

Titel: Für jede Lösung ein Problem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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geschrieben.
    »Entschuldige, dass ich das Meißner Porzellan zerstört habe«, sagte ich.
    »Ach, vergeben und vergessen«, sagte Tante Alexa. »Ich habe Dorothea immer schon gesagt, dass ihre Erziehungsfehler sie irgendwann einholen werden. Herrgott, Gerri-Kind, so macht man so was doch nicht! Man hinterlegt doch höchstens Abschiedsbriefe für den Fall des Ablebens, aber man verschickt sie nicht schon vorher ! Meine Claudia würde sich hoffentlich niemals so dämlich anstellen.«
    Sie war unmöglich, wie alle meine Tanten. Aber sie hatte Recht. Das war wirklich absolut stümperhaft von mir gewesen: Hätte ich die Abschiedsbriefe nicht weggeschickt, hätte ich jetzt nicht all diesen Ärger am Hals. Zusätzlich zu all dem Ärger, den ich vorher schon gehabt hatte.
    »Hat Großtante Hulda sich schon gemeldet?«, fragte Tante Alexa.
    »Sie hat Mama Blumen geschickt«, sagte ich.
    »Oh, tatsächlich?« Sie lachte herzlich. »Und weiß sie auch schon, dass du die Schlaftabletten von deiner eigenen Mutter bekommen hast?«
    »Nein«, sagte ich.
    »Na, dann werde ich ihr das doch gleich mal erzählen«, sagte Tante Alexa und legte gut gelaunt auf.
    Der dritte Anrufer war Gregor Adrian vom Aurora-Verlag.
    »Hier bei Thaler«, sagte ich.
    »Guten Tag, hier ist Adrian vom Aurora-Verlag«, sagte er mit warmer Bariton-Stimme. »Gerri Thaler hat für uns gearbeitet. Sind Sie verwandt mit Gerri Thaler?«
    Ich konnte nichts sagen. Meine Knie waren plötzlich weich geworden. Gut, dass ich schon saß.
    »Wer ist da?«, zischte meine Mutter hinter der Tür.
    »Hallo? Sind Sie noch dran?«, fragte Adrian. »Also, wir von Aurora möchten unser Beileid aussprechen und … äh … Also, Gerri war ein ganz wunderbarer Mensch …«
    »Aber Sie kannten sie doch gar nicht«, entfuhr es mir.
    Einen Moment herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung, dann sagte Adrian: »Vielleicht nicht besonders gut. Aber doch immerhin gut genug, um sagen zu können, dass sie eine sehr begabte Autorin war.«
    »Hahaha!«, sagte ich. »Und warum haben Sie dann die Norina-Reihe eingestellt? Warum haben Sie ihr nicht angeboten, für Lauros zu schreiben? Hm?«
    »Weil – also, Lauros liegt leider nicht in meinem Entscheidungsbereich«, sagte Adrian. »Außerdem bin ich neu hier und konnte ja nicht wissen …« Er räusperte sich »Es ist noch ein bisschen früh, um … aber …« Wieder räusperte er sich. »Wann findet denn die Beerdigung statt?«
    »Gar nicht«, sagte ich pampig.
    »Wie bitte?«
    »Gar nicht! Weil ich nämlich gar nicht tot bin.«
    Wieder Schweigen, diesmal deutlich länger.
    » Gerri? Ich meine, Frau Thaler? Sind Sie das selber?«
    »Ja«, sagte ich trotzig.
    »Sie sind also gar nicht tot?«
    »Richtig«, sagte ich. »Was aber nicht heißt, dass ich es nicht gernewäre.« Vor allem gerade in diesem Augenblick, der an Peinlichkeit wohl kaum noch zu überbieten war.
    »Und – also, was sollte das dann alles? War das nur eine Art, äh, PR-Gag?«, fragte Adrian.
    »Nein, war es nicht!«, schnauzte ich ihn an. Ich wusste auch nicht, warum ich ausgerechnet jetzt so wütend wurde. Und ausgerechnet bei ihm. »Ich hatte einfach Pech, okay? Wie immer! Das zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Meinen Sie, ich hätte Ihnen so einen Brief geschrieben, wenn ich gedacht hätte, dass ich Ihnen jemals wieder über den Weg laufe?«
    Wieder war es einen Augenblick still am anderen Ende der Leitung. »Vermutlich nicht«, sagte Adrian dann.
    Wir schwiegen eine Weile.
    »Was habe ich denn geschrieben?«, fragte ich kleinlaut.
    »Wissen Sie das denn nicht mehr?«
    »Ich war betrunken«, sagte ich. »Und ich habe viele Briefe geschrieben.«
    »Ich verstehe«, sagte Adrian.
    »Entschuldige dich«, zischte meine Mutter hinter der Tür.
    »Entschuldigung«, sagte ich mechanisch.
    »Wofür genau?«, fragte Adrian.
    »Was sind Sie – ein Sadist?«, rief ich aus. »Ich weiß nicht mehr genau, was ich Ihnen alles geschrieben habe, aber ich entschuldige mich dafür und nehme alles zurück, okay?«
    »Oh, okay«, sagte Adrian. »Sie finden also nicht, dass ich einen miesen und sprachlich absolut indiskutablen Schreibstil habe und dass mein Plot absoluter Müll ist?«
    »Äh – doch«, sagte ich. »Aber ich entschuldige mich dafür. Und ähm für all die anderen Dinge auch. Bekommt Lakritze jetzt Ärger, weil sie so viel aus dem Nähkästchen geplaudert hat?«
    »Ich habe den Eindruck, Sie wissen wirklich nicht mehr, was Sie geschrieben haben«, sagte

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