Fuer Wunder ist es nie zu spaet
sich
gesammelt und gewartet, jetzt endlich darf er heraus. Die natureigene Feuerwehr
spült Wasser über das Feuer. Und es hört gar nicht auf, der Regen fließt
hernieder, immer mehr. Er pladdert auf die trockene Erde, und das Feuer
prustet, schnaubt, fasst noch mal zu, kämpft brüllend um sein Leben, kann dem
vielen Wasser aber nichts entgegensetzen.
Maja und Alex stehen völlig durchnässt vor dem Schloss und bestaunen
das Schauspiel. Der Krieg zwischen Hitze und Kälte, Feuer und Wasser. Es ist
finster von Rauch, Nebel und den schwarzen Wolken, die wie ein Verdunkelungsvorhang
über ihnen hängen.
Alex schiebt seine Hand in die von Maja und drückt sie. Da dreht sie
sich zu ihm um.
»Pelle! Wir müssen ihn finden!«
Hätte das Schloss nicht abbrennen können und Pelle gleich
mit? Die niedrigsten Gedanken kreisen in Alex’ Kopf. Hätte das Schloss nicht
bis auf die Grundmauern herunterbrennen können, und hätte Pelle nicht ums Leben
kommen können? Dann hätte es nur noch Maja und ihn gegeben, ohne irgendwelche
Unsicherheiten.
Was für miese, hässliche Gedanken. Und doch . . . Er läuft im
strömenden Regen herum und sucht nach ihrem verdammten Mann. Ihm ist kalt, er
ist durchnässt und traurig, und dann muss er auch noch nach diesem beschissenen
Pelle suchen. Was will sie denn mit dem? Mal ehrlich, die haben doch nichts
gemeinsam. Und was wird jetzt aus Alex? Was soll er nur machen? Einfach nach
Hause fahren? Und Maja nie wiedersehen? Zum Teufel mit dem blöden Pelle!
Mit zitternden Beinen setzt sich Alex unter einen der Bäume im
dichten Arboretum. Der Regen dringt durchs Blattwerk, aber immerhin peitschen
die Tropfen nicht so auf der Haut. Unendlich müde legt er den Kopf an die
glatte Rinde, streckt seine dreckigen, erdverschmierten Beine aus und schließt
die Augen.
Maja ist völlig panisch, sie rennt kreuz und quer durch
den Wald, springt über Baumstämme, trampelt Blumen platt, bricht Äste ab – wo
könnte er nur sein? Das Schloss war leer, da war kein Mensch. Die Zeitung, die er gelesen hatte, lag noch auf der
Chaiselongue in der Bibliothek. Als hätte er sich in Luft aufgelöst, oder in
Rauch, so wie das Schloss es fast getan hätte.
Maja bleibt stehen, sie versucht zu denken, versucht, die Gedanken,
die wie hysterische Pingpongbälle zwischen den Gehirnwänden hin und her
fliegen, zu ordnen. Hin und her fliegen sie und lassen sich unmöglich
einfangen. Wohin könnte er gegangen sein? Wenn es im Schloss angefangen hat zu
brennen, warum ist er nicht dageblieben, um das Feuer zu löschen? Oder ist er
in die Stadt gefahren? Oder . . . oder hat er vielleicht das Schloss
angezündet? Weil er Maja nicht mehr liebt und keine Zukunft mehr darin sieht
und . . . Nein. Aber wenn doch? Wie könnte er sich von der Insel wegbegeben
haben, wo doch alle Boote unterwegs waren?
Maja steht ganz still, der Regen rinnt über ihren kalten Körper. Die
Kanus! Er muss zu den Kanus gegangen sein. Wenn er bloß nicht losgepaddelt ist
bei dem Wetter! Maja macht kehrt und läuft zu dem kleinen Strand, an dem schon
seit einigen Jahren ihre Kanus liegen. Das Wasser spritzt ihr bis zu den Waden
hoch, wenn sie läuft. Jetzt kann sie die Bucht und die Kanus sehen, beide Boote
sind da. Verdammt, da ist er nicht. Maja schreit vor Enttäuschung laut auf,
macht kehrt und geht wieder in Richtung Schloss.
Röööhr!
Maja dreht sich um. Gleich neben der Parkbank bei den Kanus steht
ein Damhirsch und schreit. Er schaut Maja direkt in die Augen und stampft mit
den Füßen auf.
»Was willst du?«
Röööhr!
Vorsichtig geht Maja auf das Tier zu, es ist ein Männchen mit
mächtigem Geweih. Das rotbraune Fell glänzt von der Nässe, die weißen Flecken
sind grau vom Ruß. Der Damhirsch steht ganz still da. Maja schleicht voran. Als
sie nur wenige Meter vor ihm steht, macht er abrupt kehrt, läuft durchs
Laubwerk und verschwindet.
Neben der Parkbank am Seerosenteich entdeckt sie ihn. Pelle liegt in
einer unnatürlichen Stellung da, mit dem Gesicht im Schlamm. Das Hemd ist
aufgerissen, und die Beine sind merkwürdig angewinkelt.
54
I m Innern des Hubschraubers dröhnt es.
Pelle ist auf einer Trage festgeschnallt und hat Schläuche in der Nase und den
Armen, ja eigentlich überall im Körper, eine Menge Schläuche, die durch alle
möglichen Öffnungen eindringen und wieder herauskommen. Sein lockiges Haar ist
lehmverschmiert.
Eine Krankenschwester streichelt ihn und spricht mit ihm, sie
versucht Kontakt zu
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