Fuer Wunder ist es nie zu spaet
nicht allein sein könnt.«
Pelle hört, wie sie im Pool üben. Es plätschert, er hört
Stimmen, Überredungskünste, Gequengel und aufmunternde Komplimente. In der
Küche hantiert Josefin herum, ein ganzes verflixtes Schwein hat sie da drinnen,
das über dem Feuer gebraten werden soll. Channa, Pugh, Pedro, Mads und Fatima –
bald werden sie kommen. Und dann noch diese Fotografin von »Dagens Nyheter«.
Wie soll er das bloß hinkriegen? Channa wird gleich in sein Atelier gestürzt kommen.
Normalerweise findet dort der Ausklang der Feste statt. Immer. Doch das wird
diesmal nicht gehen. Ins Atelier darf niemand hinein.
Pelle starrt seine Skulptur an. Nein, das Ding ist wie ein
Selbstporträt. Das Selbstporträt eines Mannes, der Platz einnimmt, der verdammt
protzig und groß aussieht, aber im Grunde nur Platz einnimmt. Eigentlich hat er
überhaupt nichts zu geben. Er ist nichts als ein selbstverliebter, müder alter
Sack, der eine Rolle von sich selbst spielt. Und jetzt hat er dieses Ich auch
noch in Stein gehauen.
Er hat dreihunderttausend Euro vom Kulturamt der Stadt München
genommen und verpulvert. Puff. Das Geld ist längst verbraucht, es steckt in den
Wänden des Schlosses und in all den ausgetrunkenen Champagnerflaschen, die sie
in den letzten Jahren so großzügig spendiert haben. Nein, die Deutschen werden
niemals eine Skulptur bekommen. Es sei denn, sie kaufen auch noch das ganze
Schloss dazu.
Er vermisst Maja. Sie ist so nah, aber er kann sich ihr nicht
zuwenden. Er wagt es nicht, wagt nicht, ihr zu erzählen, wie es wirklich um ihn
steht, was er will und wünscht und braucht. Wenn sie sich abends ins Bett legen
und sie ihn bittet. Wenn sie ihn anbettelt, dass er sich ihr zuwenden soll,
dass er mit ihr schlafen soll. Er kann es nicht. Am besten wäre es
wahrscheinlich, das ganze Schloss anzuzünden, mitsamt der Skulptur und dem
ganzen verdammten Scheiß.
Peng!
Was? Was war das denn?
Peng. Und wieder peng .
Gewehrschüsse. Da schießt jemand. Mein Gott!
»Jetzt nehme ich mal deine Beine. Spürst du die Bewegung?
Versuch mal weiterzumachen.«
Maja hält Karins Beine fest. Karin hält die Stange vor Panik so fest
umklammert, dass ihre Fingerknöchel ganz weiß sind, sie trägt eine
Schwimmweste, dabei ist es nur einen Meter bis zum Grund.
»Ich stehe genau neben dir, probier es mal allein. Ich stehe direkt
neben dir.«
Karin strampelt unrhythmisch und heftig im Wasser. Maja versucht mit
ruhigen Händen, ihre Bewegungen unter Kontrolle zu bringen.
»Stell es dir so vor, als würdest du durchs Wasser tanzen.«
Gleich nebenan treibt Alex mit den Händen an der Stange. Er hat
keine Schwimmweste an und befindet sich im etwas tieferen Wasser, kann aber mit
den Zehen den Boden berühren.
»Maja, kannst du mir helfen?«
»Karin, ich gehe jetzt mal kurz zu Alex, bin aber immer noch ganz in
der Nähe. Okay?«
»Nein, nicht okay!«
»Doch.«
Maja streicht über Karins strampelnde Waden und schwimmt in ein paar
Zügen zu Alex hinüber. Er lächelt sie an und strahlt. Diese weißen Zähne, die
Wassertropfen in seinen Wimpern, die Hoffnungen und Wünsche und . . .
»Ich gehe immer nur unter. Warum?«
»Weil du nicht ordentlich atmest. Du brauchst viel Luft in den
Lungen, warte, ich helfe dir. Halt dich mal an der Stange fest, und jetzt raus
mit den Beinen. Gut.«
Sie spürt seinen Körper, der unter Wasser ganz weich ist. Und dann
dieser einladende Blick. Er will, dass sie ihn anfasst. Aus ihrem Mund purzeln
irgendwelche Worte, sie hört sich selbst von Luft, Kraft, geradem Rücken reden,
während sie seinen Bauch streichelt, an dem sie ihn hält. Sie spürt die Muskeln
unter ihren Händen spielen und lässt ihre Finger vorsichtig unter den Bund der
Badehose gleiten. Sie drückt sich fest, ganz fest an ihn.
Peng!
Was zum Teufel ist das?
Peng, peng!
» Hilfe! Ich kann nicht . . . Warte, ich . . .«
Karin strampelt, winkt und schreit voller Panik im Wasser. Was zum
Teufel ist da los?
»Wer schießt denn hier? Was ist los?«
Pelle kommt auf die Terrasse gerannt, wo Maja sitzt und Karin
umarmt, die aus dem Wasser gestiegen ist und vor Entsetzen zittert. Neben ihnen
steht mit bleicher Miene Alex.
»Keine Ahnung! Wer sollte denn hierherkommen und schießen?«
Peng!
Pelle sieht sich nervös um, doch es ist still, nichts ist zu hören
außer dem Echo des Schusses. Er läuft barfuß hin und her und versucht zu hören,
woher die Schüsse kommen.
»Es kommt von der Landzunge, die Schüsse
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