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Fürchte deinen Nächsten!

Fürchte deinen Nächsten!

Titel: Fürchte deinen Nächsten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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toten Winkel.
    Wir waren eingetreten und gar nicht mal leise gewesen. Trotzdem rührte sich Judas Delany nicht. Er saß auf seinem Bett, wandte uns den Rücken zu und starrte die kahle Wand an.
    Ich sah, daß er schwarze Kleidung trug. Ein schwarzes Hemd, das ihm über die schwarze Hose reichte. Seine Füße steckten in dunklen Turnschuhen. Auch sein Haar war schwarz. Es wuchs ihm an den Seiten des Kopfes herab und endet am Beginn der Schultern. Marcella stand rechts neben mir. Jetzt drehte sie den Kopf. Ich sah, daß sie ihre Stirn in Falten gelegt hatte. Was es bedeutete, wußte ich nicht, doch positiv sah es nicht aus.
    Wir gingen noch einen Schritt weiter und blieben neben dem Tisch stehen. Judas rührte sich noch immer nicht. Er hockte im Lotussitz auf seinem flachen Bett, als wäre er zu Stein geworden.
    Seine Zeit war noch nicht gekommen. Wahrscheinlich wartete er darauf, daß er angesprochen wurde, doch das erwies sich als Irrtum. Er war es, der das Wort übernahm.
    »Besuch, meine Freundin…«
    »Er nennt mich immer so!« flüsterte Marcella mir zu.
    »Du hast Besuch mitgebracht, wie schön.« Delany lachte fast wie ein Kind. »Hast du Angst davor, daß ich dir vielleicht die Kehle durchbeißen könnte?« Wieder kicherte er. »Keine Sorge, liebe Freundin, wenn ich es wollte, dann könnte ich es tun, auch wenn du dir einen Leibwächter mitgebracht hast. Ich bin nämlich besser, verstehst du? Ich bin besser als alle anderen, weil es mir immer wieder gelingt, die Grenzen zu überwinden. Ich bin das geworden, von dem die Menschen nur träumen können. Aber was rede ich? Das weißt du selbst. Und du kommst damit nicht zurecht, liebe Freundin. Du hast von der neuen Leiche gehört. Ich habe mir die Frau geholt und sie auf den Altar genommen. Und dann habe ich sie einfach geschl…«
    »Hör auf!« rief Marcella. Sie hatte nicht geschrien, aber sie hatte sehr scharf gesprochen.
    Judas redete tatsächlich nicht weiter. Dafür lachte er wieder. »Du hast keine Nerven mehr, wie? Du bist am Ende, liebe Freundin. Ja, es ist schwer, wenn man immer wieder Niederlagen einstecken muß. Wer sich mit mir anlegt, der wird einfach damit leben müssen. Der kann nicht gewinnen, weil ich besser bin.«
    »Dann hast du die Frau getötet?«
    »Natürlich.«
    »Und du hast diese Zelle hier verlassen?«
    »Ja, Marcella, sonst wäre sie ja nicht tot.« Er streckte die Arme zur Seite hin weg, wie jemand, der sich reckte. »Eigentlich kannst du dich freuen, Marcella.«
    »Warum das?«
    »Es hätte auch dich erwischen können.«
    Ich sah, wie die Psychologin erschauerte. Mit seiner Bemerkung schien Delany genau ins Schwarze getroffen zu haben.
    »He, du schweigst?«
    Marcella atmete durch die Nase ein. »Soll ich mich bei dir bedanken?«
    »Kannst du. Ich habe dich deshalb nicht getötet, weil wir bestimmt noch Spaß miteinander haben werden. Aber jetzt ist alles anders. Du hast jemanden mitgebracht, dessen Aura mir gar nicht gefällt. Ich spüre ihn, ich sehe ihn nicht, doch ich weiß schon jetzt, daß ich ihn nicht mag. Er ist hier in der Zelle und verbreitet etwas, das ich einfach hassen muß. Schade, liebe Freundin. Ich glaube, daß unsere gemeinsame Zeit jetzt vorbei ist.«
    »Nein, Judas, sie beginnt erst.«
    »Ach, was redest du. Denk an meine Worte. Denk daran, was ich immer gesagt habe. Fürchte deinen Nächsten.« Seine Schultern zuckten, als er lautlos lachte. »Ich bin doch dein Nächster, liebe Freundin. Du hast nur mich, nicht wahr?«
    »Auch andere, Judas, keine Sorge.«
    »Sorge? Nein, Sorgen mußt du dir machen. Inzwischen sind es vier Tote, und es geht weiter. Von nun an kann ich für deine Sicherheit nicht mehr garantieren, liebe Freundin. Du hast mich enttäuscht. Die Zeit der Gespräche zwischen uns beiden ist dahin. Schade. Jetzt kann ich dich nicht mehr meine liebe Freundin nennen.« Nach diesen Worten drehte er sich um.
    Es ging alles sehr schnell. Selbst ich bekam die Bewegung kaum mit. Während der Drehung wirkte er auf mich, als schwebte er über seinem flachen Bett – und plötzlich schaute er uns an.
    Auch ich sah ihn!
    Bisher hatte ich es vermieden, mir Vorstellungen über sein Aussehen zu machen, denn ich wollte mich in keinen subjektiven Käfig begeben. Nun schaute ich ihn an, und er richtete seinen Blick auf mich. Innerhalb von Sekundenschnelle hatte sich ein unsichtbares Spannungsfeld zwischen uns aufgebaut. Um es positiv zu sagen: Ich wußte, daß wir nie Freunde werden konnten.
    Die Haare umgaben sein

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