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Fürchte dich nicht!

Fürchte dich nicht!

Titel: Fürchte dich nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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tätig gewesen war.
    Geis stieß die Tür zum nächsten Raum auf. Ein Wohnzimmer, das hoffnungslos altmodisch und zugleich unbenutzt aussah wie die g ute Stube in manchen Bauernhäusern, die nur zu Festtagen und Familienfesten geöffnet wurde. Nicht einmal ein Fernseher oder ein Radio durchbrachen die museale Atmosphäre.
    »Hier hat er jedenfalls nicht gelebt«, stellte Geis fest. »Unser Professor scheint ein Eremit zu sein. Fragt sich nur, wo sich seine Höhle befindet.«
    Sie befand sich ein Stück weiter den Flur hinunter, neben einem spartanisch eingerichteten Schlafzimmer. Der Hauptkommissar stieß einen Pfiff aus, als er den Designerschreibtisch mit hochwertigem PC und Flachbildschirm entdeckte. Vom Lederschreibtischsessel aus hatte man einen bequemen Blick auf den überdimensionalen LCD-Fernseher an der Wand. »Verstand also doch was vom Leben, der Herr Wesseling. Ob er sich das von seinem Gehalt als Mäusetrainer leisten konnte?«
    Viola hielt die Luft an, als der Strahl der Taschenlampe auf eine Landkarte fiel, die hinter dem Ledersessel an der Wand hing. »Sieh mal!«
    Die Landkarte zeigte Deutschland und war gespickt mit kleinen bunten Nadeln.
    Geis trat neben sie. »Was ist das?«
    Die Nadeln markierten überwiegend Großstädte: München, Berlin, Köln, Dortmund, Münster, Bremen, Hamburg. Violas Blick wanderte hoch. Richtig, auch auf Norderney steckte eine Nadel.
    »Orte, an denen er die Zecken ausgesetzt hat. Vermute ich jedenfalls.«
    »Dieser Schweinepriester«, murmelte Geis.
    Warum?, fragte sich Viola. Was hatte Wesseling dazu gebracht, die neuartige FSME zu verbreiten? Wusste er überhaupt, was er getan hatte? Oder war er verrückt, ein Geistesgestörter, der von inneren Stimmen gelenkt wurde?
    Geis drückte auf die Starttaste des PC, das Gerät sprang mit einem Brummen an. »Vielleicht finden wir hier noch was. Sieht ja so aus, als habe sich der Professor keine Mühe gegeben, Spuren zu verwischen, als er auf die große Reise ging.«
    »Ich sehe mich solange mal im Haus um«, sagte Viola leichthin, schnappte sich die Taschenlampe und verschwand im Hausflur, bevor ihr Begleiter Bedenken äußern konnte.
    Falls Wesseling ein Einzeltäter war, musste es irgendwo eine Zeckenzucht geben. Unter optimalen Bedingungen dauerte es rund ein Jahr, bis der Gemeine Holzbock seine endgültige Größe erreicht hatte. Bis dahin galt es, die heranwachsenden Tiere, vom Ei über die sechsbeinige Larve bis zur achtbeinigen Nymphe, unter Kontrolle zu halten. Und mit Blut zu füttern.
    Der Flur machte einen Knick, Viola stand vor der Haustür. Offenbar existierte kein Keller, dafür führte eine Treppe unter das schräge Dach. Der Aufgang war durch eine Tür verschlossen, in der praktischerweise der Schlüssel steckte. Viola drehte den Schlüssel und öffnete die Tür eine Handbreit. Beißender Urin- und Kotgestank schlug ihr entgegen. Tierischer Gestank.
    Sie setzte einen Fuß auf die Holztreppe. Oben raschelte und fiepte es. Mäuse. Die natürlichen Wirtstiere von Larven und Nymphen. Je höher sie stieg, desto wärmer wurde es. Wesseling hatte eine Heizungsanlage installiert. Und die Luft befeuchtet. Unter dem Dach herrschte eine fast tropische Schwüle. Zecken brauchten eine hohe relative Luftfeuchtigkeit von mindestens achtzig Prozent. Viola konnte nur unter dem Dachfirst halbwegs aufrecht stehen, Schweiß lief ihr über den Rücken. Das Atmen fiel schwer, in Kombination mit dem Gestank war die Treibhausluft ekelerregend. Sie würgte und presste ein Taschentuch vor den Mund. Viele Mäuse lagen reglos in den Terrarien, mit blutigen und eitrigen Wunden übersät. Von Zecken ausgesaugt, hatten Hunger, Durst, Artgenossen und Insekten ihnen den Rest gegeben. In einer Ecke stand ein Käfig voller Kaninchenkadaver.
    Viola suchte das Terrarium, in dem sich am meisten Leben regte. Es stand in der Nähe eines kleinen Fensters, hier war die Luft etwas kühler. Nur wenige verendete Mäuse lagen auf der vollgekoteten Streu, abgemagerte graue Körper hoben gierig schnuppernd die Köpfchen. Viola streckte ihre Hand aus, streichelte die Mäuse, die an ihren Fingern knabberten, vergrub die Hand in der verdreckten Streu.
    Es stimmte nicht, dass Zeckenstiche keine körperlichen Reaktionen hervorriefen. Je öfter man gestochen wurde, desto heftiger reagierte das Immunsystem.
    »Viola, du wirst nicht glauben, was …« Geis blieb überrascht auf der obersten Treppenstufe stehen. »Was tust du da?«
    Motorengeräusche drangen von

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