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Fürchtet euch

Fürchtet euch

Titel: Fürchtet euch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiley Cash
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nicht wieder aufs Sofa gesetzt, sondern die Haustür geöffnet hatte, ohne dass wir was gehört hatten. Er stand jetzt davor, mit dem Rücken zu uns, und blickte durch die Fliegentür. Wir konnten alle sehen, dass die Sanitäter Bens Leiche auf eine Trage geschnallt hatten, die gerade in den zweiten Krankenwagen geschoben wurde. Er war zwar noch immer mit der blauen Plane bedeckt, aber seine nackten Füße ragten darunter hervor.
    Jimmy legte Jess eine Hand auf die Schulter und drehte ihn von der Tür weg, und dann schloss er sie leise. Die Scharniere machten kaum ein Geräusch, als sie zuging. Er legte die Arme um Jess und zog ihn an sich. Jess’ Schultern bebten, und ich wusste, auch ohne sein Gesicht sehen zu können, dass er weinte. Ich hörte, wie der Motor des Krankenwagens ansprang und wie er über den Schotter in Richtung Straße rollte.
    Ich dachte daran, dass ich Jimmy gegenüber ehrlich gewesen war, als ich gesagt hatte, dass ich mir einen anderen Ausgang gewünscht hätte. Ich stand da und betrachtete die beiden, die sich aneinander festhielten, und wünschte mir inständig, dass es diesmal vielleicht wirklich anders ausging.

25
    Adelaide Lyle
    Es war ein furchtbar trauriger Tag, als Ben auf dem Friedhof von Marshall beerdigt wurde. Ganz viele Leute waren gekommen, ein paar von der Kirche, in die er nie einen Fuß gesetzt hatte, einige Bekannte aus der Stadt und welche aus unserer Gegend, wo er aufgewachsen war und so lange gelebt hatte. Ich hatte Jess seit dem Sonntagabend, als sie Christophers Leichnam zu mir nach Hause gebracht hatten, nicht mehr gesehen, aber ich sah ihn mit seinem Großvater am Grab seines Daddys stehen. Mit dem kleinen Button-down-Hemd und der Krawatte sah er noch jünger aus als neun Jahre, erst recht zwischen all den schwarzgekleideten Erwachsenen um ihn herum. Er hatte die Haare ordentlich gescheitelt und die Hände in den Taschen. Ich sah ihm an, dass er geweint hatte.
    Jess war mit seinem Großvater gekommen. Seine Mama war nicht da, was mich im Grunde nicht besonders überraschte. Ich schätze, Julie hatte Ben schon aus ihrem Herzen verbannt, als er noch am Leben war, und sein Tod würde ihn nicht dahin zurückholen. Was Jess anging, so hatte sie ihn schon einmal fast verlassen, und ich denke, sie hatte einfach beschlossen, sich für immer von ihm fernzuhalten.
    Jimmy Hall hatte ein schönes sauberes Hemd mit Krawatte an, genau wie sein Enkel, und ich glaube, er hatte für sich und Jess zusammen neue Sachen gekauft. Auch er hatte sich anständig die Haare gekämmt und mit jeder Menge Frisiercreme gebändigt. Er hatte sich rasiert, und obwohl sein Gesicht rot wie eine Tomate war, hatte er nicht getrunken. Ich beobachtete seine Hände während des Gottesdienstes, vor allem, wenn er sie Jess auf die Schultern legte. Dann schlossen sich seine Finger ganz zärtlich, und er zog den Jungen sachte zurück an seinen Körper, hielt ihn dort und ließ zu, dass Jess sich an ihn lehnte, während er den Kopf im Gebet beugte. Jimmy Halls Hände waren ganz ruhig, auch als er eine an die Augen hob, auch als er die Hände von den anderen Männern schüttelte, die gekommen waren, um seinem Jungen die letzte Ehre zu erweisen.
    Einer von diesen Männern war der Sheriff, aber wenn man nicht wusste, wer er war, konnte man es ihm nicht ansehen. Er trug eine Krawatte genau wie die meisten anderen Männer, aber trotzdem war es merkwürdig, ihn nicht in Uniform zu sehen. Ich glaube, er spielte da schon mit dem Gedanken, den Job an den Nagel zu hängen, was er dann auch nicht lange danach tat. Ich schätze, er hatte nicht mehr den Willen, diese Arbeit zu tun, nach dem, was passiert war, nach dem, was er hatte tun müssen. Aber es war schon bewegend, ihn da stehen zu sehen, neben Jimmy Hall, beide nur ein paar Schritte von Bens Grab entfernt und höchstens zwanzig oder dreißig Meter von der Stelle entfernt, wo Jeff zwanzig Jahre vorher beerdigt worden war. Diese beiden Männer, die sich so lange gegenseitig gehasst hatten, standen da Seite an Seite, und hatten nichts anderes gemeinsam als ihre toten Söhne. Und jeder von ihnen hatte geglaubt, ob über lange Zeit hinweg oder nur kurz, dass an seinem Verlust der andere die Schuld trug. Sie hatten sich gegenseitig gehasst, bis sie beide gebrochen waren, und ich glaube, in diesem Moment sahen sie ein, dass es an der Zeit war, das alles hinter sich zu lassen und endlich mit der Vergangenheit abzuschließen.
    Es ist schön zu sehen, dass Menschen, die einmal

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