Fürchtet euch
aber ich konnte sehen, dass er den Kopf auf die Kühlerhaube vom Pick-up meines Grandpas gelegt hatte und seine Schultern bebten, als würde er weinen. Mein Grandpa stand mitten im Garten. Er hatte uns den Rücken zugedreht, aber ich sah, dass er in seine Hemdstasche griff und eine Packung Zigaretten rausholte. Er schüttelte eine heraus und zündete sie an und sah dann zur Straße, als würde auch er Daddy beobachten.
Daddy war noch immer da draußen, als der Sheriff mit kreisendem Blaulicht auf dem Dach von seinem Streifenwagen vorfuhr. Er parkte hinter dem Pick-up meines Grandpas und schaltete das Blaulicht aus und stieg aus dem Wagen. Er ließ die Tür auf, und dann beugte er sich hinein und nahm einen Cowboyhut heraus, der auf dem Beifahrersitz gelegen hatte. Er setzte ihn auf. Ich konnte ihn gut in dem Licht sehen, das von innen aus dem Wagen kam. Er war ungefähr so alt wie mein Grandpa; sein Cowboyhut war weiß, und sein Button-down-Hemd war unter den Achseln nass vor Schweiß. Der kleine silberne Stern an seiner Brust glänzte, wenn das Licht darauffiel. Er ließ den Arm auf der Autotür liegen und stand einfach da und sah in den Garten.
Miss Lyle und zwei von den alten Frauen waren jetzt draußen und wischten den Männern mit nassen Waschlappen das Blut vom Gesicht. Einer der Männer hatte von irgendwem einen Beutel mit Eis bekommen und hielt ihn sich an die Nase.
»Ich glaub, die ist gebrochen«, hörte ich eine von den alten Frauen zu ihm sagen.
Mein Grandpa saß auf den Verandastufen und rauchte und beobachtete Daddy an der Straße. Als Mama den Sheriff sah, ging sie durch das Esszimmer ins Schlafzimmer, wo Stump noch immer auf dem Bett lag, und sie machte die Tür hinter sich zu. Vorher hatte sie noch zu mir gesagt, ich sollte im Haus bleiben. Ich fragte sie, ob Daddy weinte, aber sie sagte bloß, ich sollte ihn in Ruhe lassen und nicht stören. Ich dachte mir, dass sie ihn bestimmt noch nie hatte weinen sehen und dass es ihr wahrscheinlich auch Angst gemacht hatte.
Ich hörte den Sheriff über den Kies gehen, und dann konnte ich ihn nur schattenhaft sehen, bis er auf das Gras trat und das Außenlicht auf ihn fiel und den kleinen Stern an seiner Brust schimmern ließ. Im Gehen schaute er über die linke Schulter zur Straße rüber, wo mein Daddy stand, wie ich wusste.
»Was zum Teufel ist hier passiert?«, fragte der Sheriff. Er sagte es so, als könnte jeder, der wollte, versuchen, ihm eine Antwort zu geben. Mr Thompson sah ihn an und zeigte in Richtung Straße auf Daddy.
»Wir sind bloß hergekommen, um das Beileid der Kirche zu überbringen«, sagte Mr Thompson. »Wir sind im Geiste des Glaubens und der Verbundenheit gekommen, Sheriff, und der Mann da hat uns angegriffen.«
Der Sheriff sah Mr Thompson an, sagte aber nichts zu ihm, und dann ging er rüber zu dem Mann, der sich den Eisbeutel an die Nase hielt. Der Sheriff griff nach der Hand, die den Beutel hielt, hob sie an und sah sich dann das blutige Gesicht des Mannes genauer an. Er kniff die Augen zusammen, als würde er sich auf das konzentrieren, was er sich ansah, und dann blickte er rüber zu Miss Lyle, die sich abmühte, damit das Gesicht von dem anderen Mann aufhörte zu bluten. Dem Mann, um den Miss Lyle sich kümmerte, waren die Augen fast zugeschwollen, und unter einem war eine große, blutige Platzwunde. Der Sheriff ließ die Hand des Mannes los, und der Eisbeutel glitt zurück auf sein Gesicht. Der Mann stöhnte auf, als hätte er noch einen Schlag abbekommen.
»Tja, tut mir leid, wenn Sie sich gekränkt fühlen, wo Sie extra hergekommen sind«, sagte der Sheriff. »Aber der Mann hat gerade erfahren, dass er seinen Sohn verloren hat, deshalb habe ich nicht vor, heute Abend wegen dieses kleinen Streits tätig zu werden.« Er blickte Mr Thompson an. »Aber wenn ihr drei eine Aussage machen wollt über das, was heute Abend in eurer Kirche passiert ist, dann nehme ich die gerne auf.« Mr Thompson sah zu den beiden Männern rüber, die er mitgebracht hatte, und dann wieder den Sheriff an.
»Da wissen wir nichts drüber«, sagte Mr Thompson.
»Sie haben jedenfalls genug gewusst, um herzukommen und die beiden Jungs mitzubringen«, sagte der Sheriff. »Und ich finde es komisch, dass Sie jetzt auf einmal nichts mehr wissen wollen. Vielleicht haben Sie ja beim Anblick der Polizei vergessen, warum Sie hergekommen sind, so was soll’s ja geben. Heute Abend kann ich daran nichts ändern. Aber ich würde vorschlagen, Sie fahren zurück
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