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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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mischen schien und im ersten Moment nicht auffiel, sondern als eigener Takt wahrgenommen wurde.
    Es dauerte eine Weile, bis sich im Tor ein vergittertes Fenster öffnete und der Ausschnitt eines Gesichts darin erschien.
    Zwei Wörter wurden gewechselt, dann rief die Anführerin: »Mädchen, tretet ein!«, und ein Flügel schwang zurück. Die fünf Frauen schlüpften hinter ihrer Anführerin ins Innere.
    Hannah hielt sich gleich hinter der Luderin, weil sie ihr nicht traute. Der Lakai, der sich als einer der Männer entpuppte, dieHannah am Lusthaus gesehen hatte, führte sie in den Innenhof des Anwesens.
    Das Gebäude war noch nicht ganz fertig. Hier fehlte ein Handlauf, dort eine Tür. In einer Ecke standen noch Maurerkübel und Mischwerkzeuge für den Lehm, in einer anderen roch es noch nach feuchtem Kalk. Fehlender Wandverputz ließ grobe Steinblöcke sehen, und weiß gekalkte Wände warteten auf ein wenig Farbe.
    Der etwas grobschlächtige Diener deutete auf eine Treppe. »Dort hinauf. Ihr sollt vom Balkon aus spielen. Die ersten Gäste werden gleich kommen.« Mit einer Bewegung des Kinns den Weg andeutend, schickte er die Frauen hinauf.
    Hannah ließ der Luderin den Vortritt, folgte ihr jedoch dichtauf.
    Die Treppe mündete auf zwei Balkone, von denen einer mit einer steinernen Balustrade die Sicht von unten verdeckte. Geradeaus weiter lief der Außenbalkon mit den Zugängen zu den Einzelzimmern im ersten Stock. Von oben konnte man gut in den Hof hinuntersehen und einen Blick auf die Zimmer werfen. Bei manchen dieser Räume fehlten noch die Türen. Einige jedoch waren bereits fertig.
    »Wie kommt man in die Geheimgänge dahinter?«, fragte Hannah flüsternd.
    »Man müsste von jedem Zimmer aus Zugang haben«, sagte eine der Schönen, die allerdings etwas verhärmt wirkte und eine männlich dunkle Stimme hatte.
    Hannah blickte zu der Gestalt, unter deren luftigem Kleid sich keine Frau verbarg, sondern Bruder Adilbert, frisch rasiert und ein wenig geschminkt.
    Trotz der Gefahr, dass der Mönch im Palast bekannt war und entdeckt werden könnte, war Hannah die Unsicherheit zu groß gewesen, ohne männliche Begleitung den Schritt in die Höhledes Löwen zu wagen. Außerdem spielte der Mönch vorzüglich die Drehleier.
    »Wir müssen darauf achten, welche Männer wohin verschwinden«, sagte Hannah.
    »Was jetzt? Wir sind im Palast. Wie soll es weitergehen?«, fragte Bruder Adilbert ein wenig unglücklich. Die Bekleidung behagte im augenscheinlich gar nicht. Ständig zupfte er an seinem Kleid herum.
    »Wir machen Musik«, befahl Hannah. Sie setzte die Laute an und begann einige Takte frei zu spielen, bis der Mönch mit seiner Drehleier einfiel.
    »Wo habt Ihr so gut spielen gelernt?«, fragte Hannah, als sie eine Pause machten. »Als Mönch hat man viel Zeit, die nicht nur mit Beten und wissenschaftlichem Studium gefüllt ist. Also habe ich die Drehleier zu beherrschen gelernt«, sagte er nicht ohne Stolz. »Ich habe es mir selbst beigebracht – und bei einem Bruder im Kloster Unterricht genossen.«
    Der Innenhof war auf allen vier Seiten abgeschlossen und damit von außen nicht einsehbar. Wie ein Hufeisen umschlossen ihn drei Gebäudeteile. Die vierte Mauer wurde von der fensterlosen Front des Nachbarhauses gebildet. Vorderseite und Rückseite zeigten auf die Gassen und hatten zum Innenhof hin einen Balkon, hinter dem jeweils die Zimmer lagen. Unter dem vorderen Gebäudeteil musste sich der Zugang zum Keller befinden.
    Im kurzen Schenkel des Hufeisens befand sich die Balustrade, auf der sie als Musiker saßen und spielten. Sie verband die beiden Hauptgebäude. Davon ab gingen links und rechts die beiden Balkone.
    Die Melodie schwebte über die Balustrade hinab in den Vorgarten, der von einer Lehmmauer mit Holztüren eingefasst war.
    Hannah prägte sich den Palast und dessen verwinkelte Bauart genau ein. Sie merkte sich jede Abzweigung, jede Treppe, jedeTür und jedes Fenster. Sie verließ den Platz, den sie einnehmen sollte und lief mit ihrer Laute einen der Balkone entlang, sah in die Einzelzimmer, die noch offen standen, bemerkte die Teppiche im rückwärtigen Teil der Zimmer, hinter denen sie die Zugänge und Türen zu den hinter den Zimmern umlaufenden Geheimgängen vermutete.
    In immer höher aufschäumenden Kaskaden spielten die Frauen, als hätten sie seit Jahren nichts anderes miteinander gemacht, was für vier der Musikerinnen auch tatsächlich zutraf. Die Schwarze Liss hatte sie aus Gablers Taverne geholt.

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