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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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ein Gitter in Augenhöhe, durch das man in den Raum hätte spähen können, wäre da nicht der Teppich gewesen, der innen über der Tür hing.
    Hannah und der Mönch lauschten, ob sich jemand im Zimmer befand, doch es rührte sich nichts. Vorsichtig drückte Hannah gegen die Tür, doch sie öffnete sich nicht. Dann drückte sie die Klinke. Ein Klicken verriet, dass sich die Sperre gelöst hatte. Die Tür schwang zu ihnen in den Gang hinein. Zuerst hielt Hannah das für einen Fehler der Bauweise, doch dann bemerkte sie, dass die Tür anderen den Weg versperrte. Diese Türen bildeten nicht nur den Zugang, sondern dienten auch der Sicherheit.
    War die Tür offen, konnte man den Gang versperren. Man konnte aber auch die Mädchen, die nach oben geschickt wurden, so in die richtigen Zimmer lenken. Die offene Tür verhinderte, dass sie in das falsche Zimmer gingen.
    Hannah und der Mönch tasteten sich weiter. Ganz am Ende des Gangs gab es plötzlich einen Absatz – eine Treppe –, und jetzt vernahmen sie zum ersten Mal Geräusche. Hinter der Tür befanden sich offenbar mehrere Personen. Die Art der Geräusche ließ keinen Zweifel daran, was dort drinnen geschah.
    »Ich will nachsehen, wer sich dort vergnügt!«, flüsterte Hannah dem Mönch ins Ohr.
    »Nein!«, protestierte der, doch Hannah hatte ihre Hand bereits am Griff der Tür.
    »Männer beim Liebesspiel hören und sehen nichts«, sagte sie leise und hoffte, dass sie recht behielt.
    Sie spähte durch das Gitter, doch der Teppich an der Innenseite versperrte ihr die Sicht. Dann drückte sie die Klinke herunter. Geräuschlos ließ sich die Tür öffnen. Hannah stellte sich vor den Teppich und bemerkte, dass sich darin Aussparungen befanden, durch die man hindurchschauen konnte. Sie sah ein karg eingerichtetes Zimmer mit einer Liege. Davor stand ein schwergewichtiger Mann, der sich an der Kleidung eines Mädchens zu schaffen machte. Er hatte sie ihm bereits halb vom Leib gestreift. Die Kleine war allerhöchstens zwölf Jahre alt. Ihr Gesicht war tränenüberströmt. Angst verzerrte ihre Züge, sie war steif vor Abwehr und Panik. Hannah wurde von Übelkeit erfasst bei dem abscheulichen Anblick.
    Hannah atmete durch. Wenn sie jetzt eingriff, dann gefährdete sie ihr Vorhaben. Es würde einen Tumult geben, und sie würden womöglich zu früh entdeckt werden. Hannah dachte aber auch an Gera, die nur um ein weniges älter war als die Kleine. Wenn dieser alte Bock sich an dem Mädchen verging, dann verging er sich eigentlich an ihrer Tochter. Sie musste eingreifen. Falls dieser Mann tatsächlich der Nuntius war, konnte sie sich nicht vorstellen, dass das Mädchen, das ihm zugeführt worden war, diese Nacht überleben würde. Das konnte sich der Geistliche nicht leisten. Man würde sie also töten, sobald der Mann sein Vergnügen mit ihr gehabt hatte.
    Mit einer fließenden Bewegung zog sie das Messer der Luderin aus dem Armhalfter.
    »Seid Ihr verrückt?«, zischte der Mönch, als er bemerkte, wieHannah den Teppich langsam zurückschlug und durch den Spalt zwischen Mauer und Teppich in den Raum schlüpfte.
    »Du sollst dich wehren«, knurrte der Fette vor ihr, der sich jetzt unter Mühen auf die Knie niederließ und versuchte, dem Kind das Kleid über die Hüfte herabzuziehen. Doch das Mädchen sah mit geweiteten Augen und steif vor Furcht zu Hannah, die hinter dem Wandvorhang hervortrat und mit gezücktem Messer auf sie zuging.
    Mit drei Schritten war Hannah bei dem Mann und hielt ihm das Messer an den Hals. Der wollte zuerst auffahren, als er jedoch das Messer spürte, versteifte er sich vor Schreck.
    »Finger weg von dem Mädchen, Maul halten – und bleibt, wo Ihr seid, sonst seid Ihr tot«, zischte Hannah.
    Der Mann verfiel in ein Jammern, das man sicher bis nach draußen hören konnte, doch ein stärkerer Druck des Messers gegen den Hals ließ ihn sofort verstummen.
    »Und du, zieh dich an und komm her!«, sagte Hannah schon sanfter zu dem Mädchen.
    Bruder Adilbert war hinter Hannah in den Raum getreten.
    »Jetzt steht nicht so herum. Zerreißt sein Hemd und stopft ihm etwas ins Maul. Sonst schreit er das Haus zusammen.«
    Der Kleidung nach zu urteilen, handelte es sich bei dem Fettkloß um den Nuntius des Papstes.
    »Und jetzt?«, blaffte Bruder Adilbert sie an. »Was wollt Ihr jetzt mit ihm tun? Ihn erstechen?«
    Der Kniende zuckte zusammen.
    »Nein, bitte nicht, bitte nicht, bitte nicht ...«, jammerte er, bis Hannah sich zu ihm hinabbeugte und ihm ins Ohr

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