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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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getötet.«
    Das Haus verströmte einen eigentümlichen Geruch, der Hannah in die Nase stieg, sodass sie niesen musste. »Ich weiß nicht, ob das etwas zu bedeuten hat. Ich muss darüber nachdenken, Mönch.«

    Hannah und Liss traten in einen düsteren Vormittag hinaus, der in der Wasservorstadt noch feucht schmeckte und trübe Gedanken quellen ließ. Hannah hakte sich bei der Liss unter, und so humpelten sie beide durch die engen Schluchten der Häuser, bis sie hinter dem Rathaus herauskamen.
    Die Bettlerin hielt inne und begann zu sprechen: »Celante ist verstümmelt. Man hat ihr von dem Mädchen erzählt, das wir womöglich tot gesehen haben. Der Tischler ist tot, der den Mauerabschnitt zum Lusthaus hinaus bewacht hat. Und auf den Mönch, der das Mädchen gesehen hat und plötzlich eins undeins zusammenzählen konnte, ist ein Anschlag verübt worden. Das ist doch auffällig!«
    Hannah blieb stehen und beobachtete die Handwerker, die vor ihren Häusern saßen, und sah den Marktfrauen nach, die Gänse zum Geflügelmarkt brachten oder Holz auf einer Kiepe trugen.
    »Zufall kann es kaum sein«, sagte sie ruhig.
    Hannah hockte sich unter einen der Bäume, die den Marktplatz hinter dem Rathaus etwas begrünten. Sie legte das Kinn auf die Knie und sagte lange Zeit gar nichts. Endlich hob sie den Kopf. »Das sind zu viele lose Enden, als dass daraus ein Zwirnfaden werden könnte, den wir aufspulen. Ich verstehe so vieles nicht. Warum wird unser Haus niedergebrannt? Warum will Aigen das Grundstück unbedingt haben? Oder ist das alles nur ein Zufall und wir bauen uns ein Gebäude aus Gedanken, die jeglicher Grundlage entbehren? Ach, Liss. Ich weiß es nicht.«
    Die Schwarze Liss antwortete nicht, sondern stieß Hannah mit dem Ellenbogen in die Seite. Aus drei Straßen, die auf den Platz einmündeten, traten gleichzeitig Frauen in Bettlergewändern und sahen sich um, so als suchten sie etwas. Schließlich deutete eine von ihnen auf den Baum und auf die darunter Sitzenden.
    »Sie suchen nach dir, Röttel«, warnte die Schwarze Liss.
    Hannah sah um sich. Sie musste sich erst kurz wieder zurechtfinden, bis sie wusste, wovon die Liss redete. »Nelda ist dabei. Sie suchen mich wirklich. Das kann nichts Gutes bedeuten.« Der letzte Satz wurde von einem tiefen Seufzer gefolgt.
    Sie schloss kurz die Augen. Sie wollte so gern ein wenig vom Anbruch des Sommers mitnehmen, bevor es wieder zurück in die Düsternis des Fledermausturms ging. Es war ein Moment der Kraft, der da in sie strömte und ihr das Gefühl gab, dem Kommenden gewachsen zu sein – oder doch zumindest nicht von dessen Gewalt überspült zu werden.
    Als Hannah die Augen wieder öffnete, sah sie Nelda winken.
    »Sie vertrauen dir, Röttel. Wenn du wirklich wissen willst, wie das alles mit dem Haus und mit Aigen und deiner Tochter zusammenhängt, dann kannst du auf sie bauen. Sie sind allesamt stärker als der mächtigste Kaufmann in der Stadt. Das darfst du nie vergessen.«
    Bevor Hannah erwidern konnte, dass ihr alle Macht gestohlen bleiben könnte, wenn sie nur einen Hauch der Zuneigung ihres Gatten oder nur einen Splitter der Liebe ihrer Tochter für sich hätte retten können, war Nelda bei ihr. Blass sah sie aus und krank. Die Erschöpfung stand ihr ins Gesicht geschrieben.
    »Endlich haben wir dich gefunden!«, begrüßte sie Hannah.
    »Du solltest doch das Bett hüten!«, schalt Hannah die junge Frau.
    »Es ist etwas vorgefallen«, stieß diese atemlos hervor. Ihr ernstes Gesicht sagte Hannah, dass ihre Vorahnung richtig gewesen war.
    Hannah hob die Augenbrauen. »So rede doch!«, drängte sie, nachdem Nelda keine Anstalten machte weiterzusprechen.
    Doch die junge Frau schüttelte energisch den Kopf. »Du musst mitkommen, Röttel. Schnell. Ich kann das hier nicht sagen. Die Gassen haben Ohren. Es wäre schneller ums Haus, als wir laufen können.«
    Beunruhigt sahen Hannah und die Liss sich an. »Na dann los!«, sagte Hannah und erhob sich.
    Als sie den Turm betraten, roch Hannah bereits den süßlichen Geruch von Blut. Hörte das denn nie auf?, dachte sie, voller Angst davor, was sie vorfinden würde. Sie streifte ihren Filzmantel ab und hastete in den ersten Stock hinauf. Vier Frauen standen um den Tisch herum. Als Hannah hinzutrat, wichen sie zurück und gaben den Blick frei auf ein Kind. Hannah stöhnteauf. Der Anblick schnitt ihr in die Seele, als würde jemand eine Kerbe in weiches Holz schlagen.
    Dort lag ein Mädchen. Sie hatten es entkleidet und

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