Full House: Liebeserklärung an die Chaosfamilie (German Edition)
in die Arme meiner Frau. Und plötzlich ist alles gut. Die Schmerzen sind vergessen (zumindest meine), die neun Monate Kotz-Attacken, einfach alles.
Neben mir liegen die zwei wundervollsten und kostbarsten Frauen dieser Welt.
Nach einigen Tagen im Krankenhaus, die mir sehr guttun, kehren wir drei zurück in unser Zuhause.
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Tagebucheintrag: 8. Februar,
12:30 Uhr – Büro
Die erholsamen Tage im Krankenhaus sind zu Ende. Schade!
Das Leben hat eine neue Wendung genommen. Alle befreundeten Ehepaare tun so, als hätte ihr Leben erst jetzt begonnen, nachdem der Nachwuchs da ist. Ich kann es nicht glauben. Wahrscheinlich traut sich kein Mann zuzugeben, dass ein Neugeborenes den Alltag verändert.
Ich liebe unsere Tochter, aber ich liebe auch meinen Schlaf.
Ich gestehe, dass ich jetzt mehr Zeit im Büro verbringe als nötig, und habe dabei ein Scheiß-schlechtes-Gewissen … Immerhin ist Beate in diesen Stunden allein mit unserem Kind, aber ich brauche den Schlaf – bin einfach nicht so belastbar wie sie. Lege mich auf den Boden und nicke sofort weg. Niemals hätte ich gedacht, dass Vatersein so anstrengend sein kann.
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Das neue Familienleben beginnt
Durch meinen etwas unglücklichen Unfall in der Klinik – ich erinnere an meine vier Stiche – bin ich natürlich zunächst ein wenig gehandicapt, was bei Beate völliges Unverständnis hervorruft.
»Schatz, es waren nur zwei! Oder wurde das sogar nur geklebt?«
»Nur geklebt!« So sind sie, die Frauen. Null Verständnis, wenn es um das Leid des Mannes geht.
»Angefühlt hat es sich aber wie mindestens sechs!«
»Meine Güte, machst du ein Theater wegen einer kleinen Platzwunde!«
»Kleine Platzwunde? Ich bin doch kein Stuntman.«
»Schaaaatz! Erstens wird man in vierzehn Tagen nichts mehr sehen, und zweitens stehst du ja nicht vor, sondern hinter der Kamera, und da brauchst du kein hübsches Gesicht.«
»Danke, sehr taktvoll.«
Ich schweige und werde zu diesem Thema nichts mehr sagen. Sie wird schon sehen, wie ungerecht ihre Einschätzung ist.
Zu Hause angekommen, gilt es nun, unser Baby anseine neue Umgebung zu gewöhnen, meint Beate. Die Bemerkung, dass das vorige Zuhause bestimmt eine Klasse schlechter war (immerhin ist es im Bauch eng, feucht und dunkel, außerdem stelle ich es mir ziemlich laut vor mit all den Körpergeräuschen rundum), quittiert Beate mit einem Blick, der Tote zu Staub zerfallen ließe.
»Danke, und wahrscheinlich ist das der Grund, warum unsere Tochter bei mir ausgezogen ist?«
»Nehme ich an. Würdest du nicht auch lieber von einer einfachen Absteige in ein Sternehotel …«
Weiter komme ich nicht. Solidarisch, wie Mädels nun mal sind, schlägt sich Clara auf die Seite ihrer Mutter und beginnt zu weinen. Zusätzlich steigt mir ein klar definierbarer Geruch in die Nase.
Unsicherheit macht sich breit
Es scheint mir, als würden Frauen mit dem Ich-weiß-wie-ich-mit-Babys-alles-richtig-mache-Gen geboren! Mir jedenfalls fehlt dieser Urinstinkt völlig. Natürlich bin ich überglücklich, endlich meine heiß ersehnte Tochter, immerhin ein Wunschkind, in den Armen zu halten. Aber in der Sekunde, in der Bea das Zimmer verlässt, steigt ein Gefühl der Panik in mir auf. Halte ich sie richtig? Was tun, wenn sie plötzlich zu schreien beginnt? Womöglich schreit sie, weil sie mich bereits jetzt schon hasst oder Ähnliches.
»Schatz, du brauchst doch keine Angst vor Clara zu haben!«
»Sehr witzig. Angst habe ich vor dem Scheiß-Dobermann unseres Nachbarn. Bei Clara bin ich PANISCH!«
»Aber wieso denn? Das ist unser Baby, ein kleines, süßes Mädchen. Milliarden Menschen haben Babys, und ich bin mir sicher, dass sich niemand so anstellt wie du!«
Ja, da war es wieder. Frauen vergleichen immer. Eine Tatsache, an die ich mich nie gewöhnen werde. Sie vergleichen Kochrezepte, Handtaschen, Schuhe, nur stellen sie keine Relation zwischen Preis und Wert her. Natürlich hauptsächlich bei den letzten zwei Gegenständen.
Jetzt vergleicht sie mich, ihren Mann, den Vater ihres Kindes, mit »Milliarden anderer Menschen«.
Clara ist etwas Besonderes: ein besonders schönes, besonders kluges und in diesem Augenblick ein besonders lautes Baby. Clara ist wach und hat Hunger, und das unterstreicht dieser gerade mal 2,5 Kilo schwere Säugling mit intensiver Geräuschbildung.
Und jetzt tue ich es vielen Vätern gleich, ich mutiere ebenfalls zum Kleinkind, das idiotische Laute von sich gibt.
»Adu-adu. Hadu-Hungi? Mama-dida-dido …«
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