Full House: Liebeserklärung an die Chaosfamilie (German Edition)
Dinge, die man sich nicht wirklich gewünscht hat, heuchelt Freude und plant bereits den Umtausch.
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Tagebucheintrag: 25. Dezember,
7:50 Uhr – Küche
Der Heilige Abend ist vorbei, und ich hoffe, dass bei uns endlich wieder der Alltag einkehrt. Ich hasse Weihnachten!
Meine Schwiegereltern wollen heute Nachmittag abreisen. Gott sei Dank! Es war eine Belastung für Körper und Seele. Ich will endlich wieder im eigenen Bett schlafen … und vielleicht sogar mit meiner Frau …
Renate hat mir zusätzlich noch einen Kaktus geschenkt mit dem Kommentar: »Der passt zu dir,und mit ein bisschen Geduld blüht er sogar!« Als hätten die zwei Krawatten nicht gereicht. Ich habe mir insgeheim schon überlegt, ob ich sie dermaßen beleidigen soll, dass sie mehrere Jahre wegbleibt und uns / mich zufriedenlässt. Habe mich dann doch nicht getraut.
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Sandkastenspiele
Ich gebe es zu, ich habe mich im Vorfeld der Geburt unseres ersten Kindes sehr darauf gefreut, mit der Kleinen zum Sandkasten zu gehen. Sie auf dem Dreirad oder auf dem Bobby Car, ich mit einem guten Buch unter dem Arm, die Sonne scheint, in der Tasche sind Kekse und ein Kindertee für den Notfall – das Leben kann so schön sein!
Kann es. Ist es aber nicht unbedingt. Erst einmal hatte ich nicht mit den Sandkastenmüttern gerechnet. An dieser Stelle muss ich wirklich alle Männer auffordern: Geht gefälligst zum Sandkasten, ihr Langweiler! Man trifft ja fast nur Frauen dort! Und die tun, was Frauen gerne tun: Sie reden. Sie reden über Kinder und Kinderkrankheiten, über Wickeln und Stillen und Milchpumpen. Über Kitas und Krabbelgruppen, Kinderärzte, Kinderzahnärzte, Kinderphysiotherapeuten. Über Milchzähne, Milchfläschchen und Milchstau. Mann! Frauen können endlos reden, aber sie reden immer nur über das eine: Kinder und das Drumherum. Jedenfalls, wenn sie auf dem Spielplatz sind.
Ich also sitze mit meinem Buch da und versuche verzweifelt, mich auf einen richtig harten Thriller zu konzentrieren – und schon spricht mich die Banknachbarin an: »Erziehungsratgeber?«
»Naja, so ähnlich«, sage ich und stecke das Buch schuldbewusst und möglichst unauffällig beiseite.
»Ich glaube, ich habe schon alle gelesen«, sagt sie.
»Wow, bin beeindruckt«, sage ich und fummle am Buggy herum (Clara hat heute sowohl das Bobby Car als auch das Dreirad verweigert) in der Hoffnung, dass sie mich für zu beschäftigt hält, mit ihr über die entscheidende Frage zu diskutieren: Stillen oder nicht Stillen? Als wüsste ich da Bescheid. Allerdings habe ich dazu eine feste Meinung, die ich mich aber nicht traue, mit ihr zu teilen. Man mag sich ja nicht freiwillig als Macho outen. Nur so viel und ganz unter uns: Stillen bedeutet Nachtruhe. Für den Mann.
»Und Sie? Ihr erstes Kind?«
Ich nicke. »Süß, die Kleine«, erwidere ich und schaue zu ihrem Kind.
»Er heißt Maximilian«, erklärt sie.
»Oh. Tschuldigung. Trotzdem süß.«
»Maximilian ist sehr begabt.«
Wieso?, denke ich. Der Knirps ist doch erst geschätzte zwei. Was kann er? Um die Ecke kacken?
»Wir besuchen jetzt immer die musikalische Früherziehung.«
»Oh.« Ich sehe mir den Knaben genauer an. Er sieht aus wie ein ganz normales Kind. »Und was spielt er?«
»Englischhorn.«
Vermutlich sieht sie mir an, dass ich überlegen muss, ob mir das was sagt. Englischhorn. Wow. Was kann eigentlich meine Kleine? »Clara geht zweimal die Woche zum Taekwondo«, fabuliere ich frei in der Hoffnung, damit jede weitere Diskussion zu unterbinden. Doch weit gefehlt! »Wirklich? Das finde ich ja ganz großartig«, erklärt meineBanknachbarin. »Wo denn? Da würde ich Maximilian gerne mal für einen Schnupperkurs anmelden.«
»Beim Taekwondo?«
»Aber Sie sagten doch …«
»Das ist ein Privatkursus. Nur für Mädchen«, stottere ich. »Wir mussten unser Kind schon vor der Zeugung anmelden.«
»Oh.« Sie schweigt. Ich nehme schnell mein Buch zur Hand und beginne beflissen zu lesen. Allerdings komme ich kaum zwei Zeilen weit, da ertönt plötzlich unsägliches Gezeter und Geschrei aus dem Sandkasten: »Meins, meins, meins, meins, meins!«
»Nein, meins!«
»Nein, meins!«
»Nein, nich deins!«
Clara und der fremde Junge ringen um einen Eimer, dessen feinkörniger Inhalt sich unterdessen vollständig über den Kindern verteilt und vom Scheitel bis zu den Pobacken wieder wird abgeduscht werden müssen. Was bin ich froh, dass die Nacharbeiten nach solchen Sandkastenbesuchen immer meine Frau
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