Full House: Liebeserklärung an die Chaosfamilie (German Edition)
einziges Mal schlecht, ihre Essgelüste waren nicht merkwürdiger als sonst, und alles war einigermaßen entspannt, sieht man mal von den Fressattacken und Wutanfällen ab, die dann nahtlos in tiefste Depressionen umschlugen.
Nun gut, die Zeit der Geburt (4:16 Uhr) war nicht gerade inspirierend, aber ein Gutes hatte das alles: Die Schwiegereltern, genauer gesagt, Renate, schlugen erst nach elf Uhr im Krankenhaus auf, und zu diesem Zeitpunkt war ich bereits im Büro.
Bea und ich hatten uns ja dieses Mal bereits lange vor der Geburt auf einen Namen geeinigt: Ryan.
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Haustiere
Es kommt der Tag im Leben jeder Familie, da stellt sich die Frage, ob man sich nicht (noch) ein Haustier anschaffen will. In diesem Fall war es unsere Tochter, die diese Frage stellte, und zwar am Tag ihres fünften Geburtstages:
»Papaaa, darf ich einen Hund haben?«
»Aber Clara-Schatz, wir haben doch Yuma. Was willst du denn mit noch einem Hund?«
»Tina hat auch einen. Einen eigenen.«
»Kommt gar nicht in Frage, Schätzchen. So ein Hund bedeutet viel Verantwortung.«
Am leeren Blick des Kindes kann man mühelos erkennen, dass das Wort »Verantwortung« ein komplettes Fremdwort für den Nachwuchs ist.
»So einer aus der Werbung wäre super.«
»Einer aus der Werbung?«
»Ja, die mit dem Schleifchen im Haar!«
O Gott, sie will so ein Wollknäuel, bei dem man ständig Panik hat, dass man aus Versehen drauftritt.
»Oder ein Bullterrier.«
»Ein was?«, stöhne ich und versuche mir vorzustellen, was meine Tochter mit einem Bullterrier anstellen würde oder er mit ihr. Besser nicht.
»Der Leo aus dem Kindergarten hat so einen. Und jetzt haben alle Angst vor ihm.«
»Clara-Schätzchen, die haben nicht Angst vor ihm, die haben Angst vor dem Hund.«
»Cooool.«
Okay, sie ist offensichtlich noch nicht reif für einen Hund. Jetzt packt Papa mal seine ganz große Trickkiste aus: »Wenn du einen eigenen Hund hast, dann musst du jeden Tag ganz früh aufstehen und mit ihm Gassi gehen. Auch am Sonntag!« Schlagartig wird mir klar, dass ich mir gerade selbst ein Ei gelegt habe.
»Au ja, dann braucht ihr mit mir nicht mehr zu schimpfen, dass ich immer schon um sechs wach bin! Ich geh dann mit meinem Hund spazieren! Und ihr seid noch ein bisschen ungestört«, sagt sie und zwinkert mir tatsächlich zu. Mann, die Kleine hat’s aber faustdick hinter den Ohren. Das muss sie von der Mutter haben.
»Und stell dir mal vor, was so ein Hund kostet«, erkläre ich. »Der frisst uns doch die Haare vom Kopf. Für das Geld könntest du jeden Monat mindestens zwei Barbie-Puppen bekommen.«
»Heißt das, wenn ich keinen Hund will, bekomme ich ab jetzt jeden Monat zwei neue Barbies?«
»Also, so habe ich das jetzt nicht gemeint, Kind.« Sollte Juristin werden, die Kleine. Perfekt darin, anderen Leuten das Wort im Munde umzudrehen.
Zugegeben, auf die intellektuelle Wendigkeit meiner Tochter bin ich trotzdem ein bisschen stolz. Auf meine weniger. Langsam habe ich den Eindruck, sie ist die mit der Trickkiste.
Okay, dann eben auf die brutale Tour: »Und stell dir nurvor, wenn er krank ist! Auch Haustiere leiden und sterben irgendwann.«
»Du und Mama doch auch! Dann habe ich wenigstens einen Hund und bin nicht so traurig. Und bis dahin hat er ein schönes Leben bei uns, Papa! Ich hab auch schon einen Namen für ihn!«
Ich entschließe mich, diese Bemerkung zu ignorieren und das Thema zu wechseln.
»Clara, sag mal, wollen wir nicht zuerst einmal mit etwas Kleinerem anfangen?«
»Kleiner als was?«
»Ich meine, kleiner als ein Hund.«
»Nee, dann schon lieber was Größeres.«
»Was Größeres?«, frage ich entsetzt.
»Ja, einen großen Hund oder ein kleines Pferd.«
Damit scheint für meine fünfjährige Tochter das Thema erledigt zu sein; siegessicher verlässt sie den Raum.
Zwei Stunden später, die Kinder sind im Bett, konfrontiere ich Beate mit dem Wunsch unserer Tochter. »Was sagst du zu Claras Plänen?«
»Welchen?«
»Die mit dem Hund.«
»Ach, und ich dachte, wegen des iPads.«
»iPads?«
»Nicht so wichtig. Was ist denn mit dem Hund?«
»Dem Hund? Ist das für dich schon so konkret? Ich dachte, wir überlegen erst einmal gemeinsam, ob wir uns noch einen Hund zulegen wollen.«
»Damit willst du sagen, du hast schon beschlossen, dass es keinen Hund für Clara gibt, ja?«
»So habe ich das nicht gemeint, aber wir haben doch schon Yuma, und die gehört uns allen …«
»Klang aber sehr danach. Würde mich auch nicht
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