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Full House: Liebeserklärung an die Chaosfamilie (German Edition)

Full House: Liebeserklärung an die Chaosfamilie (German Edition)

Titel: Full House: Liebeserklärung an die Chaosfamilie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sky du Mont
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sondern nur von den Kindern so genannt wird; zu spät, denn mittlerweile habe ich ihn mehrmals mit »Herr Schlumpfi« angesprochen und mir dadurch mehrere giftige Blicke eingefangen. Entsprechend ist sein Ton, als er uns zwei Stühle zuschiebt: »Sind leider nur noch Kinderstühle da. Aber wer zu spät kommt …«
    Sind wir. Ich bin mir in meinem Leben noch nie kleiner vorgekommen als auf diesen Stühlen. Da saßen wir also wie zwei Pilze im Wald und lauschten den Ausführungen der Kindergartenleiterin, die uns über die besondere Knuddelbanden-Philosophie, das erzieherische Knuddelbanden-Konzept und die allgemeinen Knuddelbanden-Regeln aufklärte. Ich gebe zu, ich war nicht sehr aufmerksam. Erst als Frau Böse plötzlich fragte: »Herr Richter, nehmen Sie die Wahl an?«, war ich plötzlich wach. Hellwach! Und das nicht nur, weil meine Beate mich mit dem Ellbogen in die Seite boxte, dass mindestens zwei Rippen knackten. »Wahl?«, stotterte ich. »Welche Wahl, ich war gerade noch am Überlegen wegen der Philosophie und so.« Voller Panik sah ich mich im Elternkreis um, aus dem mir wohlwollend zugenickt wurde. »Ihre Miteltern haben Sie eben zum Knuddelbanden-Kindergarten-Elternsprecher gewählt«, klärte mich Frau Böse charmant auf. »Nehmen Sie die Wahl an?«
    »Oh«, sagte ich. »Ach.« Und »Äh.« Dann blickte ich mich um, lächelte verlegen zurück und entschied: »Nein, leider nicht. Ich … ich bin dafür gänzlich ungeeignet. Leider.« Mit den Knien versuchte ich meine roten Ohren zu verdecken, niedrig genug saß ich ja. Und nun war ich noch etwas weiter zusammengesunken. Wäre in dem Moment die Putzfrau vorbeigekommen, sie hätte mich vermutlich für ein Häufchen Staub gehalten und weggewischt. »Nichts für ungut. Ich bin zu oft auf Reisen. Sie verstehen …« Es sah allerdings keiner so aus, als verstünde er. Vielmehr wurde die Wahl neu abgehalten, und eine sehr engagierte Mutter wurde zur Kindergartenelternsprecherin gewählt, eine ebenso engagierte andere Mutter zu ihrer Stellvertreterin – und Martin »Schlumpfi« Meier zum Erzieherbeirat.
    Den Rest des Abends verbrachte ich schweigend. Man macht sich so seine Gedanken. Was kann ein Elternbeirat tun? Was kann er wollen? Und ein »Erzieherbeirat«? Mir kam das alles ziemlich undurchsichtig vor, um nicht zu sagen unnötig. Bis der Elternbeirat sein Programm vortrug – und ich gebe zu, ich war erstaunt, dass die gewählten Mütter bereits ein Programm parat hatten. Monatlicher Elterntreff in der Kindergartenbibliothek, Sommerfest, Elternchat. Gut, dass ich die Wahl nicht angenommen hatte, auf solche Sachen wäre ich niemals gekommen.
    »Das war ja wohl megapeinlich!«, zischt mir meine Frau zu, als wir endlich wieder nach draußen stolpern. Nach dem Abend auf dem Zwergensitz gehöre ich eigentlich direkt in die orthopädische Notaufnahme. Oder wenigstens in die Badewanne. Doch daraus wird nichts: »Wir haben beschlossen, dass wir irgendwo noch eine Kleinigkeit essen gehen«, klärt uns die frisch gewählte Elternbeirätin auf. »Mögen Sie nicht noch mit uns kommen?«
    Ich will schon ablehnen, da macht meine liebe Frau rasch noch zwei weiteren Rippen den Garaus: »Aber gerne! Wohin geht’s denn?«
    »Ach, da vorne gibt es ein sehr nettes Restaurant …«
    »Eckkneipe« hätte es besser getroffen. Das Einzige, was die zubereiten konnten, war ein Bier. Durfte ich aber nicht trinken, weil ich ja noch fahren sollte. Also eine Aufbackpizza und ein Wasser (das schmeckte, als hätten sie damit schon mal den Boden gewischt). Immerhin war es nicht sehr teuer. Wenn man davon absieht, dass wir am Ende des Abends mit einer Liste von Aufgaben nach Hause gingen, die länger war als die Besetzungsliste von Ben Hur. Beate sollte für den nächsten Elterntreff einen Apfelkuchen backen, ich wurde zum Aufräumdienst beim Frühjahrskindergartenputz eingeteilt, und zwar als »der große Aufräum-Mufti«. Argument: »Sie arbeiten doch viel mit jungen, kreativen Menschen, Herr Richter, das können Sie bestimmt besonders gut!« Diese Logik erschloss sich mir zwar nicht, doch ich wagte nicht zu widersprechen. Für das Sommerfest sollten wir die Getränke besorgen und bei der großen Kindergarten-Rallye mit aufbauen helfen (»Oder mögen Sie lieber abbauen? Könnte aber spät werden, denn wir wollen hinterher noch ein kleines Beisammensein begehen«). Arbeit über Arbeit – keine Perspektive für mich.
    Als wir endlich wieder im Auto saßen, schimpfte meine Frau: »Hättest

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