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Fummelbunker

Fummelbunker

Titel: Fummelbunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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gut an.« Er schnalzte mit der Zunge.
    »Genauer gesagt geht es um diese Software vom Finanzamt.«
    »Du meinst Elster? Möchtest du deine Steuererklärung machen? Ist die Frist nicht seit einem Monat rum?«
    »Nein«, unterbrach ich ihn. »Ich meine die Software, womit das Finanzamt die Kontodaten von jedermann einsehen kann.«
    »Du meinst das automatisierte Kontoabfragesystem.« Seine Stimmlage sackte um einige Oktaven ab.
    »Genau.«
    Sein Atem rauschte durch den Lautsprecher. Offenbar ahnte er schon etwas.
    »Habt ihr bei der Polizei auch diese Software?«
    Er gab sich karg. »Frag die vom K 23.«
    Ich räusperte mich. »Kannst du die nicht fragen?«
    »Warum? Was willst du damit?«
    Ich ging ans Fenster und sah als Erstes die Straßenbahn. Sie klapperte die Straße hinunter und begann nervös zu bimmeln, als ein Junge über die Schienen lief. »Ich will jemanden finden.«
    »Aha. Und seine Kontoumsätze sollen dabei helfen?«
    »Das hoffe ich.«
    Es entstand eine kleine Pause.
    »Bitte, Sascha«, flehte ich ihn an. »Es ist wichtig.«
    »Hör auf, so zu jammern«, nörgelte er. »Das ist ja erbärmlich.« Ein Grunzen drang an mein Ohr. »Bei uns müsste das Programm auch irgendwo herumfliegen. Ich hab es noch nie benutzt und ich weiß nicht, wie das Teil funktioniert. Aber reinschnuppern und rumprobieren hat ja bislang niemandem wehgetan.«
    Ich hielt den Atem an. »Danke!«
    »Ja, Ja. Gib mir die Kontodaten. Ich überlege es mir.«
     
    Am nächsten Morgen stand ich bereits um acht unter der Dusche, weil ich nicht schlafen konnte. Zu viele Gedanken hielten mich wach und hin und wieder ging die Fantasie mit mir durch. Wie lebt ein Mensch mit 9.000 Euro Spielschulden? Ich persönlich wäre am Stock gegangen. Letztes Jahr stand ich mit einer Monatsmiete im Rückstand und ich habe keine Nacht durchgeschlafen, ehe ich nicht endlich die Summe berappen konnte. Bei 9.000 Euro würde mein Hintern abends nicht einmal die Matratze berühren.
    Irgendjemandem musste das doch aufgefallen sein.
    Energisch rubbelte ich mir das Wasser von der Haut und zog anschließend sämtliche Rollläden hoch. Grelle Sonnenstrahlen schlugen durch die Scheiben und erwärmten postwendend den Holzboden. Ich klemmte mir einen Haufen Klamotten unter den Arm, griff nach dem Telefon und rief Olaf im Büro an.
    »Ich bin gerade erst hereingekommen«, hechelte er. »Was ist denn jetzt schon wieder?«
    »Ich möchte mit Boris’ Freundin sprechen«, sagte ich.
    »Auf gar keinen Fall«, wehrte Olaf sofort ab.
    »Warum nicht?«
    »Sie braucht nicht zu wissen, dass ein Detektiv nach ihm sucht.«
    »Warum nicht? Das ist in Anbetracht der Tatsache, dass ihr Kerl wie vom Erdboden verschluckt ist, doch nur lobenswert.«
    »Die Frau hat andere Ansichten als du darüber, was lobenswert ist und was nicht.«
    Das wiederum machte mich noch neugieriger.
    »Frag nicht«, wiegelte er aber auf der Stelle ab. »Es gibt Dinge, die sollten im Untergrund verborgen bleiben.«
    »Klingt so, als hättest du schon deine Erfahrungen mit ihr gemacht.«
    Im Hintergrund plärrte Olafs Computer die Begrüßungsmelodie.
    »Diese Frau ist ein emotionaler Tsunami.«
    Er spannte mich ganz schön auf die Folter. »Wie heißt sie?«
    »Nix da. Was willst du überhaupt von ihr?« Er klang ziemlich genervt. Dabei sollte er dankbar über meine Euphorie sein, mit der ich an die Sache heranging.
    »Ich will wissen, wie sie Bäckers Schuldenberg erlebt hat.«
    »Das kann ich dir auch beantworten«, hakte Olaf sofort ein. »Sie hat ihn gar nicht erlebt. So eng sind die beiden nicht miteinander, als dass Boris ihr von seinen Problemen erzählt hätte. Außerdem weiß er, dass ihrem Hirn der nötige Kontrastfilter fehlt, um solche Sachen richtig zu erfassen.«
    Ich kannte diese Metapher nur zu gut. Er sagte es gerne über engstirnige Geschöpfe, in deren Welt kein Platz für Graustufen war. Es fing an, als unsere Mutter ihre Nachbarin als Alkoholikerin bezeichnete, weil sie ihren Jägermeister im Garten unter freiem Himmel trank. Mutti trank weder Jägermeister noch trank sie an der Luft, was sie nach eigener Einschätzung aus dem tiefschwarzen Sog des Alkoholismus rettete. Meine Mutter hatte einen sehr ausgeprägten Kontrastfilter.
    Olaf beendete das Gespräch abrupt mit der Ausrede, ihm sei eine heiße Story auf den Tisch gesegelt. Ein wenig angesäuert legte ich das Telefon beiseite und zog mir die Klamotten über. An der Rolle des Auftraggebers musste mein Bruder noch dringend

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