Fummelbunker
dem Lenkrad. »Ja.«
»Und Finger überkreuzen gilt nicht!«
»Ist ja gut!«, fauchte ich in den Hörer und legte auf. Meine Amüsiertheit war mittlerweile wieder weggeweht. Metin, dieser Kameltreiber, versuchte mal wieder, an meinem Twingo ein Exempel zu statuieren. Warum setzte er nicht einfach Mikado-Sven vor die Tür oder zwang Corinna, ihre Haare zu blondieren und unter die Sonnenbank zu gehen? Warum zum Teufel musste immer mein Auto herhalten?
Weil du es mit dir machen lässt, dachte ich sofort.
Angegiftet stellte ich den Twingo auf dem Park-and-ride-Parkplatz der Glückauf-Bahn ab. Dies bedeutete zwar einen zehnminütigen Fußmarsch bis zu meiner Wohnung, doch für das Wohlergehen meines Autos nahm ich das gern in Kauf. Nicht noch einmal würde ich Ragip mein Auto überlassen.
Ich schloss die Haustür auf und das Fiepen meines Handys echote gegen die Wände. Als ich das Telefon aufklappte, las ich eine Kurznachricht des Kameltreibers. Zwischen ein paar wüsten Beschimpfungen und einer hämischen Bemerkung konnte ich eine unvollständige Telefonnummer ausfindig machen, die offensichtlich zu Viktor Medwedew gehörte. Den Rest der Nummer gäbe es allerdings erst morgen früh, nachdem Ragip die Mistkarre abgeholt hatte.
Metin, du Penner!
Wenn Ragip feststellte, dass mein Auto nicht dort war, wo er es vermutete, würde er Metin Bericht erstatten und die Sache mit dem dubiosen IT-Russen wäre gestorben. Angepisst lehnte ich gegen meine Wohnungstür und klopfte mit dem Hinterkopf gegen das Holz. Ich konnte jetzt einfach keinen Rückzieher mehr machen.
Leise fluchend stakste ich wieder die Treppen hinunter und nahm mir vor, schon ab sechs Uhr morgens am Fenster Wache zu halten. Sollte Ragip tatsächlich auftauchen, würde ich mich ihm in den Weg stellen und ein ordentliches Wörtchen mitreden.
Eine Viertelstunde später saß ich auf dem Bett und schälte mich aus den Klamotten. Ich knipste das Licht aus, legte mich auf den Rücken und starrte gegen die Decke, blind von der Lichtempfindlichkeit, um mir mit Grübeleien kleine Löcher ins Hirn zu brennen. Diese Telefonnummer kam mir doch irgendwie bekannt vor. Keine zehn Minuten später stand ich auf, schaltete das Licht ein und las noch einmal Metins Kurznachricht. Mit aufgeblasenen Backen klappte ich das Telefon wieder zu.
Kein Wunder, dass Viktor Medwedew gerade unpässlich war.
Die Nummer war die Zentrale der Bochumer Justizvollzugsanstalt.
Am nächsten Morgen um Viertel nach acht sprang ich aus dem Bett und schleuderte mein Handy immer und immer wieder auf die Matratze. Die war weich genug, damit ich es nicht kaputt machte, befriedigte aber trotzdem meinen Wunsch nach Bestrafung, weil mich der kleine elektrische Koreaner nicht geweckt hatte.
Schmachtend schaute ich aus dem Fenster. Natürlich war der Twingo längst weg und seine Parklücke neu besetzt. Ich ballte meine Hände zu Fäusten, wusste aber nicht, wohin mit ihnen.
Das werde ich ihm heimzahlen.
Irgendwann, wenn ich ihm und seiner Klitsche mit gekehrtem Rücken zum Abschied winkte, bekommt er alles zurück.
Vielleicht sollte ich ein ernsthaftes Gespräch mit Alexander Schalkowski führen. Bei dem war ja noch eine Stelle frei.
Um Viertel vor neun plärrte mein Handy und Metin schickte mir die Durchwahl der Häftlingstelefonzelle aufs Display. Ich wollte keine weitere Minute warten, aber mir war klar, dass ich Viktor nicht früher ans Telefon bekäme. Die Telefontermine der Sträflinge wurden akribisch aufgesetzt. Also wartete ich am Fenster und glotzte weiter auf die Straße. Eine junge Frau mit riesigen Füßen schlurfte den Bürgersteig entlang und trug eine pralle Brötchentüte vor sich her. Bei dem Anblick überkam mich das große Magenknurren und ich beschloss, mir beim Bäcker im Nachbarhaus etwas Nervennahrung zu holen. Ich zog über, was nötig war, um nicht wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses der Bäckertheke verwiesen zu werden und hetzte die Stufen hinunter.
Mit einer Puddingschnecke unter dem Arm kraxelte ich die Etagen hinauf und schaltete hechelnd meinen Laptop ein, ehe ich endlich die Nummer wählte. Von einer Frau mit penetranter, alternder Stimme ließ ich mich zu einem Telefon durchstellen, an welchem Viktor Medwedew angehalten wurde, auf mich zu warten. Mein Herz hämmerte vor Aufregung. Noch nie hatte ich mit einem Russen gesprochen. Schon gar nicht mit jemandem im Knast.
»Privjet. Ich bin Viktor«, sprach er hinein und das ch scharrte an seinem
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