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Fummelbunker

Fummelbunker

Titel: Fummelbunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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Sollte Gregor für Bäckers Verschwinden verantwortlich sein, würde das Casino demgemäß keine Schuld an Bäckers Verschwinden tragen. Doch die Puzzlespielerei half mir nur halbherzig dabei zu glauben, dass ich hier heil wieder herauskäme, denn die Möglichkeit, dass Gregor ein Meuchelmörder war, wollte ich einfach nicht wahrhaben.
    Steif wie eine Planke legte ich mich aufs Bett. Die Decke war dünnes Daunenstepp und das Kissen spärlich gefüttert. So oder so musste ich die Sache morgen früh durchziehen. Nicht, weil ich so scharf darauf war. Mir kam der Gedanke, dass ich überhaupt keine andere Wahl hatte.
     
    Gegen Mitternacht war ich immer noch nicht eingeschlafen.
    Wie konnte ich auch? Immerhin war ich eingekerkert. Ganz zu schweigen davon, dass meine kommende Aufgabe mit mindestens einem Bundesgesetz kollidieren wird, was jedem Vollidioten aufgefallen wäre.
    Außerdem ließ mich der Gedanke an den Toten unter der Erzbahnschwinge einfach nicht mehr los. Warum war Bäcker so erpicht darauf gewesen, Gregor die Sache anzuhängen? Vielleicht wurde er dazu angestiftet. Vielleicht wurde ihm viel Geld für den Job geboten. Vielleicht war es einfach die Wahrheit. Ein Schauer kroch mir über den Rücken. Was hinderte mich daran zu glauben, dass Gregor es gewesen war? Dass er den Nazi von der Hängebrücke gestoßen hatte?
    Weibliche Intuition. Ermittlerisches Gespür. Ich biss mir auf die Lippe.
    Wohl kaum.
    Allem voran standen Stolz und Selbstschutz ganz oben auf der Liste. Kaum zwei Monate war es her, dass Gregor nach Tagen des Dauersuffs in meinen Armen zusammengeklappt war – unmittelbar nachdem er mir die Faust ins Gesicht gerammt hatte. Seither trieb mich der Eifer an, seine verlorene Seele retten zu wollen; ihn trockenzulegen, zu waschen und ihn in die sich legal bereichernde Gesellschaft zu integrieren. Meinen inneren Sigmund Freud an ihm zu erproben und mich durch seine gewalttätige Kruste zu bohren. Ein Exempel an ihm zu statuieren, nachdem ich mir anhören musste, wohl unter einem Hirnkasper zu leiden, weil ich mich mit ihm beschäftigte.
    Dass Gregor sich als eine Gestalt entpuppen könnte, die aus niederen Beweggründen irgendwelche Menschen über den Jordan schickte, passte mir daher ganz und gar nicht in den Kram. Nicht zuletzt, weil dies bedeuten würde, dass ich wahrhaftig unter einem Hirnkasper litt.
    Ich spielte Katz und Maus mit dem Sekundenzeiger meiner Uhr. Es war Viertel vor eins. Ich rollte mich auf die andere Seite und schloss vorsorglich die Augen. Nur für den Fall, dass ich vielleicht doch noch einschlafen konnte.
     
    Ein lautes und dumpfes Hämmern riss mich aus meinem zähen Halbschlaf. Ich fuhr auf und schielte zuerst auf die Tür, doch niemand öffnete sie. Offensichtlich der Weckdienst, denn mittlerweile war es halb fünf.
    Ich stand auf und torkelte zum Garderobenschrank. Mein Kopf fühlte sich breiig an, über meinen Linsen lag noch trüber Schleier. Ich nahm die akkurat gefalteten Klamotten, die von mir in Anspruch genommen werden wollten, vom Stuhl. Sie bestanden aus einer schwarzen Baumwollhose mit Gummizug und einem schwarzen kurzärmeligen Oberteil. Ich würde darin aussehen wie ein Jogger in Stöckelschuhen und war absolut nicht erpicht darauf, auch nur eines dieser Teile anzuziehen. Ganz im Gegenteil: Das Ganze stank hochgradig nach Schikane. Ich sah unter der Garderobe drei Paar bequeme Halbschuhe, eines von ihnen in meiner Größe. Ich hob es auf; es war ungetragen. Wozu brauchten die all dieses Zeug? Unentschlossen schürzte ich die Lippen. Zugegebenermaßen hatte ich in meinen Klamotten geschlafen. Die Bluse war durchgeschwitzt und ihr Polyesteranteil begann bereits auf meiner Haut zu jucken. Und mir taten die Füße von den Schuhen weh. Also nahm ich zähneknirschend die Sachen, stellte mich für ein paar Minuten unter die Dusche und schlüpfte in die Klamotten hinein. Erst als ich den Gummizug am Bund bearbeitete und selbstmitleidig in den Himmel seufzte, fielen mir die erhabenen Stellen unter der Decke auf. Sie waren kaum größer als halbierte Tennisbälle und spiegelten den weißen Boden auf ihrem Glas. Mit einer Vorahnung ging ich ins Bad, sah hoch und machte tatsächlich eine weitere Kamera ausfindig. Eine Mixtur aus Scham und Wut kochte in mir hoch. Was für ein Kinderkram! Ich zog mir flugs das Oberteil über, stellte mich ans Bettende unter die Kamera und hielt für ein paar Sekunden den Stinkefinger vor die Linse. Der vielleicht beste Weg, sich aus dem

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