Fummelbunker
Gregor. »Wer bist du?«
»Ein Arrangeur.«
»Arrangeur am Arsch. Die kommt erst mal mit.«
Gregor zeigte sich verärgert. »Ich komme gerade von Ruben Minderhoud. Er und ich haben ein Geschäft. Und die Frau gehört dazu.«
»Gequirlte Scheiße!«, blökte der Holländer und mir wurden langsam die Knie weich, denn die Konversation schrie förmlich nach Handgreiflichkeiten. Stattdessen zupfte sich Gregor gemächlich die Handschuhe von den Fingern und holte in Zeitlupe sein Handy aus seiner kleinen Brusttasche. Offenbar wählte er eine Nummer, doch das schien den Niederländer kaum zu beeindrucken. Mit einem Mal sang Chris Cornell den James-Bond-Song in seiner Hosentasche.
»Entschuldigung. Falsche Nummer«, sagte Gregor und legte wieder auf. Doch die Entschuldigung war nur eine Farce und der Anruf nicht weniger als eine Demonstration, wie tief Pankos Griffel in der Sache steckten. Der Holländer war über die Erkenntnis augenscheinlich entsetzt. Der Typ mit dem Motorrad bluffte nicht.
Gregor wählte noch einmal und mein Despot lockerte seinen Griff, sodass ich mich ohne Anstrengung von ihm lösen konnte. Rein instinktiv rannte ich von ihm weg und auf Gregor zu, doch der schien von meinen Absichten absolut nicht begeistert. Ich sah die Abwehrhaltung in seinen Augen und wie er mit einer gespreizten Hand fuchtelte. Doch noch ehe ich seine Gestiken in die richtigen Schublade einordnen konnte, peitschte ein kurzer, beinahe fauchender Knall durch die schwülen Luftschichten und ich spürte unmittelbar ein Brennen in meiner linken Wade. Ein Schmerz ergoss sich wie heißes Öl über das ganze Bein bis in die Zehenspitzen und ich strauchelte.
Ich hätte weiterlaufen können. Ich war von Adrenalin und Angstschüben aufgepumpt, doch ich blieb stehen in der Erwartung, der Typ würde mir ansonsten eine Kugel in den Rücken jagen. Ich sah an mir herunter. Im Baumwollstoff über meiner Wade klaffte ein kleines Loch. Sofort wurde mir übel, derweil klopfte mein Unterschenkel wie ein Motorkolben. Hinzu kam der heiße, strahlende Schmerz. Ich erforschte Gregors Blick, der zu meiner Genugtuung ebenfalls von Schrecken gezeichnet war. Ich setzte mich auf den Boden, um den verletzten Muskel zu entspannen, damit die Schmerzen nachließen. Doch dies taten sie nur minimal.
Gemächlich schubste Gregor mit dem Fuß den Seitenständer nach vorn, stieg von der Maschine und drehte den Zündschlüssel um. Der Schrecken in seinem Gesicht wurde von Wut und Missbilligung abgelöst und er ging lange und breite Schritte auf den Holländer zu. In der Erwartung, dieser würde sogleich das Feuer auf ihn eröffnen, drückte ich meinen Kopf nach vorn und der Tränenschleier ergoss sich wie leichter Regen über meine Knie. Er ging an mir vorbei und ich kniff die Augen zusammen. Doch der erwartete Schuss blieb aus. Ich drehte mich zu den beiden um. Der Holländer stand an gleicher Stelle und Gregor hing wieder am Telefon. Dieser Mistkerl hatte wirklich eine Engelsgeduld.
»Ruben«, sprach er in den Hörer. »Deinem Mitarbeiter sitzt der Finger locker. So haben wir das nicht vereinbart.« Es entstand eine Pause. »Ich nehme die Kleine mit.«
Ich hörte Gebrumme und Getuschel, welches offenbar von seinem Telefon ausging. Dann unterbrach er die Stimme: »Nein. Klär du das mit ihm. Ich lasse ihn hier.«
Er ging auf den Holländer zu. »Hier«, sagte Panko und reichte ihm das Handy. »Er will dich sprechen. Behaltet das Geld für die misslichen Umstände. Und behalt das Telefon. Es ist sowieso euers.«
Missliche Umstände?
Der Holländer nahm das Telefon und hielt es sich ans Ohr. Meine Sicht war von dem Schrecken und den Schmerzen ein wenig getrübt, doch ich sah, dass der Kerl kreidebleich war.
»Ja?«, sprach er kleinlaut hinein und lauschte.
Währenddessen kehrte Gregor ihm den Rücken und kam zu mir. Er kniete sich vor mich hin, griff den Saum an meinem Knöchel und rollte den Stoff seelenruhig auf. Jede seiner Bewegungen fühlte sich an, als würde er dabei meine Haut abziehen. Blutverklebte Härchen pappten an der Hose und er musste sie mit groben Bewegungen epilieren. Ich atmete scharf ein und erwischte eine Brise alten Zigarettenrauch gemischt mit Schmiermittel.
Wir begutachteten die Wunde. Ich war angewidert und fasziniert zugleich, aber jetzt, da ich das Blut und die Eintrittswunde begutachtete, schmerzte es noch mehr als vorher. Wie ein Schlosshund begann ich zu heulen.
»Keine Austrittswunde«, stellte Gregor fest. »Die Kugel steckt
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