Fummelbunker
irgendwo fest.«
Er tastete mein Schienbein ab und jede Faser meines Oberkörpers zog sich zusammen.
»Der Knochen ist nicht gesplittert. Sie muss im Muskel sitzen.«
»Na so ein Glück«, keuchte ich fast sarkastisch.
Er blickte mich an. Lockige Strähnen fielen ihm vor die grünen Augen. Seine Haare waren über den letzten Monat um einiges gewachsen. Er sah ziemlich besorgt aus.
»Tut es sehr weh?«
»Geht schon«, log ich und biss mir auf die Unterlippe.
Hinter uns begann der Holländer sein Zeug zu räumen. Ich hörte ein Türenknallen. Dann ließ er seine Karre an.
»Du willst ihn einfach davonkommen lassen?«
»Alles andere wäre schlecht fürs Geschäft«, erklärte er trocken, zog seine Motorradjacke aus und fuhrwerkte in seiner Tasche herum. Währenddessen surrte der Wagen des Holländers an uns vorbei. Mit einem Schweizer Taschenmesser in der Hand streifte Gregor sich das T-Shirt über den Kopf und zeigte mir seine geschmälerte Brust. Rippen zeichneten sich nun deutlich durch seine Haut ab, seine Schlüsselbeine prägten wie Holzplanken die Schultern. Lediglich seine Bauchmuskeln zeugten noch von dem alten drahtigen und kräftigen Gregor.
»Dreh dich um«, sagte ich zu ihm.
Er glotzte mich verdutzt an.
»Ich möchte es sehen«, beharrte ich.
Gregor zögerte, dann kehrte er mir den Rücken.
Da sah ich es.
Insgeheim hatte ich gehofft, er hätte es sich in der Zwischenzeit entfernen oder übermalen lassen, doch ich bezweifelte, dass man ein Monstrum wie dieses, dessen Spannweite sich über beide Schulterblätter erstreckte und seine Klauen über den Lendenwirbeln ausbreitete, jemals wieder loswurde.
Nach einigen Sekunden der Beschauung ging er wortlos zu dem Motorrad zurück und schloss die Sitzbank auf.
»Wer war der Künstler?«, fragte ich ihn.
Er holte einen blechernen Flachmann aus der Sitzbank und schob ihn sich in die Arschtasche. Als er sich zu mir umdrehte, gab er sich lässig und lächelte. Doch in seinen Augen sah ich seine Anspannung.
»Wieso? Willst du dir auch eins machen lassen?«
Mit ein wenig Mühsal riss er sein T-Shirt an den Nähten auseinander. Auf seinen Unterarmen traten dicke Adern hervor.
»Vielleicht«, sagte ich.
Im Grunde war es mir scheißegal, wer ihm den Reichsadler auf den Rücken tätowiert hatte. Vornehmlich wollte ich mich mit der Konversation von den Schmerzen ablenken.
Gregor ging in die Hocke und drückte nervös den Stofffetzen in seinen Händen zusammen. Er machte einen ziemlich mitgenommenen Eindruck.
»Wir fahren zurück zur Autobahnpolizei. Die werden dir dort einen Notarzt kommen lassen. Hier in Holland würden die Behörden zu viele Fragen stellen und wir handeln uns Ärger ein.«
Ich nickte angestrengt.
»Ich kann nicht mit dir auf der Wache bleiben. Ich denke, das weißt du.«
Ich nickte wieder.
»Sag den Leuten dort nicht, dass du die Grenze überfahren hast. Oder dass du dir die Kugel in Holland eingefangen hast.«
»Nichts leichter als das«, giftete ich und sein Blick wurde grämlich. Ich gab mich nachsichtig. »Ich werde mir etwas einfallen lassen.«
Beschwerlich fuhr er sich mit der Hand durch die Haare. »Aber zuerst muss ich die Kugel entfernen.«
»Was?« Ich riss die Augen auf und zog mein Bein weg, was eine neue brennende Schmerzwelle verursachte. »Das kannst du nicht machen!«
Er kratzte sich im Nacken. »Die Kugel könnte die Ballistiker direkt zu Minderhoud und seinen Männern führen.«
»Was wäre so schlimm daran?«
Er sah mich an, als wäre ich nicht ganz bei Sinnen. Aber er ließ die Frage unbeantwortet. Stattdessen zog er den Flachmann aus der Tasche und schraubte den Verschluss auf. Zu meiner großen Verwunderung trank er allerdings keinen Schluck. Stattdessen bot er mir die Flasche an.
»Was ist da drin?« Ich schnupperte.
»Whiskey.«
Ich nahm ihm die Flasche ab und nippte daran. Vollmundig und bitter floss das Zeug durch meine Speiseröhre und ich schüttelte mich. In meinem Magen wurde es heiß. Behutsam nahm Gregor sein Schweizer Taschenmesser zwischen die Finger und drehte die kleine Pinzette heraus. Alles an mir, bis auf den Magen, fühlte sich plötzlich eiskalt an.
»Startklar?«
Ich versuchte zu nicken, doch mein Kopf bewegte sich kaum.
Er nahm die Flasche, stellte sie beiseite. »Dreh dich um.«
Platt wie ein Rochen legte ich mich auf den Bauch. Der Boden unter mir war ganz warm. Ich spürte, wie Gregor mein Schienbein umfasste. Sein Atem schlug gegen die Wunde, seine Fingerspitzen
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