Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fummelbunker

Fummelbunker

Titel: Fummelbunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
Vom Netzwerk:
auf eine günstige Gelegenheit, um mir doch noch das Leben rauszuschießen!« Tränen rannen mir über das ganze Gesicht und der Rotz lief mir aus der Nase. Ich war ängstlich, wütend und enttäuscht. Wütend auf mich, weil ich einem Menschen den Tod wünschte. Enttäuscht von Gregor, weil weder ein Rechtschaffender noch die Spur eines ehemaligen Polizisten aus seinem Allerwertesten schienen.
    Aus seinem Arsch schien überhaupt nichts.
    Es veränderte alles. Es veränderte ihn. Und es veränderte mich.
    Alle anderen hatten recht behalten. Er war ein Krimineller, ein Verbrecher. Er war Anakin Skywalker.
    Gregor öffnete seine Arme, um mich zu trösten, doch ich schubste ihn weg. Aber er blieb beharrlich, packte meine Handgelenke und zog mich zu sich heran. Ich nahm es hin und zitterte in seinen Armen, die er eng um meine Schultern schlang.
    »Ich habe Schiss«, schniefte ich.
    »Sie werden dich in Ruhe lassen, wenn du sie in Ruhe lässt.«
    »Und warum sollte ich das glauben?«
    Er zögerte. »Minderhoud schuldet mir etwas. Er wird sich an unsere Abmachungen halten.« Dann ließ er mich los. »Genauso wie ich mich an Abmachungen halten muss. Und dazu gehört, weder seine Leute abzuknallen noch ihn in die Bredouille zu bringen.«
    Während er das sagte, schlug das Wetter in meinem Kopf um und ein Gedanke schob sich nach vorn. »Hättest du ihn denn erschossen, wenn es keine Abmachung gegeben hätte?«
    Schnell schaltete er auf Durchzug. Seine Augen wurden glasig, unter den Schultern nahm er Haltung an. Er wusste, worauf ich hinaus wollte. »Diesen Scheiß muss ich mir nicht anhören.«
    Er drehte sich um, doch ich hörte nicht auf. »Möglicherweise wollte mir Dübel nur Angst machen. Ich habe Bäcker mit ihm in Verbindung bringen wollen und es war leicht für ihn gewesen, sich einfach diesen Schuh anzuziehen, um seine Forderungen durchzusetzen.«
    Er machte auf dem Absatz kehrt und kam im Marschschritt auf mich zu. Unsere Nasen berührten sich beinahe. Seine Pupillen waren geweitet, der Rand drum herum fast schwarz. Ich wich zurück, doch die Wand hinter meinem Rücken bremste mich.
    »Und was, bitte schön, soll das bedeuten?«, knurrte er. Er bekam seine Zähne kaum auseinander.
    »Dass ich es sehr eigenartig finde, dass Bäcker und du das gleiche Land bereist und nur einer lebend zurückkommt.«
    Sein Stirnrunzeln löste sich in Erstaunen auf. Rückwärts gehend nahm er Abstand. Dann durchpflügte er mit der rechten Hand seine Locken, während die linke seine Unterlippe rieb. Er war verspannt und versuchte angestrengt, sich im Zaum zu halten. Mit einem Mal begann er, wie eine Stubenfliege zu kreiseln. »Und du willst mir damit sagen, dass ich etwas mit seinem Tod zu tun habe.«
    Er klang wie ein Lehrer, der seinen Schülern eine schwierige Formel einbläuen wollte. Seiner Körpersprache jedoch haftete etwas Bedrohliches an und es gab eine Zeit, zu der ich geglaubt hatte, ich würde als Nächstes seine Faust in meinem Gesicht spüren. Doch diese Zeiten waren vorbei. Ich hatte keine Angst mehr vor ihm. Nicht mehr, seit er seinen Hals riskierte, um meinen zu retten.
    »Sag du’s mir.«
    Sein Oberkörper schnellte nach vorn und er rammte seine Faust in die Wand; nur wenige Zentimeter von meiner Wange entfernt. Ich zog meinen Kopf ein.
    Er brüllte los: »1.000 Menschen sterben täglich in Deutschland. Willst du mir deren Tod auch anhängen, weil ich mich zufällig im selben Land aufhalte?«
    Ein Adrenalinstoß traf mein Nervensystem und trieb mich an. »Nur, wenn sie versuchen, dir einen Mord anzuhängen.«
    Er ließ die Hand sacken. Damit hatte er nicht gerechnet. »Woher weißt du davon?«
    »Ich habe es gelesen.«
    Nervös flogen seine Hände übers Gesicht. Seine Barthaare raschelten. »Wo?«
    »Auf dem Webserver des WAZ.«
    Seine Pupillen jagten von einer Ecke in die andere, als er darüber nachdachte. Mir erging es ähnlich, denn plötzlich ging in meinem Kürbis eine Lampe nach der anderen an. »Du hast die Daten nicht gefunden«, stellte ich schließlich fest. »Du bist bei Bäcker eingebrochen und hast den Laptop mitgenommen. Aber er hatte nichts darauf gespeichert, was für dich von Wert gewesen wäre. Nicht wahr?«
    Als er mich anschaute, wusste ich, dass ich mit meiner Vermutung richtig lag. Aber er überging meine Frage.
    »Wie komme ich an die Daten?«, fragte er herb, während seine Hände fortwährend durch seine Haare pflügten. Er wollte mich anfassen, irgendwo, um seiner Frage Nachdruck zu

Weitere Kostenlose Bücher