Fummelbunker
»Okay, das reicht«, drohte ich ihm und machte die Wohnungstür auf. »Raus.«
Er begann zu tippeln. »Was hast du jetzt vor?«
»Was soll ich schon vorhaben? Es herumerzählen natürlich!«
Schwungvoll drückte er sich gegen die Tür, sodass sie mit einem saftigen Knall wieder zufiel. »Das tust du nicht!«
»Dann erzähl mir, wo die Filme herkommen! Die sahen nicht so aus, als stammten sie aus der Videothek.«
Metin schwieg eisern.
»Ich meine es ernst, Chef.«
»Wenn du es weitererzählst, feuere ich dich und hetze dir Viktor auf den Hals.«
Ich hob beide Hände. »Ich werde schweigen wie ein Grab.«
Mit der Antwort ließ er sich etwas Zeit. »Die Filme sind von mir.«
Ich riss die Augen auf. »Von dir?« Ohne Vorwarnung ging die Fantasie mit mir durch. »Das ist ja widerwärtig!«
»Ach Quatsch. Ich bin doch nicht vor der Kamera! Ich bin der Produzent. Und manchmal auch der Regisseur.«
»Du meinst, du bist hin und wieder dabei, wenn …«
»Ganz genau«, unterbrach er mich.
Ich runzelte die Stirn. »Kann man mit so etwas denn heutzutage noch Geld verdienen?«
»Mit dem, was wir zeigen? Aber hallo.«
Ich stutzte. »Was zeigt ihr denn?«
Metins Augen wurden kleiner, die Lippen schmaler. Schweißperlen funkelten wie silbrige Stecknadelköpfe auf seiner Stirn. Noch ehe er etwas sagen konnte, winkte ich ab.
»Lass mal. Ich will es gar nicht wissen.«
Er seufzte kaum hörbar.
»Und jetzt zisch ab und geh Corinna bestechen.«
Wie ein voll gefuttertes Backenhörnchen schälte er sich durch den Türspalt. Ich hielt es für besser, ihm nicht zu erzählen, dass auch Gregor unsere Garagenexploration begleitet hatte.
Nach einer guten Stunde hinkte ich mit knurrendem Magen in die Küche und inspizierte die Küchenschränke, doch nirgendwo ließ sich etwas Essbares auftreiben. Ich schnappte mir den Wohnungsschlüssel, schob meine Füße in bequeme Outdoor-Schlappen und steckte etwas Kleingeld in die Hosentasche. Als ich durch die Tür trat und irgendwelche Luftschlösser in den Steinboden malte, rannte ich unmittelbar in Gregor hinein, dessen Finger sich bereits auf dem Weg zur Klingel befand. Er strauchelte zwar, hielt mich aber mit beiden Händen an den Schultern fest. Eine Zigarette lümmelte lässig zwischen seinen Lippen und ein Häufchen Asche rieselte an meiner Nase vorbei.
»Wo willst du hin?«, fragte Gregor sofort und die Kippe zappelte in seinem linken Mundwinkel.
»Ich habe Hunger.«
Kopfschüttelnd schob er mich zurück in die Wohnung und schloss die Tür hinter sich.
»Mach gefälligst die Kippe aus«, tadelte ich ihn sofort, doch er sah mich nur an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Er ließ seinen Rucksack von den Schultern rutschen und drückte mir ein geschnürtes weiches Päckchen in die Hände.
Es war ein Sammelsurium jener Dinge, die ich bei Dübel zurücklassen musste: Meine Klamotten, meine Schuhe, mein Handy und mein Schlüsselbund. Ich registrierte, wie Gregor mein Bein in Augenschein nahm, mich aber nicht nach meinem Wohlbefinden fragte. Stattdessen flanierte er ins Wohnzimmer und ließ sich auf dem Sofa nieder. Ich belauerte ihn; seine Haut war fahl und sein Körper abgezehrt.
Ich setzte mich zu ihm. »Wer ist Ruben Minderhoud?«
»Ein Geschäftspartner.«
»Geschäftspartner – wobei?«
»Das ist der Titel einer anderen Platte, Große.«
Gerade als er an dem Filter ziehen wollte, nahm ich ihm die Zigarette aus den Fingern und drückte sie auf der Fernsehzeitung aus. Ihre Glut brannte ein mehrseitiges Loch in die Zeitschrift.
»Bist du jetzt unter die Musiker gegangen? Wenn das alles ist, was du mir zu sagen hast, kannst du gleich wieder gehen!«
Prompt stand er auf.
»Wage es bloß nicht abzuhauen, ehe ich nicht weiß, was hier gespielt wird!«
Überheblich schaute er zu mir herunter und grinste durch seinen Bart, was mich nur noch fuchsiger machte.
»Tagelang habe ich mir mein Hirn zermartert. Abende an den Spieltischen totgeschlagen. Alles war in bester Ordnung. Und dann tauchst du auf und mir fliegen irgendwelche Kugeln um die Ohren!« Ich zerrte an seinem Hosenbund, bis er taumelte und zurück ins Sofa plumpste. »Und am Ende gibst du den Scheißkerlen auch noch Rückendeckung!«
Seine Barthaare bäumten sich auf, was signalisierte, dass er die Zähne zusammenbiss. »Und wäre ich nicht aufgetaucht, wäre die Kugel eine halbe Stunde später in deinem Kopf gelandet«, sagte er.
»Red nicht so einen Scheiß!«, brüllte ich ihn an,
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