Fummelbunker
eingesperrt. Am nächsten Tag schickte er mich über die Grenze.«
Langsam verlor Alexander die Beherrschung. Mit schwerem Atem rieb er sich die Stirn. »Du hast im Casino Schulden gemacht?«
Ich überging seine Frage. »Was hat es mit diesem Darlehen auf sich?«
Ungläubig schüttelte er seinen Kopf. Aber er begann zu reden. »Diese Masche ist aus den USA zu uns herübergeschwappt, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob diese fixe Idee mit den Schuldscheinen eher aus dem amerikanischen Fernsehen oder dem Internet stammt. So oder so. Fakt ist: Deutsche Spielbanken gaben keine Kredite an Kunden heraus. Doch das Lütgen-Casino ist eines von mittlerweile fünf in Deutschland, die über eine kleine Hausbank ihre Spieler mit Geld versorgen. Das Budget dieser Banken ist sehr niedrig. Wir wissen nicht, warum. Womöglich soll damit das wache Auge der BaFin ferngehalten werden.«
»BaFin?«
»Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Sie hat sich vor allem der Bekämpfung von Geldwäsche verschrieben.«
»Ach so. Und du glaubst, dieser Fummelbunker betreibt Geldwäsche?«
Er setzte sich auf. Seine Augen funkelten vor Anspannung. »Sagen wir mal, es gäbe einen Verdachtsfall in Baden-Württemberg: Ein Kunde ist pleite und nimmt ein Darlehen bei der Hausbank des Casinos auf. Eine Klausel im Vertrag bindet den Spieler, seine geliehenen Jetons komplett auszuspielen. Und nur die Gewinne, die mit ihnen erzielt werden, können das Darlehen ablösen. Diese Masche dient hauptsächlich dazu, den Spieler an die Spielbank zu binden und ihn davon abzuhalten, seinen Saldo mit fremden Krediten zu mischen. Du kennst es sicher aus eigener Erfahrung: Wenn du um einen Ratenkredit bittest, wirst du fast immer darüber ausgefragt, wofür du das Geld brauchst. Würden die Schuldner die Wahrheit sagen, würde das unnötig Aufmerksamkeit auf die Hausbank lenken.« Alexander redete mit den Händen, haarscharf an der Etagere vorbei. »Jetzt kommt das Entscheidende: Mit dem Darlehensvertrag wird gleichzeitig ein Depot beantragt, über dessen Eröffnung der Schuldner aber nicht informiert wird. Diese Depots werden benutzt, um unbemerkt jenes schmutzige Geld, das auf traditionelle Weise am Spieltisch getauscht wurde, einzuzahlen. Von dort aus wird es auf ein legales Konto überwiesen, ohne dass der Besitzer des Depots überhaupt davon erfährt. Ich könnte mir vorstellen, dass die Depots auf diese Weise noch jahrelang verwaltet werden, selbst wenn der Spieler das Zocken schon längst aufgegeben hat. Erst so lohnt sich der Deal.«
Ich musste schlucken. Das Modell könnte sehr gut im Lütgen-Casino funktionieren. Und vielleicht tat es das auch. Auf jeden Fall machte es das Ganze sehr viel plastischer für mich.
»Ich sehe, es kommt dir bekannt vor«, sagte Alexander sofort und ich nickte.
»Es gab ein Sparkonto auf meinen Namen«, gab ich zu.
Er schüttelte den Kopf. »Süße.«
Da war wieder dieses Wort. Ich mochte es, wenn er es sagte. Und gleich darauf hasste ich es, weil ich es mochte. »Hast du gehofft, dass ich dir mit meinen Schnüffeleien eine Spur liefere?«, fragte ich.
»Zumindest so viel, dass es für eine Durchsuchung reicht.«
Mir dämmerte so einiges. »Deswegen also die Frau-Roloff-Masche.«
Er schürzte seine Schmolllippen. »Ich habe nie im Casino ermittelt, Esther. Nicht fürs K 11. Und nicht für dich. Die Sache mit dem Spesengeld war eine Notlüge. Du verstehst, dass es dem Kollegen seltsam vorgekommen wäre, wenn ich einer Frau während der Ermittlungen am Ohrläppchen gelutscht hätte.«
Ich wurde rot. »Du wolltest mir am Ohrläppchen lutschen?«
Er grinste und schwieg. Ein Klumpen löste sich in meinem Bauch. Dass er mich angelogen hatte, war für mich eher Nebensache. Vielmehr war ich froh darüber, dass er eine sinnige Ausrede hatte, warum er sich mir gegenüber so seltsam verhalten hatte. Ich griff nach seiner Hand. »Und? Hast du eine Spur?«
»Das wird sich noch herausstellen.«
In meiner Hose klingelte mein Handy. Ich fischte es heraus und sah auf das Display. Es war Metin. Ich wollte nicht rangehen, doch mein Chef ließ das Gerät beharrlich den Saal beschallen.
»Willst du nicht rangehen?«, fragte Alexander schließlich.
Ich schüttelte den Kopf und im gleichen Moment verstummte mein kleiner Koreaner, um sogleich wieder zu klingen. Knurrend drückte ich auf den Knopf.
»Metin, bitte nicht jetzt.«
»Esther, du musst herkommen. Sofort!«
»Ich bin krankgeschrieben.«
»Das ist egal. Komm in die
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