Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fundort Jannowitzbrücke

Fundort Jannowitzbrücke

Titel: Fundort Jannowitzbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
Vom Netzwerk:
lag hinter dem Vorhang versteckt, wohin sie gerutscht sein mußte, nachdem sie ihr aus der Hand gefallen war.
    Es waren nur wenige Zentimeter bis zur Waffe, doch bevor sie die Hand ausstrecken und danach greifen konnte, sah sie im Augenwinkel, daß Wink den Stuhl wieder hochgerissen hatte. Sein Gesicht war zu einer wutentbrannten Maske verzerrt, und er verlagerte sein Gewicht nach hinten, um Schwung für den nächsten Schlag zu holen. Barbara beschloß zu handeln. Sie rollte sich zurück auf die andere Seite, holte mit dem Bein aus und trat mit aller Kraft gegen sein Schienbein.
    Es reichte aus, um ihn ins Wanken geraten zu lassen. Er gab einen überraschten Laut von sich, taumelte und versuchte mit dem Stuhl über seinem Kopf das Gleichgewicht wiederzufinden. Barbara trat noch einmal zu. Dieses Mal verlor er die Balance. Der Stuhl schlug neben ihr auf dem Boden auf. Wink rutschte weg, versuchte sich mit dem Arm abzustützen, verfing sich jedoch in den Stuhlbeinen und landete polternd auf dem Fußboden.
    Barbara bekam einen winzigen Moment Zeit. Sie stützte sich ab, sprang auf und begann zu laufen. Es gab nur eine Richtung. Balkon und Flur waren von Wink versperrt. Er lag am Boden und bewegte sich bereits wieder, versuchte sie von dort aus zu fassen. Vor ihr lag eine weitere Tür. Sie wußte nicht, wohin sie führte. Sie war jedoch ihre einzige Chance.
    Sie ließ sich dagegenfallen. Hinter der Tür lag das Bad. Hastig sah sie sich um. In dem engen Raum konnte sie sich kaum um die eigene Achse drehen. In der Ecke stand eine Toilette, daneben hing ein Waschbecken. Der Rest des Raumes wurde von einer Badewanne ausgefüllt.
    Wink stöhnte auf. Er brauchte nur noch eine Sekunde, dann war er ebenfalls wieder auf den Beinen. Schwer atmend kam er auf sie zu. Barbara hatte keine Wahl. Sie sprang in das Badezimmer und warf die Tür hinter sich zu.
    Dann griff sie mit ihrer Hand zum Schloß – und erstarrte. Es steckte kein Schlüssel in der Tür. Barbara hielt erschrokken die Luft an. Doch da donnerte er bereits von außen dagegen.
    Sie konnte gerade noch das Türblatt abfangen. Mit ihrem ganzen Gewicht stemmte sie sich dagegen und wand sich unter seinem Druck, bis sie mit ihrem Bein Halt am Rand der Badewanne fand. Einen Spaltbreit war die Tür noch immer offen. Wink schlang seinen Arm hindurch und versuchte sie zu packen.
    »Wer bist du?« brachte er stöhnend hervor.
    Barbara antwortete nicht. Sie stützte sich mit aller Kraft an der Badewanne ab und drückte gegen die Tür. Der Spalt schloß sich langsam und er mußte seinen Arm wegziehen.
    »Was willst du von mir?« keuchte er.
    Barbara stemmte die letzten Zentimeter, und die Tür fiel ins Schloß.
    »Verdammt noch mal!« Seine Stimme klang fast verzweifelt. »Was willst du denn nur von mir?«
    »Du hast meine Schwester umgebracht!« rief sie durch die Tür.
    Der Gegendruck verschwand völlig. Barbara nutzte den Moment und sicherte ihren Halt an der Badewanne. Schwer atmend lehnte sie sich gegen die Tür und wartete darauf, daß er es erneut versuchen würde.
    Auf der anderen Seite war es totenstill. Mühsam hielt sie den Atem an und lauschte. Doch nichts. Tobias Wink schien keinen Versuch mehr zu unternehmen, ins Bad einzudringen. Auf den Holzdielen hörte sie plötzlich seine Schritte. Er entfernte sich. Gebannt drückte sie ihr Ohr gegen das Türblatt. Er schien nach dem Stuhl zu greifen, der auf dem Boden vor der Balkontür lag, dann kehrte er zurück.
    Die Türklinke begann zu wackeln, und es dauerte einen Moment, bis Barbara begriff, was geschah. Er stellte den Stuhl unter die Klinke, um die Tür zu verbarrikadieren. Sie wirbelte herum und versuchte die Klinke herunterzudrükken. Doch es war zu spät. Er hatte sie bereits eingesperrt.
    Die darauffolgende Stille war unerträglich. Sie trat einen Schritt zurück und blickte unsicher auf das Türblatt. Was konnte er jetzt vorhaben? Sie unterdrückte ihr Keuchen, um besser lauschen zu können. Aus der Küche drangen leise Geräusche, es klang wie ein Rutschen oder Kratzen. Sie konnte es nicht einordnen. Irgendwann hörte sie, wie der Kühlschrank zur Seite gerückt wurde.
    Plötzlich verstand sie. Der Schock lähmte sie für eine Sekunde. Dann ließ sie sich auf die Knie fallen und lugte durch das Schlüsselloch. Sie hatte recht. Tobias rutschte auf allen vieren durch den Raum. Er suchte aufgeregt nach der Waffe, die ihr aus der Hand gefallen und über den Boden geschlittert war. Gerade tastete er den Boden unter dem

Weitere Kostenlose Bücher